„Bist du sicher?"

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„Ich hab mit einer Kollegin gesprochen die sich Potterkopf oder so nennt und die meinte für einen richtigen Filmabend muss man diese Sachen haben.", kaum hatte Paul sich neben mich gesetzt hielt er mir die Tüte hin. Martin und Marie hatten sich in ihr Schlafzimmer zurück gezogen um mir und Paul etwas Zeit allein zu geben.
„Was ist da denn drin?", neugierig sah ich in die Tüte die Paul festhielt und sah einen Haufen Süßigkeiten. „Also das hier sind so Bohnen die entweder lecker oder widerlich sind. Das hier diese Schokofrösche mit den 3D-Karten. Ach und das hier", Paul wies auf die einzelnen Sachen und zog dann eine Chipstüte heraus, „Meine Lieblingschips. Die musst du probieren.". Da er mich so anstrahlte nahm ich ihm die Chipstüte ab und sah mir die Vorderseite an. „Chrunchy Chip. Sour Cream & Onion.", lass ich vor und runzelte meine Stirn. „Saure Creme und Zwiebeln?", argwöhnisch sah ich die Chipstüte in meinen Händen an. „Du kannst das Übersetzten?", hörte ich Paul ganz leise fragen und biss mir ertappt auf die Zunge. „Ich hab einen Verdacht. Und du musst mir nicht sagen ob der stimmt oder nicht. Du musst mir auch nichts beweisen. Aber wenn es stimmt, dass du dich von Marie unterrichten lässt dann bin ich wahnsinnig stolz auf dich.", erklärte er und eine Gänsehaut breitete sich auf meinem Körper aus. „Ich wollte es euch eigentlich erst später sagen. Hatte vor euch was besonders zu machen.", erwiderte ich und warf ihm einen raschen Blick zu. „Dann hab ich nichts gesagt. Also wollen wir die Filme schauen?", schlug er vor und ich nickte dankbar.
Die Chips die Paul mitgebracht hatte schmeckten echt gut, sodass ich mir vornahm sie definitiv öfter zu essen. Man merkte auch das mein Freund sie gerne aß, denn kaum war ein Chip in seinem Mund verschwunden griff er sich schon den nächsten. Ich war völlig gefesselt vom Film und griff blind in die Chipstüte. Als ich gegen Pauls Hand stieß, hatte ich das Gefühl als würde ein Stromstoß durch meinen Körper ziehen daher zog ich meine Hand schnell wieder aus der Tüte. „Sorry, hier.", nuschelte mein Freund mit vollem Mund aber ich schüttelte den Kopf. Ich kam mir vor wie ein verliebter Teenager als ich nach meinem Glas Limonade griff um meine Hände irgendwie zu beschäftigen. „Dann eben so.", murmelte Paul und ich sah wie ein Chip auf meinen Mund zu schwebte. „Ich kann noch allein essen.", mit einem ungläubigen Lächeln sah ich zu dem Oberkommissar der mich unschuldig anlächelte. „Wollte dir nur helfen.", Paul zuckte mit seinen Schultern und wollte sich den Chip in den Mund stecken. Abwartend zog ich eine Augenbraue hoch und wollte gerade etwas sagen, aber als ich meinen Mund öffnete nutzte mein Freund die Chance und stopfte mir den Chip in den Mund.
Einige Sekunden lang sahen wir uns nur in die Augen bis ich anfing zu lachen. „Dein Lachen steht dir.", gestand Paul und drehte sich dann, als wäre nichts gewesen wieder zum TV. Ich beobachtete ihn noch ein paar Augenblick lang bis ich mich ebenfalls wieder zum Fernseher drehte um den Rest des Filmes zu sehen.

Als der dritte Film begann wurde ich langsam müde. Es fiel mir immer schwerer die Augen offen zu halten und nickte sogar für ein paar Sekunden ein. „Willst du schlafen? Ich kann auch fahren.", fragend legte mein Freund mir eine Decke um den Körper. „Alles gut.", ich schreckte hoch und rieb mir den Schlaf aus den Augen. „Bist du sicher?", harte Paul nach und ich nickte um in der nächsten Sekunde meinen Kopf gegen seine Schulter fallen zu lassen. Ich sah noch wie Pauls Arm zuckte bevor ich wieder einschlief.

„Danke.", und das folgendes Schlürfen weckte mich am nächsten Morgen. „Willst du auch einen Kaffee Trouble?", hörte ich Stephan fragen und setzte mich kerzengerade auf. „Wie kommst du hier her?", ich rieb mir meinen schmerzenden Nacken und sah mich im Raum um. „Papa Fuchs ist gerade in der Küche und macht Frühstück.", schien Paul meine Gedanken zu lesen.
„Okay.", ich drückte mir meine flache Hand auf die Brust und konzentrierte mich auf meine Atmung. „Martin? Vielleicht solltest du her kommen.", obwohl Stephan nicht laut nach ihm gerufen hatte, stand mein Vater in der nächsten Sekunde vor dem Couchtisch.
„Guten Morgen Mila.", er lächelte mich an und ich starrte ihm in die Augen. Mit jedem Herzschlag normalisierte sich meine Atmung.
„Das Frühstück wäre fertig, kommt ihr?", Marie kam in die Küche und trocknete sich ihre Hände an einem Küchentuch ab. „Ich hab gar keinen Hunger.", gab ich zu und sah meine Stiefmutter entschuldigend an. „Du musst auch nichts essen. Aber zu mindestens was trinken. Wir können dich...", begann Marie und verstummte mitten im Satz. „Ihr könnt mich nicht allein lassen. Ich weiß.", ich stand auf und zog mir mein T-Shirt zurecht. „Tut mir leid, aber...", versuchte sich die Hauseigentümerin zu verteidigen aber ich umarmte sie kurz als ich an ihr vorbei kam. „Alles gut. Ich weiß dass ihr euch Sorgen macht. Ich nehm es dir nicht übel.", raunte ich ihr zu und ging voran in die Küche.

Die nächste Therapiestunde hielten Robert und ich auf meinem Balkon ab. Martin, Paul und Stephan waren Arbeiten und Marie war im Erdgeschoss zugange. „Vielleicht sollten wir die Chance nutzen in der wir allein sind und über die Dinge sprechen von denen du nicht willst dass dein Vater sie weißt.", schlug Robert vor und nahm sich ein Stück Kuchen, den Marie am Morgen extra für uns gebacken hatte. „Wie meinst du das?", ich sah ihn überrascht an und spielte dann mit der Lichterkette am Gelände neben mir. „So Liebesdinge. Sachen die ihn betreffen. So was halt.", zählte der Therapeut auf und sah mich abwartend an. „Du willst dass ich mir dir über mein Liebesleben rede?", harkte ich nach und nahm mir ebenfalls ein Stück des frischgebackenen Kuchen. „Musst du nicht. Aber es gibt doch bestimmt was das dich beschäftigt von dem du nicht willst dass dein Vater oder sonst jemand weiß.", erwiderte Robert und pickte sich ein Stück des Kuchens auf. Da ich schwieg ließ er sich das Stück auf der Zunge zergehen und lehnte sich dann auf dem Balkonstuhl zurück.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt