„Ich bin so froh dass euch nichts passiert ist."

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Dort wo Marie noch vor wenigen Sekunden stand, lag jetzt ein großer Stein. „Alles gut bei euch?", Robert trat neben uns und ich löste mich schwer atmend von Marie. „Du hast mir ein zweites Mal mein Leben gerettet.", haute meine Stiefmutter und starrte auf den Stein auf dem Küchenfußboden. „Ein zweites Mal?", überrascht sah mich der Therapeut an aber ich antwortete ihm nicht, sondern griff nach dem Haustelefon dass auf der Küchenzeile neben uns lag. Mit zittrigen Fingern tippte ich die Büronummer von Paul ins Telefon und hielt es mir ans Ohr.
Zum Glück war mein Freund direkt am Apparat. „Hallo Marie. Wolltest du mich erreichen oder Martin? Ist was mit Mila?", wollte er direkt wissen und ich atmete erleichtert durch. „Sie waren hier. Stein durchs Fenster. Unverletzt.", erklärte ich ihm knapp und hörte wie er aufsprang. „Bleibt ruhig und fasst nichts an. Wir sind in 5 Minuten da.", wies er mich an und legte auf.
„Ich nehme an dass du die Polizei gerufen hast?", Robert trat an meine Seite und nahm mir das Telefon ab. „Paul. Er kommt gleich. Mit Papa.", antwortete ich und schloss meine Augen. „Atmen Mila.", wies mich der Therapeut an, wohl wissend dass ich kurz vor einer Panikattacke stand. „Bin ruhig.", brummend ging ich rückwärts bis ich mit dem Rücken an die Wand stieß und ließ mich daran runter rutschen.
Als ich die Sirenen näher kommen hörte sah ich mich wieder auf dem Hochhaus stehen, aber die Bilder verschwanden schnell als ich Pauls durch das kaputte Fenster hören konnte, wie er seine Kollegen anwies alles zu dokumentieren, jedes noch so kleines Detail. „Marie? Mila?", die Stimme meines Vaters hallte durchs Haus und seine Schritte kamen näher. „Wir sind in der Küche!", rief Marie und zwei Sekunden später stand Martin in der Küchentür. „Geht es euch gut?", wollte er direkt wissen und ich hörte wie seine Schritte noch näher kamen. „Mir geht es gut.", erwiderte meine Stiefmutter und ich hörte den Schock in ihrer Stimme. „Mila?", da ich die Blicke auf mir spürte hob ich meine Rechte Hand und hielt den Daumen hoch. „Sie hat das Auto gesehen und ist dann runter gelaufen.", informierte Robert meinen Vater und ich zuckte zusammen da ich ihn in der kurzen Zeit komplett vergessen hatte.
„Familie Fuchs? Ich muss Sie alle bitten im Nebenraum zu warten.", als ich die Stimme einer Frau hörte schoß mein Kopf in die Höhe. „Ich gehöre nicht zur Familie. Ich bin nur ein Freund.", korrigierte Robert die Frau und ich griff an das Hosenbein meines Vaters. „Das ist Charly. Die Leiterin unserer KTU. Du kennst sie bereits.", erklärte Martin und hockte sich neben mich hin. „Charly.", wiederholte ich den Namen leise und musterte die fremde Frau ganz genau. Es dauerte etwas aber dann erinnerte ich mich wieder an unser erstes Treffen. „Schön dich wieder zu sehen, Mila.", Charly lächelte mich an und stellte den Metallkoffer in ihren Händen auf dem Küchentisch ab. „Danke. Geht mir ähnlich.", gab ich zurück und stand umständlich auf. „Wir sind im Wohnzimmer, falls du Fragen haben solltest.", Martin stand ebenfalls auf und wartete ab bis Marie und ich über den Stein gestiegen waren bevor er und Robert uns folgten.

„Mila hat das Auto gesehen?", ging der Hauptkommissar auf das ein was Robert in der Küche gesagt hatte. „Ja. Das Auto von Olga hielt vor dem Haus. Zwei Menschen stiegen aus. Eine war Olga. Bin in die Küche gelaufen. Zu Marie.", erzählte ich ihm abgehackt und starrte geradeaus. „Ich hab mich total erschrocken als Mila auf mal in die Küche kam. Wir sind ein paar Meter nach hinten gestolpert und auf mal flog der Stein durch das Fenster.", fügte meine Stiefmutter hinzu und ließ sich neben mich auf das Sofa fallen. „Entschuldigt die Nachfrage, Frau Fuchs Sie haben sowas erwähnt wie dass Mila ihnen zum zweiten Mal das Leben gerettet hat. Was war denn das erste Mal?", Robert setzte sich auf einen Sessel und ließ seinen Blick zwischen mir und Marie hin und her wandern. Da meiner Stiefmutter direkt die Tränen über die Wange liefen setzte sich Martin zwischen uns und legte ihr einen Arm um die Schulter. „Als ich angeschossen wurde hab ich erst Marie zur Seite gestoßen. Beim zweiten Schuss Paul. Danach lag ich im Koma. Kurz danach hab ich dich kennen gelernt.", beantwortete ich die Frage meines Therapeuten und lehnte mich müde an den uniformierten Oberarm meines Vaters. Sofort schlang er auch mir einen Arm um die Schulter und zog mich zu sich. „Ich glaube das reicht für heute. Morgen komme ich erst am Nachmittag. Vielleicht können wir dann über die Schüsse reden. Zu fünft.", schlug Robert vor und ging, nachdem wir genickt hatten, aus dem Raum.
„Ich bin so froh dass euch nichts passiert ist.", brummte Martin in meinen Haaransatz als Paul in das Wohnzimmer kam. „Wäre die Situation nicht so mies, könnte man das Motiv als Weihachskarte nehmen.", scherzte der Oberkommissar und hielt trotzdem sein Handy in unsere Richtung. Einen kurzen Augenblick hatte ich einen Flashback zu Huberts Misshandlungen aber als ich spürte wie mein Vater seinen Arm von meiner Schulter zu meiner Hüfte rutschen ließ verschwanden die Bilder so schnell wie sie aufgetaucht waren.
„Martin. Paul.", Charly kam ins Wohnzimmer und wartete bis Paul sich auf einen der Sessel gesetzt hatte. „Um den Stein war dieser Zettel gewickelt.", sie hielt eine Tüte hoch in der ein verkitteter Zettel steckte. „Hättest du mal mal lieber die Beine breit gemacht. Jetzt fangen wir erst richtig an.", lass sie vor und ich ballte meine Fäuste. „Ich nehme mal an ihr habt eine Ahnung wer das gewesen sein könnte?", mutmaßte die Kriminaltechnische Mittarbeiterin mit einem Blick auf meine Fäuste. „Ja. Aber das ist etwas dass wir auf der Wache besprechen sollten.", antwortete Martin und atmete tief durch. „Darauf bin ich gespannt.", mit einem professionellen Lächeln drehte sich Charly um und ging wieder in die Küche. „Sie machen weiter?", hörte ich mich selber sagen und war überrascht wie klar und gut verständlich meine Stimme war. „Das tun sie. Aber wir geben nicht auf.", Paul sah mir in die Augen und ich spürte wie die Panik die in mir auskeimte langsam abebbte. „Nicht aufgeben.", wiederholte ich wie eine kaputte Schallplatte. „Wir werden sie schnappen Mila.", pflichtete Martin uns bei und strich mir über den Rücken.
„Die Kamera!", Marie sprang auf und starrte Martin an. „Was?", entgeistert sah mein Vater seine Frau an und sprang dann ebenfalls auf. „Die Kamera!", rief er und eilte mit ihr gemeinsam in den Flur.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt