„Allein für den Versuch bin ich dir dankbar."

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Erst das Klingeln an der Haustür ließ uns auseinander fahren. Völlig außer Atem sahen wir uns in die Augen und brauchten wohl beide einen Augenblick um wieder richtig denken zu können. Scheinbar sahen brauchten wir länger als ich dachte, denn die Person an der Tür begann Sturm zu klingeln. Mit schnellen Schritten eilte Paul an die Wohnungstür während ich von der Kommode hüpfte und meine Kleidung glatt strich.
„Meine Güte Richter, ich dachte schon ihr seid wieder eingeschlafen.", lachte Martin als er mit einer großen Tüte in den Raum kam. „Nein, aber die Dunstabzugshaube lief, deswegen haben wir euch nicht gehört.", log ich wie aus der Pistole geschossen und sah aus den Augenwinkeln wie mein Freund mich stolz ansah. „Ich sehe schon, Paul hat wohl versucht zu kochen.", mit einen kleinen Lächeln auf den Lippen stocherte meine Stiefmutter in dem Ei-Salz Haufen in der Pfanne herum. „Ja, ich wollte halt ein guter Gastgeber sein.", verteidigte sich Paul und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Alles gut Paul. Ich hab auf dem Weg zum Bäcker mit der Versicherung telefoniert und noch heute kommen Fachmänner und setzten das Haus wieder in Schuss. Sprich heute Abend liege ich in meinem eigene Bett.", informierte uns mein Vater und setzte sich an den halb gedeckten Küchentisch. „Ich auch?", harkte ich nach und setze mich ebenfalls.
Dem Blick nach zu urteilen, den Martin seinem Kollegen zuwarf brauchte er nicht antworten, ich wusste das ich das Haus meines Vaters für eine lange Zeit nicht betreten würde.
Während des gemeinsamen Frühstück versuchten die drei mich irgendwie abzulenken, aber meine Gedanken glitten immer wieder zu dem nächtlichen Anruf. Selbst als Klaus einige Stunden später kam um meine Eltern abzuholen, musste ich mich zwingen sie anzulächeln um ihnen nicht noch mehr Sorgen zu bereiten.
„Wir holen dich in vier Stunden ab und bringen dich weg. Bis dahin breiten wir die letzten Sachen im Hintergrund vor.", informierte mich der Dienststellenleiter und ich nickte. „Keine Sorge Chef. Ich sorge dafür dass sie satt ist und packe ihr auch ein paar Sachen ein.", erklärte Paul und stellte sich neben mich. „Du kommst nicht mit?", panisch sah ich ihn an. „Je weniger Leute wissen wo du bist, desto besser.", wand Klaus ein aber ich schüttelte direkt meinen Kopf. „Ich schaff das nicht allein...", entfuhr es mir und ich griff nach dem Oberarm meines Freundes. „Mila, das dient nur zu deiner Sicherheit.", versuchte Marie mich zu beruhigen aber ich begann bereits schneller zu atmen. „Konzentrier dich nur auf mich.", Pauls Gesicht tauchte vor mir auf und er sah mir tief in die Augen. „Ich...Ich kann...nicht...", stotterte ich und spürte wie mein gesamter Körper anfing zu zittern. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren zog Paul mich an seine Brust und drückte mich an sich. „Vielleicht ist es doch besser, wenn er mitkommt. Zu mindestens das er weiß wo sie ist.", wand Martin ein und ich spürte seine Hand an meinem Rücken. „Das wäre ein höheres Risiko, Martin. Das weißt du.", hörte ich Klaus sagen und auch das letzte Fünkchen Hoffnung in mir erlosch. Emotionslos ließ ich meine Arme, die bisher um Paul geschlungen war, sinken und auch meine Atmung normalisierte sich innerhalb weniger Sekunden.
„Das weiß ich Stöpsel. Aber sie braucht Paul. Und vielleicht auch mich. Wenn wir sie mit einer Horde fremder Männer wegschicken dreht sie durch.", versuchte mein Vater seinen Vorgesetzten zu überzeugen. Einige Minuten war es still bis Klaus hörbar tief durchatmete. „Ich werde schauen was ich tun kann. Versprechen kann ich aber nichts.", gab der dienstälteste Beamte klein bei und im nächsten Augenblick lag ich in seinen Armen. „Freu dich noch nicht zu früh. Ich muss das erst mit dem Zuständigen von K sprechen.", versuchte er meine Vorfreude etwas zu dämpfen aber ich sah mit strahlenden Augen zu ihm hoch: „Allein für den Versuch bin ich dir dankbar.".

Kaum waren Paul und ich allein in seiner Wohnung wurde ich mit einem mal entsetzlich Müde. „Komm, wir legen uns aufs Sofa und ruhen uns aus.", schlug mein Freund vor und loste mich mit seinem Arm um meine Hüfte zum Sofa. „Können wir nicht lieber in das Bett? Das ist bequemer.", raunte ich ihm zu und direkt änderte Paul seinen Weg und schob mich in sein Schlafzimmer.
„Ich hab Angst.", gestand ich ihm als wir eng aneinander gekuschelt im Bett lagen und dem Atem des jeweils anderen lauschten. „Das musst du nicht. Ich bin mir sicher das Klaus dafür gesorgt hat, dass nur die besten Kripo-Beamten auf dich aufpassen werden. Und das er es schaffen wird, dass Martin und ich dich besuchen dürfen. Und wenn nicht, dann schreibe ich dir Briefe die ich den Kollegen mitgebe. Oder rufe dich über eine sichere Leitung an.", zählte Paul auf und ich spürte wie eine einzelne Träne über mein Gesicht lief.

Die Zeit bis zum Eintreffen von Klaus verging viel zu schnell dementsprechend gerädert stand ich im Wohnzimmer, knibbelte an meiner Nagelhaut und wartete das der Hauptkommissar die Wohnung betrat.
„Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht.", fiel er direkt mit der Tür ins Haus. „Dann erst die schlechte.", bat ich und warf meinem Freund einen raschen Blick hinterher da dieser gerade in sein Schlafzimmer eilte um ein paar Sachen für mich einzupacken. „Die Kripo will dich nicht beschützen, wenn wir nicht nach ihren Regeln spielen.", brummte Klaus und ich runzelte meine Stirn. „Und das heißt?", harkte ich nach als Paul wieder in das Wohnzimmer kam.
„Das wir das alleine stemmen müssen, denn ich ahne böses wenn ich dich von deinen Eltern, deinen Freunden und vor allem Paul trenne.", sprach der Beamte das aus was ich mir am meisten gewünscht hatte. „Das heißt Papa und Paul bleiben bei mir?", ging ich noch mal auf Nummer sicher und sprang Klaus, als dieser nickte, erneut in die Arme. „Es wird hart. Und geht vielleicht auch schief, aber es ist für deine Psyche wohl die beste Entscheidung.", erklärte Klaus und ich drückte mein Gesicht in seine Brust um dann wieder zu ihm hoch zu schauen. „Danke Onkel Klaus. Ich schwöre dir dass ich mich vorbildlich verhalten werde und mich an jede eure Regeln halten werde.", versprach ich und umarmte ihn so kräftig wie ich nur konnte.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt