„Dich schickt der Himmel."

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„Er geht im Kopf gerade all die durch, die seiner Meinung nach was gegen ihn haben könnten und somit Mila was antun wollen. Lasst ihn einfach.", erklärte Marie das Verhalten ihres Mannes und strich Martin über das Knie, was er gar nicht zu bemerken schien. Unsicher biss ich mir auf meine Unterlippe, war nur Paul auffiel, da Marie gerade die Nachrichtensendung im Tv verfolgte. „Alles gut?", hauchte mir mein Freund ins Ohr und mein Blick schnellte in seine Augen.
„Das Kakaopulver ist im Schrank neben der Spüle. Die Tassen über der Spüle. Hab glaub ich sogar Sprühsahne im Schrank. Soll ich mitkommen?", antwortete Paul ohne dass ich ihn fragen musste, fasst als würde er meine Gedanken lesen. Strahlend schüttelte ich meinen Kopf, eilte in die Küche und schloss die Tür direkt hinter mir.
Dank der Beschreibung fand ich schnell die nötigen Sachen und entschied mich dafür auch für Marie, Paul und mich eine heiße Schokolade zu machen. Ich hatte wirklich Spaß und erwischte mich dabei, wie ich zu einem Song in meinem Kopf vor dem Herd tanzte und dabei die Milch beim kochen beobachtete. Kaum war die Milch aufgekocht mischte ich das Kakaopulver unter, ließ es noch mal aufkochen und gab die Flüssigkeit in die vier Tassen. Im letzten Augenblick entschied ich mich auch dafür die Sahne bereits in die Tassen zu geben und entdeckte beim Zurückstellen des Kakaopulvers auch ein paar Streusel mit denen ich die Sahne verzierte.
Dank des regelmäßigen bekochen von Olga, Hubert und Franziska war ich geübt darin vier Tassen gleichzeitig zu tragen und schaffte es so auch die Küchentür zu öffnen. Direkt fielen die Blicke meines Freundes und meiner Stiefmutter auf mich. Wissend lächelte mich Marie an und nahm mir eine der Tassen ab, Paul ebenfalls.
Erst als ich mir der dritten Tasse vor der Nase meines Vaters hin und her schwenkte kam Leben in ihn. „Dich schickt der Himmel.", entfuhr es ihm Martin als er gierig nach der Tasse griff und direkt den ersten Schluck nahm. „Hmmm... tut das gut.", seufzte der Hauptkommissar und lehnte sich mit geschlossenen Augen zurück. „Merkt man.", presste Paul zwischen seinen Lippen hervor und versuchte nicht zu lachen. „Was ist Richter? Es ist zwar deine Wohnung, aber dennoch bin ich der Vater deiner...", forderte Martin und richtete sich wieder auf. „Komm her.", unterbrach Marie ihren Mann, griff an sein Kinn und drehte es zu sich. Überrascht sah er sie an und riss seine Augen auf als sie ihm einen Kuss auf die Nase gab. „Lass mich raten, Sahne?", schmunzelte er und lachte leise auf als Marie sich mit ihrer Zunge über die Lippen fuhr.
Gemeinsam saßen wir beisammen, tranken die heiße Schokolade und sahen uns einen Komödie an. „Nehmt es mir nicht übel, aber ich würde gerne schlafen gehen.", unsicher sah ich zu Paul der mich sanft anlächelte. „Leg dich schon mal in mein Bett. Ich hole eben das Bettzeug für deine Eltern.", erklärte er und löste sich von mir. „Denkt dran, uns trennt gleich nur eine Wand, Richter. Ich höre alles.", drohte mein Vater seinem Kollegen spielerisch als die beiden in einen anderen Raum gingen um das Bettzeug zu holen. Sofort stieg mir die Schamröte ins Gesicht, was Marie zum Lachen brachte. „Geh ruhig schon in Pauls Schlafzimmer, sonst will dein Vater mit dir noch über Kondome und Kinder reden.", raunte mir meine Stiefmutter und ich ich eilte direkt los, denn wenn ich auf eines keine Lust hatte, dann dass ich mit meinem Vater über Sex reden sollte.

Unschlüssig sah ich mich in Pauls Schlafzimmer um und hatte das Gefühl in sein Privatestes einzudringen. Daher stellte ich mich an die Wand, direkt neben der Tür und schloss meine Augen. Auch wenn ich neugierig war, wie Paul lebte und schlief, fühlte es sich einfach falsch an, zum ersten Mal alleine hier drin zu sein. Selbst damals, nachdem er sich mit Marcel geprügelt hatte, schliefen wir auf dem Sofa ein. Durch die geschlossene Tür konnte ich die drei sich noch unterhalten hören und dann wurde es still. Erst nach guten zehn Minuten wurde die Tür geöffnet und Pauls leises Lachen war zu hören. „Was wird das wenn es fertig ist?", wollte er wissen und ich spürte wie er sich vor mich stellte. „Ich wollte nicht dass du denkst dass ich neugierig bin. Immerhin bin ich hier das erste mal drin und dann auch noch ohne dich. Vor allem sind meine Eltern nebenan und denken jetzt weiß Gott von mir. Und jetzt bin ich ohne dir was zu sagen einfach hier rein...", plapperte ich drauf los und ließ meine Augen dabei noch immer geschlossen.
„Mila, es ist alles gut. Klar, hätte ich heute morgen gewusst dass du heute hier schläfst, dann hätte ich aufgeräumt. Aber ich hab keine Geheimnisse vor dir.", versicherte mir der Oberkommissar und hauchte mir einen Kuss auf die Lippen. Unsicher öffnete ich meine Augen und sah geradewegs in die strahlenden Augen meines Freundes. „Komm, ich zeig dir alles.", erklärte er und griff nach meiner Hand. „Naja, das Bett und die Nachttische muss ich dir nicht erklären. Das ist mein Kleiderschrank, daran darfst du dich gerne bedienen", er wies zuerst auf das große Bett und dann auf den noch größeren Kleiderschrank, „da vorne stand bis vor kurzem der Tv aus dem Wohnzimmer, aber nachdem mein Mitbewohner ausgezogen ist, hab ich mich in der Wohnung breit gemacht. Und das hier ist mein größter Schatz, das darfst du den Kollegen auf der Wache aber nicht erzählen.". Mit diesen Worten fasste Paul mich an der Hüfte und drehte mich zu einem unscheinbaren Brett das neben dem Kleiderschrank stand. Zu mindestens dachte ich es sei ein Brett, aber Paul drückte darauf und das Brett entpuppte sich als Tür die auf schwenkte und so den Blick auf den in die Wand eingelassenen Schrank frei gab. „Wie cool ist das denn?", entfuhr es mir als ich wie ferngesteuert auf den Schrank zuging und die unzähligen Bücher sah.
„Ich sag ja, du darfst den Kollegen nichts erzählen. Nicht mal Stephan weiß davon.", hauchte mir mein Freund ins Ohr als er sich wieder hinter mich stellte. „Colleen Hoover. Nur noch ein einziges Mal.", lass ich von einem der unzähligen Buchrücken ab. „Das ist ein Buch, dass du vielleicht irgendwann mal lesen kannst, aber gerade ist es zu früh. Vielleicht das hier.", schlug Paul vor und zog zielsicher ein Buch heraus. „Die Märchen von den Gebrüdern Grimm.", lass ich vor und runzelte meine Stirn. „Ich weiß, ein ziemlich dickes Buch. Aber das sind die Märchen die Eltern ihren Kindern vorlesen.", erklärte Paul und stich mir über den Rücken. „Papa soll mir das vorlesen?", kaum hatte ich das laut ausgesprochen wurde mir bewusst was Paul damit meinte und schlug mir mit dem Buch gegen die Stirn.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt