„Nein, ihr beiden bleibt draußen. Das ist ein Gespräch zwischen Frauen"

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Zuhause schlurfte ich direkt in das Wohnzimmer und setzte mich dort aufs Sofa. „Willst du nicht lieber noch mal ins Bett?", Martin kam hinter mir her ins Wohnzimmer und sah mich überrascht an. „Alles tut.", nuschelte ich und spürte wie sich meine Augenlieder Millimeter für Millimeter weiter schlossen. „Willst du nicht allein sein?", Marie kam ebenfalls in den Raum und hielt bereits mein Bettzeug in der Hand. Mein rechter Mundwinkel zuckte als sich meine Augen komplett schlossen und ich im sitzen einschlief.

Keine Ahnung wie lange ich dieses mal geschlafen hatte, aber als ich meine Augen wieder öffnete, saßen Martin und Marie im Dunkeln und sahen sich einen Film auf dem Fernseher an. Mein Kopf lag auf einem weichen Kissen und meine Füße lagen auf Pauls Schoß wo er sie sanft massierte. Einige Moment beobachtete ich die drei und fing unbewusst an zu lächeln. Die drei waren innerhalb kürzester Zeit zu den wichtigsten Menschen in meinem Leben geworden. Es liefen mir auch ein paar Tränen über das Gesicht, da ich so fertig aber auch gleichzeitig glücklich war. Ich versuchte zwar mir so leise wie möglich die Tränen wegzuwischen, aber die Sinne der beiden Polizeibeamten schienen wohl auf das Hören der leisesten Geräusche trainiert zu sein, sodass Pauls und Martins Köpfe in meine Richtung schnellten. „Weinst du?", Paul strich mir über die Wade, zog seine Hand aber direkt weg, da er spürte das ich mein Bein wegziehen wollte. „Hast du Hunger? Du hast das letzte Mal vor 24 Stunden gegessen.", besorgt sah mich meine Stiefmutter an und eilte in die Küche obwohl ich meinen Kopf schüttelte. „Warum weinst du? Tut dir was weh? Hast du Schmerzen?", Martin stand von seinem Sessel auf und kniete sich vor mich hin. „Ich hab euch drei einfach nur so lieb.", gestand ich und wischte mir nun auch den letzten Rest meines ungewollten Gefühlsausbruches aus dem Gesicht. „Und wir lieben dich.", antwortete mein Vater und hauchte mir einen Kuss auf die Stirn.
Scheinbar hatten die drei schon gegessen, denn Marie kam nur mit einem Teller wieder aus der Küche und wartete bis ich mich aufgesetzt hatte, bevor sie ihn mir hinhielt. „Ich weiß nicht ob du es magst, aber wenn es mir als Kind immer mies ging, hat meine Mama mir das gekocht.", erklärte meine Stiefmutter als sie meinen argwöhnischen Blick sah, „Das ist Weißkohl mit Kartoffelbrei. Sieht vielleicht nicht so ansehnlich aus wie dein 3-Gänge-Menü, aber es ist lecker.".
Obwohl ich nicht großartig hungrig war, aß ich den Teller leer, einfach weil ich Marie eine Freude machen wolle. Martin setzte sich zurück in den Sessel und beobachtete mich die ganze Zeit. „Wolltest du auch was?", ich sah zuerst meinen Vater an und dann den nun leeren Teller. „Nein Quatsch. Ich bin nur froh dass es dir wieder gut geht.", erwiderte Martin. „Wieso sollte es mir mies gehen? Ich war doch nur müde.", wollte ich wissen und ließ mir von Marie den Teller abnehmen.
„Weißt du nicht warum Leute anderen Menschen Ko-Tropfen verabreichen?", Paul rutschte näher an mich heran, ließ aber trotzdem noch Abstand zwischen uns. „Nein. Ich weiß im Grunde nicht mal genau was diese Tropfen sind.", gab ich zu und kuschelte mich wieder in die Decke.
„Ohne dir unnötig Angst machen zu wollen, aber Ko-Tropfen werde oft dafür genutzt vorrangig junge Frauen und Mädchen gefügig zu machen um sich sexuell an ihnen zu vergehen.", klärte mich mein Freund auf und ich krallte mich in die Decke. Vor meinem inneren Augen tauchten Erinnerungsfetzen von der Party auf.
'Du willst es doch auch.'.
'Frauen wie du wollt es doch immer und überall.'.
'Jetzt benimm dich und mach die Beine breit.'.
„Ich glaube ich muss brechen.", stöhnte ich, sprang auf und eilte in das untere Badezimmer. Zwischen dem hochwürgen von meinem Mageninhalt hörte ich Marie zu Paul und Martin „Nein, ihr beiden bleibt draußen. Das ist ein Gespräch zwischen Frauen", sagen.
In dem Moment in dem ich die Klospülung betätigte schloss meine Stiefmutter die Badezimmertür hinter sich.
„Gehts wieder?", wollte sie wissen und hielt mir die Haare aus dem Gesicht, da ich noch immer über der Kloschüssel hing aber nichts mehr erbrach. „Ja.", antwortete ich und lehnte mich an die Duschwand neben der Toilette. „Bevor wir gleich gerne stundenlang reden oder uns nur anschweigen, möchte ich eine Sache wissen. Hat er dich gegen deinen Willen angefasst?", harkte Marie nach und ich biss mir auf die Innenseite meiner Wange. „Das musst du später deinem Vater sagen.", brummte Marie und versuchte sich ihre Wut gegenüber Max nicht anmerken zu lassen, als sie sich neben mich setzte.
Einige Minuten lang schwiegen wir bis ich den Mut fand, Marie alles zu erzählen. „Er war total nett und ich hab mich gefreut dass er mir die Cola bezahlt hat. Aber ich hab ihm sofort klar gemacht dass ich mit Paul und den anderen da bin. Bin dann auch wieder zu Hannah aber er ist mir gefolgt, ist dann aber wieder abgehauen, als ihm ihm gesagt habe dass ich einen Freund habe. Irgendjemand hat dann Hannah umgedreht und Max hat mich mit sich gezogen und meinte er wollte sich bei mir entschuldigen. Der Rest ist irgendwie wie in Nebel, der sich aber zum Teil lüftete als Paul von dem möglichen Grund gesprochen hat.", fing ich an und strich über den Badvorleger auf dem ich saß. Marie legte ihre Hand, mit der Handfläche nach oben, zwischen uns ab, bleib aber sonst still.
„Ich bin mit ihm auf der Dachterrasse gelandet. Und auf mal waren seine Hände unter meinem Kleid. Er hat mir so widerliche Dinge gesagt", nuschelte ich und hatte sofort wieder das Gefühl als wäre Max Hand auf meinem Körper. „Es ist nicht deine Schuld, dass dir das passiert ist. Du bist nicht allein.", versuchte Marie mir Mut zu machen aber ich fing dennoch an zu weinen. „Ich fühle mich so... schmutzig. So dreckig.", keuchend versuchte mir das Kleid, dass ich noch immer trug, vom Körper zu reißen. Sofort half mir Marie dabei und öffnete den Reisverschluss an meinem Rücken. Innerhalb weniger Sekunden zog ich das Kleid aus und warf es so weit es ging weg von mir. „Besser?", sanft strich mir meine Stiefmutter über den Rücken. „Nein.", gestand ich und schüttelte weinend meinen Kopf. „Ich wünschte ich könnte mit dir die Plätze tauschen.", hauchte Marie mit tränenerstickten Stimme. Da ich sie verwirrt ansah fügte sie hinzu „Damit du das nicht durchmachen musst.".
„Mama.", stieß ich aus und warf mich in ihre Arme. Sofort schlang Marie ihre Arme um meinen nur noch mit Unterwäsche bedeckten Körper und fing an ein Kinderschlaflied zu summen.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt