„Mila, sollte ich mir Sorgen machen?"

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Das nächste das ich sah war Olivers Gesicht. „Wie geht's dir?", wollte er sanft lächelnd wissen und wirkte erleichtert. „Bist du Zauberer?", entfuhr es mir leise. „Bitte?", überrascht sah mich der Arzt an und griff nach meinem Handgelenk. „Du bist aus dem nichts aufgetaucht.", erklärte ich und versuchte krampfhaft meine Augen offen zu halten. „Liegt vielleicht daran dass du drei Stunden lang bewusstlos warst.", erwiderte Oliver und wich erschrocken zurück als ich mich ruckartig aufsetzte. „Alles gut. Scheinbar brauchte dein Gehirn eine kleine Pause. Denn wenn man Paul und den anderen glauben schenken darf, achten sie darauf dass du genug isst und trinkst. Du siehst auch besser aus als wir uns kennen gelernt haben.", beruhigte er mich und steckte den mobilen Pulsmesser wieder in seine Tasche. Überrascht sah ich ihn an. „Ja was denn? Bei unserer ersten Begegnung warst du blass. Deine Haut eingefallen. Du siehst wesentlich gesünder an. Und bevor du was sagt, ja das ist was gutes.", er lächelte mich sanft an und griff dann schräg hinter mich um mir das Wasserglas, das auf dem Nachttisch stand, zu reichen. Erst jetzt fiel mir auf dass ich in dem Hotelbett lag. „Dein Vater und Klaus sind im Wohnzimmer. Sie wollten alle an deinem Bett sitzen, aber ich hab sie rausgeschmissen. Paul und die anderen mussten zur Arbeit. Aber ich habe ihnen versprochen dir was auszurichten.", informierte mich der Arzt und ich zog eine Augenbraue hoch. „Dass sie dich gern haben, nach ihrer Schicht direkt wieder her kommen und du sie bitte anrufen sollst, wenn du aufwachst.", antwortete Oliver und stand auf. Ich folgte seinem Beispiel und sprang förmlich aus dem Bett.
„Klingt das sehr kindisch wenn ich sage dass ich zu meinem Vater will?", unsicher sah ich den Arzt an der lächelnd seinen Kopf schüttelte. „Glaub mir, er wird sich freuen dich wach zu sehen.", beruhigte er mich und bot mir seinen Arm an. Gemeinsam gingen wir in den größeren Raum in dem Martin und Klaus nebeneinander auf dem Sofa saßen und uns somit den Rücken zugedreht hatte. „Kopf hoch Kumpel. Ehe du dich versiehst raubt sie dir wieder alle Nerven.", versuchte Klaus seinen besten Freund aufzumuntern und legte ihm seine Hand auf die ihm zugewandte Schulter. „Das tu ich gar nicht.", widersprach ich und direkt schoßen die Köpfe der beiden Beamten zu mir und Oliver.
Erst als ich einen Schritt auf die beiden zu machte sprang Martin gefühlt über die Sofalehne um auf mich zuzueilen. Ich hielt ihm meine Arme hin und fand mich in der nächsten Sekunde an seine Brust gepresst wieder. „Es tut mir leid.", murmelten wir beide gleichzeitig und sahen den anderen überrascht an. „Was tut dir denn leid?", wollten wir wieder synchron wissen. Ein paar Sekunden lang sahen wir uns in die Augen und fingen dann an zu lachen.
„Da die beiden sich ja wieder gern haben, verabschiede ich mich.", Oliver schüttelte uns die Hand und ging dann zur Hotelzimmertür. „Warte ich komm mit, ich muss noch mal mit dem Hotelchef reden.", rief ihm Klaus hinterher und ging ebenfalls zur Hotelzimmertür. „Die heiße Schokolade ist jetzt eine kalte Schokolade oder?", mit einem schelmischen Lächeln sah ich meinen Vater an der lachend seinen Kopf schüttelte. „Ich mach dir schnell eine neue.", bot er an und wollte gerade los gehen als ich ihn aufhielt. „Ich wollte kurz mit dir reden.", ich bis mir auf die Unterlippe und versuchte in meinem Kopf krampfhaft die richtigen Worte zu finden.
„Was ist denn los?", besorgt sah mich mein Vater an und lies sich dann von mir zum Sofa führen. „Mir ist vor meinen unfreiwilligen Nickerchen was aufgefallen dass ich nicht so stehen lassen kann.", begann ich wage und spielte mit den bereits teilweise abgeplatzten Nagellacke an meinen Fingernägel. „Mila, sollte ich mir Sorgen machen?", Martin rutschte näher an mich heran und legte seine Hand auf meine. „Ich bin eine grauenhafte Tochter. Du hast mich in den letzten Monaten so unterstützt und ich hab es dir nicht einmal gedankt. Selbst als ich mich verhalten habe als wärst du an allem schuld hast du mich beschützt und warst für mich da. Und was mach ich? Ich hab einmal was für dich gekocht und das wars dann. Und heute hast du so viel mitgebracht und auch die Schokolade gemacht und das einzige woran ich denken konnte war nur das Bett und dass ich in Pauls Armen liegen wollte. Das tut mir leid. Du bist ein so toller Vater und hast eine so miese Tochter wie mich nicht verdient, denn ich hab es dir bei weitem nicht einfach gemacht.", platzte alles aus mir heraus und ich sah meinem Vater direkt in die Augen. „Ach Mila.", mit einer Mischung aus Liebe und Erleichterung sah mich Martin an, „Du bist keine grauenhafte Tochter und ja, vielleicht hast du es mir nicht einfach gemacht aber das beweist nur das du meine Tochter bist. Denn ich habe meine Eltern damals so viele Probleme bereitet das mein Vater mich in ein Internat stecken wollte. Irgendwann hat es bei mir Klick gemacht und ich wusste was ich wollte. Du bringst so viel in mein Leben. Ich lache mehr, liebe mehr, bin glücklicher. Es ist als wärst du das Puzzleteil das Marie und mir unserem ganzes bisherigen gemeinsame Leben gefehlt hat.", gestand mein Vater und ich sah ihn gerührt an. „Und bevor ich jetzt anfange zu weinen, geh ich in die Küche und schaue welche Dose von Marie den besten Duft verströmt und mache uns beiden eine große heiße Schokolade. Dann kann ich mal gucken was ich dir von meiner Kindheit erzählen kann, ohne dass du es irgendwann mal gegen mich verwenden kannst.", schlug Martin vor und stand auf. „Hat sie zufällig dieses Kraut-Kartoffelbrei Zeug gemacht?", harkte ich nach, stand auf und wischte mir mit den T-Shirt Ärmel über die Augen. „Ich bin mir sicher dass sie das hat. Ich schau mal.", mein Vater wollte sich wieder umdrehen als die Hotelzimmertür wieder geöffnet wurde. In der Annahme das Klaus wieder in den Raum kam, sah ich lächelnd zur Tür und starrte geradewegs in den Lauf einer Waffe.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt