„Aber ich bin eine Straftäterin!"

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Die beiden Polizisten mussten ahnen dass ich direkt fliehen wollte, wenn wir auf den Parkplatz der Wache hielten, daher hielt Paul mein Handgelenk solange umklammert bis Stephan meine Tür öffnete und mir seine Hand hinhielt. „Ich schaff das schon.", zischte ich dem hochgewachsenen Beamten zu der anfing zu lachen. „Klar. Aber auf die extra Sporteinheit verzichte ich gerne.", scherzte Stephan und packte mich an der Schulter bis Paul wieder an meiner Seite war und meine Hand ergriff. Je näher wir der Eingangstür der Wache kamen, desto näher trat ich an Paul heran der mich nur beruhigend anlächelte. „Wir Polizisten sind die Guten. Und meine Kollegen hier auf der Wache sind die Besten. Die haben sich schon Sorgen um dich gemacht.", raunte er mir zu und schob mich beinahe in die Wache hinein.
„Richter. Sindera. Habt ihr die Kleine endlich geschnappt?", ein älterer Mann kam auf uns drei hin und hielt mir seine Hand hin. „Lach ruhig Klaus. Aber dir wäre sie selbst entwischt wenn sie zwei gebrochene Beine hätte.", neckte Stephan den Mann und fuhr sich durch die Haare.
„Sie an, die kleine Flitzern.", ein weiterer uniformierter Mann kam in den Flur und ich begann immer schneller zu atmen. „Ganz ruhig. Ich bin da und niemand tut dir hier was.", sprach Paul beruhigend auf mich ein. „Vielleicht solltet ihr sie in euer Büro bringen.", den andern Polizisten schienen meine Panik nicht entgangen zu sein, denn sie wichen ein paar Meter zurück. „Das ist eine gute Idee. Ich schau mal ob ich was zu essen in der Küche finde.", stimmte Stephan zu und eilte schon los. „Dann komm.", mit sanften Druck brachte mich Paul in einen Raum in dem zwei Schreibtische nebeneinander standen auf denen sich eine Menge Akten türmten. Außerdem befand sich ein hoher Schrank im Raum in dem ich eine Menge Aktenordner entdecken konnte.

„Willst du uns denn gar nichts von dir erzählen?", kam es von Paul der sich, während ich mich im Raum umgesehen hatte, auf einen der Bürostühle gesetzt hatte. „Es gibt nichts zu erzählen.", wiegelte ich ab und stellte mich an die Fensterfront im Raum. „Es gibt immer etwas zu erzählen. Zum Beispiel, wie alt bist du? Wo wohnst du? Was machst du sonst so, außer von der Polizei abzuhauen?", zählte Paul auf und ich wusste direkt was er vor hatte. „Auf Ihre kleinen Spiele falle ich nicht rein. Ich muss Ihnen gar nichts sagen.", ich sah ihm eiskalt in die Augen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Kleine. Ich will dir nichts böses, versteh das endlich.", Paul stand auf und kam um seinen Tisch herum. „Polizisten wollen nur das Böse.", antwortete ich schneller als ich denken konnte. „Wer sagt dir denn so was?", überrascht von dieser Aussage blieb der Polizist stehen. „Meine Mutter.", nuschelte ich und vermied den Blickkontakt zu Paul. „Dann hat dich deine Mutter belogen. Denn wenn ich dir nur was Böses wollte, säst du schon längst in einer Zelle. Ich sehe dir doch an dass es dir nicht gut geht. Lass mich dir helfen.", langsam, Zentimeter für Zentimeter, kam Paul näher und hielt mit seine Arme hin.
„Aber...", begann ich stammelnd verstummte aber als ich in Pauls Augen sah. In ihnen lag so viel Sorge dass ich nicht anders konnte als mich in seine Arme zu werfen und hemmungslos anfing zu weinen.
„Es wird schon alles werden.", sprach Paul beruhigen auf mich ein während er mich einfach nur festhielt. Ich war hin und her gerissen. Auf der einen Seite wollte ich abhauen, fliehen, einfach nur weg weil man mir seitdem ich denken kann beigebracht hatte niemanden zu vertrauen – erst recht keinem Polizisten. Auf der anderen Seite wollte ich Pauls Arme nie verlassen. Seine Nähe, seine Stimme, seine Fürsorge tat mir gut.
„Störe ich?", hörte ich Stephan leise fragen und versteifte mich in Pauls Armen. „Etwas.", brummte Paul in seine Richtung aber ich schüttelte meinen Kopf und löste mich von dem Polizisten. „Ich hab Pommes Currywurst vom Imbiss gegenüber geholt. Hoffe du magst das. Martin war so lieb und hat auf seinen Schokoriegel verzichtet.", erklärte Stephan und hielt eine Lieferserviceverpackung sowie einen Schokoriegel hoch. „Ich hab aber...", fing ich an aber Stephan fiel mir direkt ins Wort. „Du isst das jetzt. Und bist natürlich eingeladen, Trouble.". „Was heißt das überhaupt?", wollte ich wissen als ich mich auf einen der Stühle vor den Schreibtischen setzte. „Wörtlich übersetzt heißt es Problem.", antwortete Paul und setzte sich auf seinen Bürostuhl. Erschrocken sah ich Stephan an der das Essen und den Schokoriegel vor mir abstellte. „Aber ich meine es liebevoll. Immerhin hast du uns in den letzten Stunden auf Trapp gehalten. Mir ist schon lange keiner entwischt.", verteidigte sich der hochgewachsen Polizist direkt und setzte sich dann ebenfalls auf seinen Bürostuhl.
Unschlüssig sah ich auf die Verpackung vor mir und merkte direkt wie mir das Wasser im Mund zusammen lief. Wie oft hatte ich meine Mutter angefleht das ich was von ihren Pommes abbekam wenn sie sich mit Holger wieder was bestellte. Aber jedes Mal hat sie hysterisch gelacht und gemeint das Unfälle wie ich nichts zu essen brauchte. Selbst wenn ich für die Familie gekocht hatte, durfte ich nichts essen geschweige denn probieren. Für mich gab es immer trockenes Brot und harter Käse.
„Los iss schon, sonst füttere ich dich.", lachte Paul, also öffnete ich die Box und stopfte mir direkt drei Pommes in den Mund. „Wann war das letzte mal dass du was gegessen hast?", harkte Paul nach und schieb mir eine Wasserflasche zu. „Gestern.", antwortete ich mit vollem Mund und pikste ein Stück Wurst mit dem Holzstab auf. „Ah der Apfel.", schlussfolgerte Stephan und ich hielt mitten in der Bewegung inne. „Keine Sorge. Wir haben den Apfel bezahlt. Außerdem wäre dir sowieso nichts passiert. Der Apfel hat nicht mal 2€ gekostet.", beruhigte mich Paul aber ich schüttelte meinen Kopf. „Kleine denk nicht mal dran abzuhauen. Hier wimmelt es vor Polizeibeamten, die sofort reagieren wenn jemand aus der Wache abhauen will.", schien der Polizist vor mir zu ahnen, dass ich abhauen wollte. „Aber ich bin eine Straftäterin!", brüllte ich ihm entgegen, sprang auf und lief aus dem Büro.
„Was ist den hier los?", ein mir noch unbekannter Polizist kam auf einem Büro geeilt und stellte sich mir in den Weg. „Halt sie fest!", hörte ich Paul rufen und im selben Augenblick griff mich der Mann an meinen beiden Oberarmen und sah mich mit seinen eisblauen Augen durchdringend an.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt