„Mila? Was hast du vor?"

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„Alles klar.", ich stand mit einem emotionslosen Gesichtsausdruck auf und ging in den Flur. „Mila? Was hast du vor?", Paul kam hinter mir her geeilt und stellte sich mir in den Weg. „Ich werde zu Olga fahren.", erklärte ich ihm und schlüpfte in meine Schuhe. „Das kannst du vergessen. Klaus kümmert sich schon um alles. Du und ich bleiben hier.", erklärte mein Freund und stellte sich vor die Wohnungstür. „Du verstehst das nicht. Sie hat meine Eltern. Weil sie mich nicht bekommen hat. Das kann ich ihr nicht durchgehen lassen. Ich kann nicht zulassen dass die beiden leiden wegen mir.", stellte ich klar und versuchte Paul von der Tür weg zu schieben, er aber schien mit dem Fußboden verwachsen zu sein.
„Den beiden geht es mit Sicherheit gut. Und du hilfst ihnen bestimmt nicht wenn du dich selber opferst.", versuchte mir Paul ruhig klar zu machen aber ich schüttelte meinen Kopf und warf einen Blick aus dem kleinen Flurfenster. „Mila, denk nicht mal dran.", zischte Paul und griff an meinen Oberarm. „Und wie ich daran denke. Die beiden haben es nicht verdient wegen mir zu leiden.", wiederholte ich stur und versuchte Pauls Hand von mir zu lösen. „Das haben sie wirklich nicht, aber glaubst du nicht, dass meine Kollegen , deine Freunde, gerade alles tun um die beiden zu finden? Glaubst du nicht, dass Olga ihnen nichts tun wird, da sie die beiden als Druckmittel braucht um eben an dich zu kommen? Ich werde nicht zulassen dass sie dir noch ein Haar krümmt.", wand Paul nun eine Spur lauter ein. „Ja, ich weiß. Aber verlangst du wirklich von mir, dass ich auf dem Sofa sitze und die Zeit mit dir genieße während die beiden eventuell Todesqualen ausstehen müssen?", versuchte ich meinen Freund erneut davon zu überzeugen dass ich gehen musste, er blieb aber hart.

„Bitte Mila. Zwing mich nicht dich mit Handschellen irgendwo festzuketten oder gleich in die Wache zu bringen.", bat Paul und zog mich an seine Brust. „Bitte versprich mir, dass du die beiden rettest. Ich könnte ohne sie nicht leben.", hauchte ich in seine Brust bevor ich hemmungslos zu weinen begann.

Obwohl Paul in den nächsten Stunden alles versuchte um mich zu mindestens für ein paar Minuten abzulenken, malte ich mir in Gedanken all die Sachen aus, die Olga Martin oder Marie antun könnte. Selbst als wir uns einen Harry Potter Film ansahen, kreisten meine Gedanken um meine Eltern und wie ich sie retten könnte ohne selber in Gefahr zu geraten.
Als es dann an der Haustür klingelt sprang ich auf und wartete ungeduldig wie Paul erst sicher ging dass keine Gefahr vor der Tür lauerte und diese dann öffnete.
„Hey ihr beiden.", begrüßte uns Jule und ich sah es ihrem Gesicht an, dass sie mit schlechten Neuigkeiten gekommen war. Scheinbar ahnte auch mein Freund das seine Kollegin nicht aus Höflichkeit da war und griff nach meiner Hand. „Ich hab ehrlich gesagt gehofft das Hannah und Stephan hier sind.", gab Jule kleinlaut zu, nachdem sie die Haustür hinter sich verschlossen hatte. „Warum sollten sie hier sein?", harkte Paul nach aber ich wusste schon was die Antwort sein würde. „Die beiden wurden zu einem Einbruch mit TO gerufen. Seitdem sind sie weg.", informierte uns die Beamtin und ich hatte das Gefühl als würde die Zeit still stehen.
Nun waren nicht nur meine Eltern weg, sondern auch meine beiden besten Freunde. „Das kann alles bedeuten und nichts. Vielleicht sind die auch nur im Funkloch?", versuchte Jule irgendwelche Erklärungen für das Verschwinden ihrer Kollegen zu finden. „Lieb von dir, Jule. Aber wir wissen doch alle was los ist.", brummend ließ ich Pauls Hand los und ging in die Küche.
„Willst du was kochen?", scherzte der Wohnungseigentümer als ich den Kühlschrank öffnete und zielsicher die Alkoholflasche heraus zog. „Mila?", mit einer Mischung aus Sorge und Verwunderung sah mich Jule an. „Wollt ihr auch?", wand ich mich an die beiden Beamten die mit den Kopf schüttelten. „Bleibt halt mehr für mich.", murmelnd öffnete ich die hochprozentige Flasche und setzte sie an, mit dem Ziel so viel auf einmal zu trinken bis ich umfiel.
Die ersten zwei Schlucke brannten tierisch in der Kehle aber nach dem fünften merkte ich schon nichts mehr. „Reicht jetzt.", brummte Paul und zog mir die Flasche aus dem Mund. „Ich entschiede wann ich genug habe.", beschwerte ich mich und spürte bereits die erste Wirkung vom Alkohol. „Nicht wenn du geradewegs in eine Alkoholvergiftung rutscht, denn ich hab keine Lust deinem Vater zu erklären warum man dir den Magen auspumpen musste.", gab mein Freund zu bedenken und reichte die Alkoholflasche an Jule weiter, als ich wieder danach greifen wollte.
„Und wenn schon, wahrscheinlich ist er eh tot und das ist meine Schuld.", wand ich zynisch ein und öffnete den Kühlschrank erneut da ich wusste das Paul noch Kölsch darin aufbewahrte. „Mila komm schon. Deinem Vater geht es bestimmt gut. Genauso wie Marie, Hannah und Stephan. Aber du musst bei klaren Verstand bleiben. Das bist du ihnen schuldig.", sprach Jule beruhigend auf mich ein, als Paul mich von seinem Kühlschrank wegzog bevor ich nach einer Bierflasche greifen konnte.

„Ich bin was? Es ihnen schuldig?", wiederholte ich die Worte der Polizistin und ging auf sie zu. „Glaubst du nicht das ich mich direkt für jeden der vier eintauschen würde? Dass ich mir die schlimmsten Gedanken mache, weil ich weiß zu was Olga fähig ist? Das ich weiß dass ich Schuld an jeder ihrer Verletzungen bin, weil ich das eigentliche Ziel meiner leiblichen Mutter bin? Und dann wagst du es wirklich zu sagen, dass ich es ihnen schuldig bin?", fuhr ich Jule an und bleib dicht vor ihr stehen. „Du weißt wie ich das gemeint habe. Wir müssen jetzt einen ruhigen Kopf bewahren. Es bringt nichts wenn wir uns jetzt zerfleischen.", blieb Jule ruhig und nahm mich in den Arm.
„Es tut mir leid, es ist alles meine Schuld.", schluchzte ich in ihre Halsbeuge und spürte wie sie mich noch enger an sich zog. „Es ist nicht deine Schuld Kleine.", hauchte Jule und drückte mir einen sanften Kuss auf den Oberkopf.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt