„Er hat dich festgenommen?"

383 20 0
                                    


„Als meine Frau und ich uns kennen gelernt haben, hab ich sie genauso angesehen wie Paul dich.", gestand er als wir einige Minuten lang dem rauschen der Blätter und den vorbeifahrenden Autos gelauscht hatten. Mein Kopf schoss in seine Richtung. „Glaub es mir ruhig. Wir haben uns auf einer Feier von einem Freund kennen gelernt und sie hat mir gleich den Kopf verdreht. Nur wollte sie nie was mit einem Therapeuten anfangen. Es hat eine Weile gedauert bis ich sie zu einem Date überreden konnte. Auch dann war sie noch nicht wirklich überzeugt von mir, sodass es drei Dates gebraucht hat bevor ich es gewagt hatte sie zu das erste mal zu küssen.", erzählte Robert weiter und fing an glücklich zu lächeln. „Bei Paul und mir war es ähnlich.", gab ich zu und sah wieder zu dem kleinen Wald in den ich damals geflüchtet war, als ich das erste mal mit Martin nach Hause fuhr. „Wirklich?", nun sah mich Robert überrascht an und ich nickte. „Mir wurde immer gesagt dass die Polizei schlecht ist, dass ich von den Beamten nur das Böse zu erwarten habe.", begann ich zu erzählen und sah es dem Mann mir gegenüber schon an was er fragen wollte. „Meine Mu... Meine Erzeugerin.", korrigierte ich mich gleich und atmete tief durch. „Nur sie?", harkte Robert nach und ich schüttelte meinen Kopf. „Auch Hubert. Und Franziska. Dadurch habe ich eine Phobie gegenüber Paul, Stephan und auch Papa entwickelt und bin ihnen immer wieder weg gelaufen. Aber Paul hat nicht aufgegeben. Hat immer wieder versucht mein Vertrauen zu gewinnen und hat mir auch geholfen meinem Vater von meiner Vergangenheit zu erzählen. Er hat es geschafft innerhalb kürzester Zeit eine wichtige Stütze in meinem Leben zu werden.", antwortete ich und nahm einen Schluck von meinem Kaffee um den Kloß der sich in meinem Hals bildete hinunter zu spülen.
„Wo habt ihr euch denn kennen gelernt?", neugierig sah mich Robert an und ich haderte einen Augenblick mit mir. Da ich aber wusste dass ich ihm die Wahrheit sagen musste damit er mir wirklich helfen konnte, stand die Entscheidung direkt fest. „Ich hab was geklaut. Einen Apfel. Und Paul und Stephan haben mich dabei erwischt und wollten mich befragen. Da mir aber alle, wie eben erzählt, gesagt haben das die Polizei böse ist hab ich sie reingelegt und bin dann weg gelaufen. Ich bin ihnen sogar entkommen und bin dann in das Haus von Hubert. Dort meinte er ich wäre zu spät, dabei war ich zu früh. Das nächste was ich wusste ist, dass ich im Keller wach geworden bin, mit Schmerzen am Körper.", berichtete ich und machte einen kurze Pause bevor ich weiter sprach. „Ich bin dann durch das Kellerfenster raus. An sich wollte ich schon lange abhauen, aber die Schläge waren das Pünktchen auf dem I. Ich raus und bin wieder auf Paul getroffen. Er war im Feierabend und mit Freunden in einer Bar. Aber die hat er alle links liegen gelassen und ist mir hinterher. Er hat mir sogar einen Kaffee gekauft und seine Jacke gegeben.", ich pausierte wieder und strich mir über die Oberarme da ich das Gefühl hatte das Pauls Jacke mich wieder wärmte. „Das klingt wirklich schön. Als hätte das Universum gewusst das ihr zusammen passt.", wand Robert ein und lächelte mich breit an.
„Scheint fast so. Ich bin wieder von ihm weg, aber Paul hat mich direkt gefunden. Und nicht locker gelassen bis ich ihm wage von meinem nicht vorhandenen Namen erzählt habe. Als ich dann wieder abgehauen bin, hab ich eine Panikattacke bekommen. Die erste von vielen. Aber Paul war da und hat mich beruhigt.", erzählte ich weiter und hatte die Bilder wieder lebhaft vor Augen. „Ich frage mich wirklich warum er nicht aufgegeben hat. Denn als ich wegen der Panikattacke in das Krankenhaus musste, bin ich auch da abgehauen und hab die Nacht auf der Straße verbracht. Am nächsten Morgen haben mich Paul und Stephan dann am Dom gefunden und mit zur Wache genommen.", schloss ich meine Erzählungen ab und nahm einen großen Schluck von meinem Kaffee. „Er hat dich festgenommen?", Robert riss seine Augen auf und verschluckte sich fast an dem Kuchenstück. „Nein. Er hat mir klar gemacht, dass er und seine Kollegen die Guten sind und ich niemanden trauen sollte, der mich als persönliches Anti-Stressball nutzt.", beruhigte ich ihn und sah zur Seite wo man die Straße und einen Teil der Parkplätze vor dem Haus sehen konnte.
Ich hörte wie Robert was sagte, aber mein Blick war auf das Auto geheftet dass gerade vor dem Haus parkte.
„Mila?", riss mich mein Therapeut aus den Gedanken und ich wies unauffällig auf den schwarzen BMW. „Bitte sag mir, dass da kein Schwarzer BMW steht. Und vor allem kein Aufkleber von der Partei von Hubert auf der Seite kleben hat.", keuchend versuchte ich meinen Blick vom Auto zu reißen schaffte es aber nicht. „Kennst du den Wagen?", wollte Robert wissen und streckte sich um einen besseren Blick auf das Auto zu haben. „Das ist das Auto von Olga.", entfuhr es mir als ich sah wie zwei Personen ausstiegen. Eine davon erkannte ich direkt, es war Olga.
„Sollen wir rein?", Robert stand bereits auf hielt mir seine Hand hin. Da ich nicht reagierte stellte er sich in mein Blickfeld und riss mich so aus dem Trancezustand. „Mama.", ich sprang auf und eilte durch mein Zimmer direkt die Treppe hinunter. „Mila, warte auf mich!", rief Robert mir hinterher und versuchte hinter mir her zu eilen.
Wie ich erwartet hatte, fand ich Marie in der Küche wieder und warf mich ihr in die Arme. „Was ist los?", völlig überrumpelt stolperte sie ein paar Schritte zurück und erwiderte dann meine Umarmung. „Draußen steht wohl ein Wagen der...", fing Robert an ihr die Sache zu erklären würde aber von einem Fenster klirren unterbrochen.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt