„Bitte sag mir was dich so bedrückt."

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„Der nächste Termin wäre am Mittwoch Abend.", informierte Robert meinen Vater eine knappe Stunde später und ich konnte nicht anders als stolz zu lächeln. „Mittwoch erst?", ging Martin auf Nummer sicher und fing an zu strahlen als mein Therapeut nickte.
Kaum war Robert mit seinem Auto aus dem Sichtfeld verschwunden drückte mein Vater mich an sich. „Was hab ich denn jetzt gemacht?", keuchte ich gepresst. „Nichts und gleichzeitig so vieles.", antwortete Martin wage und zog mich mit sich ins Wohnzimmer. „Meine Güte Martin. Lass das Kind atmen.", lachte Marie als sie uns beide erblickte. „Lass mich doch.", brummte mein Vater, ließ mich aber wieder los. „Dann darf ich ja jetzt.", jubelte Paul und zog mich auf seinen Schoß. „Männer.", murmelte meine Stiefmutter und schüttelte ihren Kopf. „Bist du etwa eifersüchtig?", zog Martin seine Frau auf und hockte sich neben sie. „Darauf das ihr total neben der Spur seid, seitdem ihr festgestellt habt das Milas dreißigster in einer Woche ist?", wand Marie ein und ich warf Paul einen fragenden Blick zu. „Kannst du es mir verdenken? Mein kleines Mädchen wird dreißig.", murmelnd legte mein Vater seinen Kopf auf Maries Schoß ab.
Als der Küchentimer klingelte sprang ich auf und wollte in die Küche laufen, zwei starke Arme legten sich aber um meine Hüften und hoben mich hoch. „Hey, lass mich runter. Die Lasagne verkocht sonst.", beschwerte ich mich direkt, aber Paul ließ sich nicht beirren und setzte mich zurück auf den Sessel. „Ich fahr dich nicht noch mal zu Oli, daher mache ich den Herd aus.", erklärte mein Freund bevor er in die Küche eilte. „Langsam sammelt der Junge immer mehr Pluspunkte.", lobte ihn Martin direkt und ging ihm nach.
„Mal so unter uns Fuchs-Frauen, ich hätte nie gedacht das dein Vater Paul mal lobt.", lachte Marie und sah ihrem Mann nach. Wir schwiegen ein paar Augenblick und lauschten den Geräuschen aus der Küche. „Vielleicht solltest du Hannah anrufen. Dann könnt ihr zusammen shoppen fahren. Ich meine du braucht ja eh neue Kleidung nachdem der Großteil deiner Sachen nur noch ein Haufen Asche sind.", schlug meine Stiefmutter vor und ich presste meine Lippen zusammen die Erinnerungen an das Feuer mein Gehirn fluteten.
Ich versuchte zwar den anderen weiß zu machen, dass ich schon mit Robert gegessen hatte, konnte sie aber nicht überzeugen. „Selbst wenn du nur drei Happen isst, du wirst was essen.", entschied Martin und drückte mich zurück auf den Küchenstuhl.

Ein paar Stunden später saß ich auf meinem Bett und wählte die Handynummer meiner besten Freundin. „Becker.", meldete sich Hannah müde und ich sah rasch auf die Uhranzeige auf meinem Handydisplay. „Hab ich dich geweckt?", wollte ich ängstlich von ihr wissen. „Mila? Ist alles okay?", zwar klang Hannah jetzt wacher aber ich war noch immer drauf und dran wieder aufzulegen. „Hab ich dich geweckt?", wiederholte ich meine Frage und begann immer schneller zu atmen. „Ein Glück hast du das. Ich wollte nur ein Powernap machen und hab laut meinem Wecker drei Stunden geschlafen.", gestand meine beste Freundin und ich atmete tief durch. „Womit hab ich also diesen Anruf verdient?", erkundigte sich Hannah und ich hörte wie eine Decke im Hintergrund raschelte. „Marie hat vorgeschlagen dass ich mit dir ein Geburstagsoutfitt shoppen sollte. Vielleicht können wir Jule mitnehmen.", informierte ich sie und sah zu meiner Zimmertür in der Paul gerade auftauchte. „Gute Idee. Am besten nehmen wir die Jungs mit. Dann haben wir jemanden zum Tütenschleppen.", lachte Hannah und ich kicherte leise. „Ich klär das mit den anderen und melde mich dann wieder, ja?", schlug meine beste Freundin vor und legte auf als ich zustimmte.

„Will ich wissen warum du gerade gekichert hast?", fragte Paul und legte sich neben mich ins Bett. „Ich glaube nicht.", erwiderte ich und ließ mich auf die Matratze sinken. „Okay, jetzt bin ich erst recht neugierig.", murmelte mein Freund und hob seinen Arm damit ich mich an ihn kuscheln konnte. „Seid ihr Polizisten nicht immer neugierig?", scherzte ich als ich meinen Kopf auf seine Brust legte. „Aber gerade bin ich nicht Polizist.", brummte Paul und legte seinen Arm um mich.
Da ich schwieg drückte mich Paul noch mehr an sich. Da ich ahnte was ihm durch den Kopf ging stützte ich mein Kinn auf seiner Brust ab um ihm ins Gesicht sehen zu können. „Das ist aber keine Apfel Situation. Eher eine Scherz-mit-der-besten-Freundin-Situation.", versicherte ich ihm und Paul atmete erleichtert aus.
Ohne das ich es wollte stiegen mir die Tränen in die Augen. „Schatz?", besorgt sah mich mein Freund an und wischte mit seinen Fingerspitzen die Tränen weg. Da ich keinen Ton rausbekam drückte ich meinen Kopf in seine Brust und krallte mich in sein Shirt. „Bitte sag mir was dich so bedrückt.", bat Paul leise und strich tröstend über meinen Rücken.
„Kein... Vertrauen... zerstört... meine Schuld...", japste ich und versuchte mich noch enger an ihn zu klammern da ich mit einem mal panische Angst er würde mich verlassen. Paul schwieg ein paar Minuten und drehte uns dann so dass ich auf dem Rücken lag und er über mir war. Vorsichtig aber bestimmt drückte er mich von sich weg: „Glaubst du ich hab kein Vertrauen mehr in dich?". Mein Schweigen reichte ihm wohl als Antwort denn seine Gesichtszüge wurden weich. „Mila. Mein Herz. Wie ich dir damals schon sagte werde ich dir immer vertrauen. Daran wird auch nichts so schnell was ändern.", versuchte mir Paul klar zu machen aber ich schüttelte meinen Kopf. „Ich hab euch angelogen.", widersprach ich ihm nun auch verbal und hatte das Gefühl als würde mein Herz zerreißen.
„Mila Fuchs.", die Stimme meines Freundes klang ernst und zeitgleich liebevoll. „Ich.", er hauchte mir einen Kuss auf die rechte Wange. „Vertraue.", nun küsste er meine linke Wange. „Dir.", den nächsten sanften Kuss bekam meine Nasenspitze. „Und vor allem liebe ich dich.", Pauls Lippen pressten sich auf meine und es war als würde er die schlechten Gedanken aus mir heraus küssen wollen. Unsere Zungen stupsten immer wieder sanft gegeneinander während unsere Hände über den Körper des anderen strichen.
Wir lösten uns erst als wir meinen Vater nach uns rufen hörten.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt