„Ich geb euch 48 Stunden. Danach kümmere ich mich darum."

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„Ich wusste gar nicht das Martin eine Tochter hat. Aber eurer Verwandtschaft lässt sich nicht abstreiten, man muss sich nur euer Augen ansehen.", die Beamtin lächelte mich sanft an und führte mich zu hinteren Teil des Streifenwagens. „Das höre ich oft.", erklärte ich und schlang meine Arme um meinen Körper. „Ist dir kalt?", besorgt sah mich die Polizistin an aber ich schüttelte den Kopf. „Dann lasst uns mal los.", sie öffnete die Autotür und ich setzte mich ohne mit der Wimper zu zucken hinein. Während der gesamten Fahrt zu Wache ließ ich meinen Blick über die umherfahrenden Autos wandern in der Hoffnung den Kastenwagen, in dem ich entführt wurde, wieder zu sehen.
Als wir auf den Parkplatz der Wache fuhren, sah ich Paul und Martin direkt auf den Wagen zueilen. Klaus und Stephan standen ebenfalls vor der Wache, hielten sich aber noch zurück. Kaum dass der Wagen stand, riss Martin die Tür auf und zog mich in seine Arme. Erst jetzt realisierte ich wie nah ich einem möglichen Unheil entgangen war und krallte mich in Martins Uniform.
„Ich hab Marie erreicht. Sie hat von all dem nichts mitbekommen und ist schon auf dem Weg hier her.", hörte ich Klaus sagen und löste mich von meinem Vater. „Ich hab sie ganz vergessen.", keuchte ich und sah Martin besorgt an. „Du bist wahrlich eine Fuchs. Nur ihr könnt euch um andere Sorgen machen, wenn ihr selber am Boden seid.", lachte der glatzköpfige Beamte und grinste in die Runde. „Ich bin nicht am Boden. Dafür braucht es mehr als eine kleine Stadtrundfahrt.", berichtigte ich ihn und spürte wie mein Vater mir seinen Arm um die Hüften legte. „Und genau das würde dein Vater auch sagen.", wand die Beamtin ein und lächelte mich wieder professionell an.

„Geht es dir gut?", Paul stellte sich vor mich und nahm mein Gesicht in seine Hände. „Ganz okay. Ich bin nur erschöpft vom Laufen.", antwortete ich und schloss meine Augen. „Du kannst dich auf dem Sofa im Pausenraum ausruhen bis Marie da ist.", schlug Klaus vor und ich wollte gerade an Pauls und Martins Seite in die Wache gehen, als ein Wagen auf den Wachen-Parkplatz fuhr.
Direkt versteiften sich meine Muskeln und ich breitete mich auf eine erneute Flucht vor, als ich Marie nach mir rufen hörte.
„Haben sie dir was angetan?", völlig außer Atem stellte sie sich vor mich und ließ ihren Blick meinen Körper hoch und runter wandern. „Es geht mir gut.", beruhigte ich sie und unterdrückte ein Gähnen. „Ich bring dich heim und lass dich definitiv nicht mehr aus den Augen. Zu mindestens nicht bis ich deine Entführer in die Finger bekommen habe.", erklärte Marie und drückte mich an sich. „Schatz, deine Muttergefühle in allen Ehren, aber lass das bitte Paul und mich machen, ja?", bat Martin und strich seiner Frau über den Rücken. „Ich geb euch 48 Stunden. Danach kümmere ich mich darum.", antwortete meine Stiefmutter ohne mich los zu lassen. „Dann fahrt mal lieber, damit wir uns direkt an die Arbeit machen können.", witzelte Klaus und klopfte seinem besten Freund auf die Schulter.
„Bevor ihr fahrt hab ich noch eine Frage. Mila, hast du die Männer erkannt oder was anderes das uns helfen könnte?", wand sich die Beamtin an mich, aber ich schüttelte meinen Kopf. „Ich hab die beiden nur mit einem Boss telefonieren hören. Und dass die beiden mich in seinen Keller bringen sollten. Mehr nicht.", berichtete ich und atmete tief durch.
Kaum waren Marie und ich zuhause gekommen, wickelte sie mich in zwei Decken ein und hielt mich fest bis ich einschlief.

Ich schlief solange bis in Pauls und Martins Stimmen hörte. „Der Kastenwagen ist auf das Wahlbüro von Hubert angemeldet.", brummte Martin gerade, als ich mich langsam aufsetzte. „Dann ist die Sache doch klar oder?", ein Hauch von Hoffnung schlich sich in Maries Blick, der aber direkt verschwand als sie den Blick ihres Mannes sah. „Die Kollegen haben Hubert und auch seine Parteimitglieder befragt, alle sagen dass der Wagen geklaut wurde.", antwortete Paul und ich nickte. „Als wäre es so einfach.", murmelte ich und lehnte mich an meinen Freund. „Wir werden die Täter schon finden. Allein weil ich meine Frau nicht in Haft besuchen will.", versuchte Martin mir Mut zu machen, aber ich schüttelte meinen Kopf. „Ihr werdet nichts finden. Er wird immer einen Weg finden seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen.", erklärte ich und stand auf. „Wo willst du hin?", besorgt wollte Paul meine Hand ergreifen, aber ich zog sie im letzten Augenblick weg. „Ich will gerade nur etwas allein sein und lege mich ins Bett.", gekünstelt lächelte ich einmal in die Runde und ging dann hoch in mein Zimmer.

In meinem Kopf rasten die Gedanken wie Formel 1 Wagen umher. Waren es wirklich Handlanger von Hubert oder hatte es vielleicht noch jemand anderes auf mich abgesehen? Vor allem wenn es Huberts Männer waren, was hatte er ihnen erzählt, damit sie mich entführten? Und wenn es doch fremde Leute waren, stellte sich die Frage warum gerade ich ihr Opfer werden sollte. Egal wie sehr ich auch überlegte, ich kam nicht auf die Lösungen meiner Fragen.
„Mila? Darf ich mich zu dir legen?", hörte ich Paul zaghaft fragen und ich schlug die Decke in meinem Rücken auf. Mein Freund verstand direkt und legte sich zu mir ins Bett. Schweigend lagen wir einige Zeit aneinander gekuschelt bis sich Paul leise räusperte. „Dein Vater macht sich Sorgen.", flüsterte er mir ins Ohr und ich schloss meine Augen. „Das muss er nicht. Mir geht es gut.", antwortete ich und hoffte das Paul mir diese Lüge abkaufen würde. „Wie oft hast du das heute gesagt ohne es so zu meinen?", harkte mein Freund nach und drückte mir einen Kuss auf den Hinterkopf. „Es ist doch alles gut. Sie sind mit mir vielleicht zehn Kilometer weit gekommen. Also kein Grund zur Sorge.", wand ich ein und zog Pauls Hände enger um mich. „Dennoch wurdest du entführt und konntest nur durch die Dummheit der Männer entkommen.", erklärte der Oberkommissar und ich spürte wie er tief durchatmete.
„Ich weiß ihr wollt mich beschützen. Aber es ist wirklich alles gut. Macht euch lieber Sorgen um die richtigen Opfer in eurem Job.", hauchte ich Paul zu, als ich mich zu ihm umdrehte und ihm einen Kuss auf die Stirn gab. Ehe er antworten konnte, stieg ich aus dem Bett und machte mich auf die Suche nach meinem Vater, denn ich wollte nicht dass er voller Sorge um mich ins Bett ging.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt