„Wenn ich das gewusst hätte..."

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Hättet ihr damit gerechnet? :D
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„Danke Martin. Das Mädel könnte Marathonläuferin werden.", lachte Paul und stellte sich neben mich, aber ich konnte nicht anders als in die Augen des Mannes zu starren, der mich noch immer fest hielt. Ihm schien es nicht anders zu gehen, den er unterbrach erst den Blickkontakt als Paul ihn an der Schulter berührte.
„Wer ist das?", wollte er von Paul wissen und runzelte seine Stirn als Paul ihm erzählte dass ich keinen Namen hatte. „Jeder hat einen Namen.", brummte der Mann, den Paul Martin genannt hatte, und ließ mich los. „Ich bin scheinbar nicht jeder. Ich bin niemand.", brummend wich ich ein paar Schritte zurück und prallte gegen Stephans breite Brust. „Niemand ist niemand. Jeder ist wichtig.", widersprach der Beamte, dessen Augen meinen beängstigend ähnlich waren.
„Scheinbar nicht.", nuschelte ich und sah mich nach einem Fluchtweg um und sah daher erst jetzt wie eine junge Frau Paul eine Akte in die Hand drückte. „Martin? Vielleicht solltest du dir das ansehen.", mit weit aufgerissenen Augen trat der kleinste der drei Beamten an seinen Kollegen heran und hielt ihm die Pappakte hin. „Das kann nicht sein.", hörte ich Martin überrascht sagen, als ich aus dem Augenwinkeln sah, wie sich die Wacheneingangstür öffnete. Sofort nutzte ich die Chance und lief hinaus.

„Trouble! Bleib stehen!", Stephan war direkt hinter mir aber ich lief um mein Leben. Wieso hatte ich zugelassen das Paul und Stephan so viel von mir erfuhren? Wieso hatte ich eingewilligt und war mit zur Wache gefahren? Und warum zum Teufel waren Martins Augen meinen so ähnlich? Immer weiter lief ich, aber die drei Polizisten ließen sich nicht abschütteln, selbst dann nicht als ich mehrere Male einfach auf die Straße lief.
Leider war ich so in Gedanken, dass ich falsch abbog und in einer Sackgasse endete. „Komm schon. Du kommst hier eh nicht raus und ich hab keine Lust mich mit dir auf dem Boden zu wälzen.", Martin kam näher, während Paul und Stephan stehen blieben und sich wie zwei Türsteher aufbauten. „Dann lassen Sie mich einfach gehen. Ich mach auch nie wieder was böses!", flehte ich und wich immer weiter zurück. „Das kann und werde ich nicht. Vor allem wenn ich dem Glauben schenken darf, was ich gerade gelesen habe.", stellte Martin klar und hielt mir seine Hand hin. „Egal was in der Akte stand, es ist erstunken und erlogen.", versuchte ich mich rauszureden und sah mich nach einem neuen Fluchtweg um. „Du weißt doch gar nicht was drin stand. Vielleicht waren es auch die aktuellen Lottozahlen.", scherzte der ältere Beamte und hielt mir noch immer seine Hand hin. „Vertrau ihm, Kleine. Er ist einer der Besten.", hörte ich Paul rufen, aber ich schüttelte nur meinen Kopf. „Glaub mir, niemand wird dir wehtun wenn du bei uns bist. Das verspreche ich dir.", Martin kam einen weiteren Schritt näher und ich nutze meinen letzten Ausweg und tat als würde ich ihm näher kommen nur um im letzten Moment an ihm vorbei zu laufen. „Mach es nicht schlimmer als es ist.", mit einem gezielten Griff zog er mich an seine Brust und schlang seine Arme um mich.

Im ersten Moment wollte ich mich gegen seinen Griff wehren, aber seltsamerweise entspannte ich mich und schloss meine Augen. „Lass uns zurück.", bat der Beamte und ich nickte müde. Ohne mich wirklich los zu lassen und mit Paul und Stephan links und rechts von uns gingen wir zurück zur Wache.
Diesmal wurde ich in einen großen Raum gefühlt wo etliche Tische zu einem Viereck geformt standen und auf der einen Seite eine große weiße Tafel hing. „Weißt du wer deine Eltern sind?", wollte Martin wissen, kaum dass er mich auf einen der Stühle im Raum gedrückt und sich auf den daneben gesetzt hatte. „Ich kenne meine Mutter. Mein Vater wollte mich nicht.", antwortete ich wahrheitsgetreu und war selber überrascht darüber dass ich nicht eine Sekunde dran gedacht hatte zu lügen. „Wie heißt den deine Mutter?", harkte Paul nach und setzte sich neben Martin. „Olga.", gab ich nuschelnd zu und sah wie sich die Augen des älteren Beamten weiten. Nervös sah ich zu Paul der seinem Kollegen eine Hand auf die Schulter legte.

„Als du aus dem Krankenhaus abgehauen bist, wollten wir wissen wie wir dich wiederfinden können. Also haben wir deinen Rucksack durchsucht.", fing Stephan an zu erklären und mein Herz setzte einen Schlag aus. „Dabei haben wir deiner Zahnbürste eine DNA-Probe entnommen.", fügte Paul hinzu und sah zu Martin als würde er auch was dazu zu sagen haben.
„Weißt du wer das auf dem Foto ist, das in deinem Rucksack war?", hauchte er mir kaum hörbar zu und zog das besagte Foto aus der Akte vor sich. „Meine Eltern. Bevor ich ihr Leben zerstört habe.", erwiderte ich und wollte nach dem Foto greifen, Martin aber zog es in der letzten Sekunde weg.
„Ich bin mir sicher du hast deren Leben nicht zerstört.", widersprach Paul und lächelte mich sanft an. „Und wie erklärst du dir das mein Vater meine Mutter verlassen hat, als sie ihm von mir erzählt hat? Oder das meine Mutter es nicht für wichtig hielt, sich um mich zu kümmern geschweige denn mir einen Namen zu geben? Seitdem ich denken kann bin ich 'Schlampe', 'Unfall' oder 'größter Fehler meines Lebens'.", gab ich zu bedenken und schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter.

„Trouble...", murmelte Stephan, dem der Schock nach meiner Aussage ins Gesicht geschrieben stand. Auch Paul sah mich geschockt an, nur in den Augen von Martin konnte ich Trauer erkennen. „Wenn ich das gewusst hätte...", fing der älteste der drei an und ich find an zu lachen. „Dann hätten Sie mich laufen lassen?", augenrollend verschränkte ich meine Arme vor der Brust. „Nein, ich hätte das alles vielleicht verhindern können.", erklärte Martin während sein Blick über meinen Körper glitt und man durch die Löcher in der Hose und dem Shirt einige meiner Hämatome sehen konnte.
„Das glauben auch nur Sie.", blaffte ich ihn an und zog eine Augenbraue hoch, „Als hätte es Sie oder ihre Kollegen in all den Jahren interessiert das ich mir die Seele aus dem Leib gebrüllt habe, als ich mal wieder Tagelang im Keller eingesperrt war.".

„Ich wusste nichts von dir....", gab Martin zu und mir entglitten meine Gesichtszüge.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt