„Mila! Komm schon! Bleib wach!"

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„Bitte verzeiht mir. Das alles ist nur wegen einem Apfel passiert.", verabschiedete ich mich von meiner Familie und sah bei dem Wort 'Apfel' zu Paul. Erst sah er mich irritiert an und schien im nächsten Augenblick zu wissen was ich meinte und vor allem wissen wollte. Kaum merkbar zuckte er mit seiner rechten Schulter.
„Das sind seine letzten Worte?", lachte Olga und als ich sah wie sie ihren Geiseln einen amüsierten Gesichtsausdruck drehte ich mich zu ihr. „Nein deine.", korrigierte ich sie und zielte mit der Waffe auf sie. „Du kleine Schlampe. Du hast mich verascht!", keifend griff meine leibliche Mutter auf den Stehtisch und zog ein Messer hervor.
Das war der Moment an dem mein Gehirn auf Autopilot schaltete. Ich zielte erneut auf Olga die bereits auf mich zulief und das Messer in der erhobenen rechten Hand hielt. Mein Zeigefinger glitt auf den Abzug und ich zögerte einen Augenblick. Aber als ich aus den Augenwinkeln sah wie Marie ohnmächtig zusammen sackte hatte ich das Gefühl als würde alles in Zeitlupe ablaufen. Wie ich meinen Finger krümmte und die Kugel den Laut der Waffe verließ. Wie sie auf Olga zuflog die etwas brüllend auf mich zu kam und dann, getroffen von der Kugel, zurück stolperte.
Wie die Kellertür aufgerissen wurde und eine Horde Männer mit Waffen in den Raum kam. Einer von ihnen zielte auf mich, aber ich hörte nicht was er sagte, den in meinen Ohren klingelte es. Da mich mich nicht rührte und noch immer mit der Waffe auf Olga zielte gab mir jemand einen Tritt in die Kniekehle und ich fiel nach vorne. Mit wurde die Waffe entrissen und mein Kopf auf den Boden gedrückt. Verschwommen sah ich wie sechs andere vermummte Personen Martin, Paul, Marie, Klaus, Stephan und Hannah befreiten. Ein Rettungsteam kümmerte sich um meine bewusstlose Stiefmutter und ein weiteres um Olga. Paul und Martin schlugen die Hände die sie stützen wollten weg und kamen auf mich zu geilt, wurden aber von zwei Männern aufgehalten.

Das Rauschen und klingeln in meinen Ohren nahm langsam ab sodass ich wieder hören konnte was um mich herum geschah. „... meine Tochter!", brüllte Martin und versuchte erneut um die vermummten Beamten herum zu kommen. „Beruhigen Sie sich. Sie sind jetzt in Sicherheit.", versuchte der Mann, auf dessen Uniform 'EL-SEK' stand, meinen Vater zu beruhigen. „Verdammt noch mal, sie ist nicht die Böse!", rief nun Klaus und ich schloß meine Augen da mir richtig übel wurde. „Mila! Komm schon! Bleib wach!", flehte mich Paul an als mich zwei Männer an den Armen packten und wie einen nassen Sack die Treppe hoch schleiften.

In dem Moment in dem ich die kalte Oktober Luft im Gesicht spürte öffnete ich meine Augen einen Spalt breit und sah wie Michael und Daniel ihre Augen aufrissen als sie mich in den Händen der vermummten Männer sahen. Gemeinsam mit Oliver kamen sie auf mich zu geeilt.
„Keine Sorgen Kollegen. Wir bringen Sie in den Streifenwagen.", erklärte er Mann zu meiner rechten und wollte mich schon weiter ziehen als Michael sich in seinen Weg stellte. „Sie ist ein Opfer verdammt. Eine von uns. Das ist die Tochter von Martin, Mila. Lasst sie los.", fuhr er sein Gegenüber an der mich verwirrt musterte. „Seid ihr euch sicher?", harkte der Mann zu meiner linken nach und ließ mich los als Daniel direkt nickte. Entkräftet stolperte ich einen Schritt nach vorne, in Daniels Arme. „Ich musste schießen. Sie wollte... sie hätte...", langsam sickerte die Erkenntnis dass ich gerade einen Menschen, meine eigene Mutter, umgebracht hatte, in mein Gehirn. „Alles gut Mila. Ich bin mir sicher dass es Notwehr war. ", versicherte mir Daniel und strich mir über den Rücken. „Komm wir bringen sie hier weg.", schlug Michael vor und einen Augenblick später wurde ich schon auf eine Liege gehoben.
„Wie geht es dir?", wollte Olivers direkt wissen als sein Gesicht über meinem schwebte. „Papa. Paul. Mama.", keuchte ich und wollte mich wieder aufsetzten. „Nicht, bleib liegen.", ordnete der Arzt an und wollte mich zurück auf die Liegefläche drücken. „Klaus, Stephan, Hannah!", brüllte ich Oliver ins Gesicht, riss mich von ihm los und lief wieder zurück zu dem Haus der Maurer, aus dem die sechs gerade traten.
So schnell wie ich konnte lief ich auf meinen Vater zu und er kam mir, als er mich erblickte, direkt entgegen. Als ich meine Arme um seinen Oberkörper schlang brachen meine Mauern ein und ich begann zu weinen. „Es tut mir leid. Das ist alles meine Schuld.", schluchzte ich in Martins Brust der mich direkt enger an sich zog. „Es ist nicht deine Schuld, mein Schatz. Nichts von dem was da gerade passiert ist, ist deine Schuld.", stellte er klar und drückte mir unzählige Küsse auf den Kopf.
„Fuchs. Schön dich zu sehen aber kommt ihr beiden mal her, damit ich euch durchchecken kann?", rief Oliver zu uns herüber. Da ich mich nicht rührte hob mich mein Vater kurz hoch um mich zur der RTW-Liege zu setzten. „Nein.", panisch krallte ich mich an den Hauptkommissar als ich spürte wie er mich absetzen wollte. „Ich werde dich nicht allein lassen und werde die ganze Zeit neben dir sitzen.", versprach mein Vater und ich nickte müde. Vorsichtig setzte er mich auf die Liege und setzte sich direkt daneben. Während der Arzt meinen Blutdruck maß sah ich Paul in ein paar Meter Entfernung stehen und auch er wurde von einem Arzt untersucht. Marie lag auf einer Liege und Hannah lag in Daniels Armen, Jule wurde von Stephan an sich gedrückt.
„Soweit sieht alles gut aus. Seht aber zu dass ihr auf sie aufpasst. Die zwei Wochen sind noch nicht um.", bat Oliver meinen Vater als ich mit zitternden Beinen aufstand. Martin war direkt hinter mir aber ich ließ mich nicht beirren und behielt mein Ziel – Paul – fest im Blick. Auf dem Weg dahin musste ich mich konzentrieren um nicht ohnmächtig zu werden da das Adrenalin langsam von meinen Körper abgebaut wurde und ich entsetzlich müde wurde.
„Halt mich bitte einfach nur fest.", bat ich meinen Freund als ich ihm um den Hals fiel und meine Augen schloss. „Das hatte ich eh vor.", brummte Paul und drückte sein Gesicht in meine Halsbeuge.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt