„Jetzt hör auf dich zu wehren, sonst tut es gleich richtig weh."

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„Ich hab nichts gemacht!", rief ich panisch und versuchte mich auf den Griffen zu winden, wurde aber nur noch tiefer in den Kiesboden gedrückt. „Jetzt hör auf dich zu wehren, sonst tut es gleich richtig weh.", fauchte mich die Beamtin an während sie meine Arme auf meinen Rücken zog und mir Handschellen anlegte. „Jetzt beruhigen Sie sich, bitte.", bat mich der Polizist und drückte meinen Kopf mit seinem Knie auf den Boden. Die Kiessteine gruben sich Schmerzhaft in meine Haut als ich Schritte näher kommen hörte. „Conni. Robin. Braucht ihr Hilfe?", hörte ich Martin fragen und spürte wie er an meine Füße griff. Mein Herz begann zu rasen und mir fiel es immer schwerer Luft zu bekommen. In meinem Kopf spielten sich die schlimmsten Szenarien ab, von weiteren Schlägen von Hubert bist hin, und das tat am meisten weh, den abschätzigen Blicken von Paul und meinem Vater.
„Moment.", der Griff an meinen Beinen verschwand, dafür sah ich wie Martins Beine vor meinem Gesicht auftauchten. „Das ist meine Tochter. Was macht ihr mit ihr?", fuhr der Hauptkommissar seine Kollegen an und ging in die Hocke. „Eine Passantin hat uns angesprochen und gemeint deine Tochter wollte ihr die Tasche klauen.", informierte der Polizist meinen Vater und stand auf. „Seit wann hast du eine erwachsene Tochter?", wollte die Beamtin von Martin wissen und bleib noch auf meinem Rücken hocken. „Mila? Alles gut?", Martin schien zu merken dass ich kurz vor einem Asthmaanfall war und kramte in seiner Hosentasche. „Conni geh runter von ihr.", weis er seine Kollegin an und drehte mich, kaum dass sie seiner Aufforderung nach gekommen war, auf den Rücken. „Hier.", besorgt drückte er mir den Inhalator an die Lippen und drückte drauf.
Erleichtert holte ich einige Male tief Luft und ließ meinen Kopf nach hinten fallen. „Jetzt nochmal, seit wann hast du eine erwachsenen Tochter?", harkte die Beamtin nach und sah mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an. „Das ist eine lange Geschichte.", erklärte Martin und strich mir vorsichtig die Kieselsteine aus dem Gesicht. „Die Passantin ist weg.", der uniformierte Kollege meines Vaters kam näher, dabei hab ich nicht mal gemerkt dass er weggegangen war.
„Ihr habt meiner Tochter Handschellen angelegt weil eine nun verschwundene Frau sie falsch verdächtigt hat?", brummte Martin sauer und zog meinen Oberkörper hoch damit ich mich hinsetzen konnte. „Sie ist abgehauen.", verteidigte sich der Beamte und hielt Martin einen Schlüssel hin. „Mila, sieh mich an.", bat mein Vater und sah mir prüfend in die Augen. „Ich hab wirklich nichts geklaut. Warum sollte ich auch?", erklärte ich ihm, weil ich genau wusste was er fragen wollte. „Alles klar. Dann mache ich dir die Handschellen ab.", informierte er mich, stand auf und trat hinter mich. „Danke.", brummte ich ihm zu und massierte meine schmerzende Handgelenke. Der Beamte hielt mir stumm seine Hand hin, wohl um mir beim Aufstehen zu helfen, aber ich ignorierte die Hand und stand allein auf.
„Wir müssen Sie trotzdem durchsuchen.", informierte mich die Beamtin und kam einen Schritt auf mich zu. Panisch wich ich zurück und wollte schon wieder fliehen als sie nach meinem Oberarm griff, aber mein Vater stellte sich dicht neben mich. „Ist das wirklich notwenig Conni? Euer Zeugin ist weg. Und ohne Opfer keine Straftat.", erkundigte sich Martin und legte mir seinen Arm um die Hüften. „Er hat Recht Conni. Lass uns gehen.", stimmte der junge Polizist ihm zu und lächelte mich entschuldigend an. „Die Geschichte über deine Tochter würde ich dennoch gerne hören.", brummte die blonde Beamtin und folgte ihrem Kollegen dann zum Streifenwagen.

Erst als die Beamten im Supermarkt verschwunden waren, traute ich mich wieder normal zu atmen. „Wie geht's dir?", besorgt sah mich Martin an und ich zuckte mit den Schultern. „Wie kam die Passantin darauf dass du sie bestehlen wolltest?", wollte er wissen und ich zuckte wieder mit meinen Schultern. „Kanntest du die Person?", harkte Martin nach und stellte sich vor mich um mir ins Gesicht sehen zu können. Direkt schüttelte ich meinen Kopf und vermied den Blickkontakt zu meinem Vater. „Also ja. Wer war das Mila?", schockiert packte er mich an den Schultern, ließ aber sofort wieder los als er die aufkeimende Panik in meinem Augen bemerkte.
„Bitte Mila, sag mir wer das war.", bat Martin und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Niemand. Lass uns reingehen. Marie macht sich sonst sorgen.", ich lächelte ihn an als wäre nichts gewesen und ging zur Parkbox der Einkaufswagen. Auf dem Weg dahin hob ich den Chip auf, denn ich bei meiner Flucht fallen lassen hab und atmete tief durch. Wiedermal war ich meinem Kopf dankbar dass ich, als würde ich einen Schalter betätigen, mit einer Situation abschließen und so tun konnte als sei nichts passiert. Etwas Gute hatten die jahrelangen Misshandlungen wohl doch.

„Da seid ihr ja. Was hat denn so lange gedauert?", freute sich Marie als Martin und ich sie, mir dem zweiten Wagen, bei den Süßwaren fanden. „Ich hab etwas Probleme mit dem Schloss vom Einkaufswagen gehabt.", log ich sie an und spürte direkt Martins Blick auf mir. „Alles klar. Dann lasst uns weiter einkaufen, du musst heute ja noch zu Oli.", sagte Marie und warf einige Tüten Fruchtgummi in den Einkaufswagen vor mir.

„Hallo Mila.", begrüßte mich der Arzt als ich in Begleitung von Martin und Marie, zirka zwei Stunden später, in ein Behandlungszimmer kam. „Hallo.", antwortete ich zaghaft und blickte mich in dem Raum um. In der Mitte stand eine Liege, daneben stand ein Gerät das ich noch nie gesehen hatte. Auf der einen Seite des Raumes stand ein großer Schrank und auf allen Schranktüren beziehungsweise Schubladenfronten waren kleine Zettel geklebt auf denen so was wie „Kanülen" oder „Mullbinden" stand. Dem gegenüber, auf der anderen Seite des Raumes, stand ein Schreibtisch mit einem Pc und einem kleinen Drucker. Davor standen zwei Stühle und dahinter ein Bürostuhl auf dem ein weißer Kittel hing.
„Willst du dich setzten oder erst weiter umsehen?", wollte der Arzt wissen und wies auf einen der Stühle vor dem Schreibtisch.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt