„Mila. Setzt dich bitte wieder hin."

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„Alle runter!", brüllte Paul und stellte sich vor uns. Martin trat hinter uns uns sah sich, wie Paul, in der Gegend um. Während mein Freund den Notruf wählte, beugte sich mein Vater zu mir und seiner Frau runter und half mir dabei mich aufzusetzen. Schockiert holte ich Luft als ich den Blutfleck auf dem Pullover meiner Stiefmutter entdeckte. „Bist du verletzt?", mit den größten Schuldgefühlen, drückte ich ihr meine Hände an den Bauch und hatte direkt die Bilder von meinem Albtraum vor dem geistigen Auge. „Schatz?", mein Vater schluckte schwer und schob dann den Pullover von Marie ein Stück hoch um erleichtert auszuatmen. „Ich sehe keine Wunde.", erklärte er und ich zog meine Hände vom Bauch meiner Stiefmutter und lehnte mich wieder zurück. „Aber das heißt...", der Blick meines Vaters schnellte zu mir als Paul zu uns kam und uns mitteilte das seine Kollegen schon auf dem Weg sein. „Ist Marie verletzt?", mit großen Augen sah der Oberkommissar zu meiner Stiefmutter, die mit dem Kopf schüttelte und auf meinen linken Oberarm wies. In der Annahme dass sie auf etwas hinter mir wies, drehte ich mich um und sah eine vermummte Person mit der Waffe erneut auf uns zielen. „NEIN!", brüllend sprang ich auf und riss nun Paul zur Seite als der nächste Schuss zu hören war. Martin sprang direkt auf und teilte der Person nach.
„Alles gut?", vorsichtig rollte ich von meinem Freund und hockte mich neben ihm hin. „Die Frage ist eher ob bei dir alles gut ist.", wollte Paul wissen und sah mich besorgt an. „Mit mir ist alles gut, siehst du?", kopfschüttelnd stand ich auf und sah den Oberkommissar und meine Stiefmutter mit einem zufriedenen Lächeln an. „Mila. Setzt dich bitte wieder hin.", Paul stand auf und hielt mir seine Arme hin. Verwirrt sah ich ihn an: „Wieso?". „Weil du zweimal angeschossen wurdest.", entfuhr es Marie, der der Schock ins Gesicht geschrieben stand. Ich sah an mir runter und entdeckte den roten Fleck an meiner rechten Hüfte, der immer größer wurde. „Oh.", entfuhr es mir, als meine Knie nachgaben und ich in Pauls Arme fiel.
„Ich hab dich.", versicherte der Oberkommissar und sank mit mir zu Boden. „Ich hab sie nicht mehr bekommen, aber dafür...", ich hörte die Schritte meines Vaters näher kommen und versuchte mich wieder aufzusetzen, aber mein Körper gehorchte mir nicht mehr. „Nein!", rief Martin fassungslos und kniete sich neben mich hin. „Papa...", keuchte ich kraftlos und versuchte erneut aufzustehen. „Ich bin hier. Bitte halte durch.", bat mich der Hauptkommissar und drückte seine Hände auf meinen linken Oberarm. Ich ließ meinen Blick zu Marie wandern und lächelte sie entschuldigend an: „Mama.". „Mir geht es gut. Aber du musst wach bleiben.", obwohl ihr die Tränen über das bleiche Gesicht liefen versuchte sie mich zuversichtlich anzulächeln. „Dann hab ich ja einmal in meinem Leben etwas richtig gemacht.", stöhnte ich und sah zum Schluss meinen Freund an, dessen Hände die Blutung an meiner rechten Hüfte stoppten. „Wag es ja nicht dich zu verabschieden.", forderte der Oberkommissar und ich lachte leise auf. „Warum sollte ich, es tut doch nicht weh. Ich bin nur müde.", erklärte ich ihm und sah wie er Martin einen panischen Blick zuwarf. „Du darfst aber nicht schlafen. Hörst du?", flehte mich Paul an und strich mir mit seiner freien Hand über die Wange. „Nur kurz.", murmelte ich, als ich merkte wie meine Augenlider immer schwerer wurden. „Nein. Nicht nur kurz. Du darfst nicht aufgeben!", brüllte mich mein Freund an. Das letzte was ich hörte bevor ich mich der Müdigkeit geschlagen gab war sein „Ich liebe dich, Mila.".

„Wir haben sie wieder.", hörte ich die Stimme von Herr Dreier wie durch Watte. „Hmmm.", brummend öffnete ich meine Augen einen Spalt breit. „Hey.", das Gesicht des Arztes schob sich in mein Blickfeld. „Ist sie bei Bewusstsein?", ohne die Antwort abzuwarten sprang mein Vater wohl in den RTW, den der Wagen fing an zu wackeln. „Pa...", schaffte ich gerade noch zu sagen ehe ich wieder ohnmächtig wurde.

„...was wir konnten. Jetzt liegt es an Ihrer Tochter ob sie wieder aufwachen will.", hörte ich eine weibliche Stimme sagen. „Danke.", antwortet mein Vater mit brüchiger Stimme und ich hörte wie sich eine Tür öffnete und wieder schloss. „Kopf hoch, Martin. Mila ist stark. Sie schafft das schon.", versicherte ihm Klaus und ich spürte wie mir jemand einen sanft über den Kopf strich. „Ich hoffe es. Den ohne sie macht mein Leben....", erwiderte Martin und es wurde wieder alles schwarz bevor er den Satz zu Ende sprechen konnte.

Das nächste was ich hörte war eine weitere weibliche fremde Stimme. Ich brauchte einen Augenblick bis ich sie zuordnen konnte, aber dann war ich mir sicher, dass Simone, die Frau von Klaus, da war. „Nun hör mir doch zu Marie. Das ist nicht deine Schuld.", fuhr sie meine Stiefmutter an. „Und wie es das ist. Hätte ich sie nicht so angefahren, wären wir nicht spazieren gegangen um alles zu klären. Und dann hätte sie sich nicht für mich vor eine Kugel werfen müssen.", wand meine Stiefmutter ein und ich spürte wie etwas nasses auf meine Hand tropfte. „Es war ihr freier Wille. Niemand hat sie gezwungen das zu tun. Sie wollte dich beschützen. Sie liebt dich.", versuchte die Frau von Klaus ihre Freundin zu beruhigen, schaffte es aber nicht, denn ich hörte wie etwas aus Metall über den Boden geschoben wurde und der Griff an meiner Hand verschwand. „Du hast doch selber zwei Kinder. Du müsstest mich verstehen! Wie soll ich mich beruhigen, wenn mein eigenes Kind sich für mich opfert, Stunden nachdem ich sie angebrüllt habe?", wollte meine Stiefmutter von Simone wissen als die Tür aufgerissen wurde und jemand die beiden um Ruhe bat.

„Trouble, ich hab nicht viel Zeit und wehe du verrätst jemanden das ich quasi in dein Zimmer eingebrochen bin, weil ich nicht zu deiner Familie gehöre. Ich wollte dir danken. Danke dass du meinem besten Freund das Leben gerettet hast. Aber bitte wach wieder auf. Marie, Klaus und Martin brauchen dich und dein Temperament in ihrem Leben. Und was bringt es Paul zu retten, wenn sein Lebensinn nicht überlebt?", Stephans Stimme war ganz dicht an meinem Ohr, schon fast als wäre sie in mir.

„So bizarr das auch klingt, aber mittlerweile ist es zu einer Routine geworden, jeden Tag vor und nach dem Dienst zu dir zu kommen. Aber ich hätte auch nichts dagegen wenn du mir mal antwortest.", die sanfte Stimme meines Freundes war das nächste das ich hörte. Meine Augen konnte ich zwar noch immer nicht öffnen, aber es tat gut ihn bei mir zu haben. „Du musst langsam aufwachen, Mila. Die Ärzte fangen an deinen Vater nach einer potentiellen Patientenverfügung zu fragen. Bitte, tu uns das nicht an.", flehte der Oberkommissar und strich mir über die Wange.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt