„Mach da drin bitte keinen Mist."

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Als ich ihn fand, kam er gerade aus dem Badezimmer und trug bereits seinen Schlafanzug. Ohne was zu sagen umarmte ich ihn und spürte wie er sich augenblicklich entspannte. „Ich brauch dich wohl nicht zu fragen wie es dir geht, du würdest es mir ja eh nicht sagen.", stellte Martin fest und ich fing an zu lächeln. „Ich wollte gerade eigentlich ins Bett, aber was hältst du davon wenn wir noch ein wenig fern schauen?", schlug mein Vater vor und ich hob meinen Kopf von seiner Brust. „Du willst wohl lieber mit Paul im Bett kuscheln, als mit deinem Vater eine...", ruderte Martin direkt zurück als ich seine Hand griff und ihn zur Treppe zog. „Aber nur wenn ich diesmal den Film aussuchen darf.", entschied ich als wir gemeinsam die Treppe hinunter gingen. Ich hielt bis zur Mitte es Filmes durch und schlief dann an meinen Vater gelehnt ein.

Martin schien es nicht anders zu gehen, denn als ich am nächsten Morgen wach wurde, lag ich mit dem Kopf in seinem Schoß und er hatte seine Füße auf den Couchtisch gelegt und lag halb auf dem Tisch und dem Sofa. „Hast du gut geschlafen?", Maries flüstern erschreckte mich so sehr dass ich mich ruckartig aufsetzte und so meinen Vater aufweckte. „Was ist los?!", allarmiert sprang er auf und hob seine Fäuste als sei er für jeden Kampf bereit. „Papa?", verwirrt legte ich Martin meine Hand auf den Unterarm, aber er schien diese Geste als Bedrohung zu sehen und drehte mir, so wie er es wahrscheinlich in seiner Polizeiausbildung gelernt hatte, den Arm auf den Rücken. „Martin!", geschockt sprang Marie auf und kam mir zur Hilfe. Von ihren lauten Ruf aufgeschreckt hörte ich Pauls Schritte auf der Treppe und sah über meine Schulter meinen Vater an. Er schien gerade wieder zu sich zu kommen, der er schüttelte seinen Kopf und riss dann seine Augen auf, als er seinen Griff an meinem Arm sah. „Was ist passiert?", wollte er wissen, als er mein Handgelenk losließ und ich gegen Marie stolperte. „Das würde ich gerne von dir wissen.", fuhr meine Stiefmutter ihren Mann an und drehte uns so, das sie zwischen ihm und mir stand. „Ist hier alles okay?", Paul erschien im Türrahmen und ließ seinen Blick immer wieder zwischen Martin, Marie und mir hin und her gleiten. Noch ehe Martin was sagen konnte rannte ich aus dem Raum und die Treppe hoch ins Badezimmer das neben meinem Zimmer lag. Sekunden nachdem ich die Tür abgeschlossen hatte, klopfte Paul bereits an die Tür. „Mila? Was ist los?", versuchte er den Grund für meine Flucht herauszufinden aber ich war zu aufgewühlt um ihm zu antworten. „Mach da drin bitte keinen Mist.", bat mein Freund als ich meine Stirn gegen das dunkele Holz der Badezimmertür lehnte.
Selbst durch die verschlossene Tür und das Stockwerk das uns trennte, konnte ich Martin und Marie diskutieren hören. „Ich dachte der Drecksack wäre hier und wollte mir Mila wegnehmen.", versuchte sich Martin zu erklären und Marie fing an zu lachen. „Hubert ist locker 150 Kilo schwer und um einiges größer als Mila. Wie kann man die beiden verwechseln?", fragte sie sarkastisch. „Das weiß ich doch selber nicht, verdammt noch mal.", keifte Martin und ich sank, noch immer mit der Stirn an das Holz gelehnt, auf den Boden.
„Ich weiß was du jetzt denkst, aber du hast keine Schuld. Dein Vater wollte euch nur beschützen.", versuchte Paul mir die Lade zu erklären und ich spürte dennoch wie quälenden Schuldgefühle in mir aufkeimten. „Ich geh eben runter und kläre das mit denen, bitte bleib wo du bist.", informierte mich mein Freund und ich hörte wie sich seine Schritte entfernten.
„Euch ist schon bewusst das sie euch da oben hören kann?", Paul Stimme hallte durchs ganze Haus und ich wusste dass er extra laut sprach, damit ich alles hören konnte. „Marie, glaubst du wirklich das Martin Mila bewusst weh tun würde? Er ist aus dem Traum hochgeschreckt und dachte ihr seid in Gefahr. Und du Martin, statt dich hier vor Marie zu verteidigte solltest du oben stehen und versuchen die Sache mit deiner Tochter zu klären. Sie hockt nämlich oben im Bad und macht sich die größten Vorwürfe weil sie denkt, dass ihre Eltern sich wegen ihr streiten.", rügte Paul die beiden und ich stellte überrascht fest, wie gut mein Freund mich mittlerweile kannte, denn er brachte meine Gefühle genau auf den Punkt.
„Sie will mich bestimmt nicht sehen und hat mir Sicherheit Angst vor mir.", gab Martin kleinlaut zu bedenken. „Fuchs! Du bewegst jetzt deinen Allerwertesten da hoch. Sonst packe ich Mila ein und dann wohnt sie bei mir.", drohte Paul und ich hörte direkt wie drei Schritt-Paare die Treppe hoch kamen.
„Mila?", die Stimme meines Vater drang hauchdünn durch die Tür und ich holte tief Luft. „Ich weiß nicht was in mich gefahren ist, aber ich wollte dir keine Angst machen. Ganz im Gegenteil ich möchte dass du dich bei mir und auch bei Marie sicher fühlst. Sicher, geborgen und geliebt. Bitte verzeih mir und komm aus dem Bad raus.", redete Martin auf mich ein und ich atmete noch einmal tief durch bevor ich den Schlüssel umdrehte und die Tür öffnete. Mein Vater schien darüber überrascht zu sein, denn er fiel mir in die Arme und ich stolperte nach hinten um dann auf meinem Po zu landen.
Einen Augenblick sahen er und ich uns geschockt an und brachen dann in lautes Gelächter aus. „Also ist alles wieder gut, oder hab ich jetzt eine hübsche neue Mitbewohnerin?", Paul kam ins Badezimmer und half seinem Kollegen dabei auszustehen. „Nur über meine Leiche Richter. Mila bleibt bei mir.", brummte Martin und half nun mir beim Aufstehen.

Gerade als wir alle im Erdgeschoss ankamen, klingelte es an der Haustür. „Guten Morgen, ich hab ein Einschreiben für Mila Fuchs.", ein junger Mann stand an der Tür, als Marie eben diese öffnete. „Ich bin Mila Fuchs.", erklärte ich ihm und stellte mich neben meine Stiefmutter. „Dann hier unterschreiben.", bat der Mann und hielt mir einen Kulli und eine kleine Karte hin. Zögerlich schrieb ich meinen Namen darauf und hielt Sekunden später einen großen Briefumschlag in der Hand. Unschlüssig drehte ich ihn in der Hand und ging auf Martin und Paul zu. „Darf ich?", Martin hielt mir seine Hand hin und ich drückte ihm den Umschlag in die Hand.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt