„Mila, ich mach mir ernsthafte Sorgen um dich."

346 19 0
                                    


„Ich hab es ihrem Mann schon gesagt, es wird bestimmt nur der Kreislauf sein.", beruhigte Robert Marie als ich meine Augen öffnete. „Bin wach.", brummend setzte ich mich, auf dem Sofa auf dem ich mittlerweile lag, auf und sah mich verwirrt um. „Leg dich wieder hin.", befahl mein Vater den ich zuerst gar nicht gesehen hatte. Als ich mich nicht regte, baute er sich vor mir auf: „Mila Fuchs. Leg dich sofort wieder hin, bis Paul mit dem Essen da ist.".
Zähneknirschend legte ich mich wieder hin und sah Martin dabei bockig an. „Ich wünsche dir eine gute Besserung Mila. Morgen ist ja wieder die Gruppentherapie, aber übermorgen möchte ich mich weiter mit dir allein unterhalten, sofern dass in dein Sportprogramm passt.", scherzte Robert und ich warf ihm einen raschen Blick zu. „Die genaue Uhrzeit, für unsere Einzelstunde, teile ich dir morgen mit. Morgen würde ich so gegen zehn Uhr her kommen. Informieren Sie ihre Kollegen, Herr Fuchs?", wand sich der Therapeut bei meinem Vater und ließ sich von Marie zur Tür bringen als dieser zustimmend nickte.
„Wann hast du das letzte mal was gegessen?", wollte Martin wissen und ich zog eine Augenbraue hoch. „Geht's dir gut? Du saßt doch daneben als ich gegessen habe.", scherzte ich hoffnungsvoll aber der Blick meines Vaters blieb hart. „Ich hab zum Mittag Salat gegessen. Abend hatte ich keinen Hunger.", zählte ich auf und räusperte mich um mein Magenknurren zu übertönen. „Nicht zu vergessen die zehn Tassen schwarzen Kaffee.", fügte Martin hinzu und schob meine Beine näher an die Sofalehne um sich daneben setzten zu können.

Einige Minuten sah er ich einfach einfach nur an und ich konnte schon fast sehen wie er gedanklich versuchte die Puzzleteile zusammen zu setzten und aus meinem Verhalten schlau zu werden. „Du würdest mir es sagen, wenn dich was bedrückt oder? Oder wenn es dir nicht gut geht und du krank wirst?", hauchte er leise und ich nickte, obwohl ich ihm zu gerne die Wahrheit sagen wollte. Das mich Olgas Worte verfolgten. Das ich mich für meinen Körper schämte und ich krampfhaft versuchte Gewicht zu verlieren weil ich weder wollte das er sich für seine Tochter schämen musste noch das Paul mich irgendwann abstoßen fand.

„Das Essen ist da!", tönte es im Flur und ich versuchte mich aufzusetzen um dann mit zusammen gekniffenen Augen meinen Kopf wieder auf das Sofa zu legen. „Was ist?", es klang als wäre Martin näher ran gerutscht. „Mir ist übel.", diesmal sagte ich die Wahrheit. Ich hatte das Gefühl als würde mein Körper vibrieren, mein Magen Purzelbäume machen und mein Gehirn gleich explodieren. „Brauchst du einen Eimer?", wollte mein Vater wissen und ich spürte seine flache Hand an meiner Stirn. „Eher den Revolver.", stöhnte ich und versuchte tief durchzuatmen.
„Mila!", rief Marie schockiert und ich setzte mich erschrocken auf. „Tut mir leid Marie. So meinte ich es nicht.", beruhigte ich sie und lehnte meine Stirn dann an Martins Schulter. „Das sieht nach einer Koffein Überdosis aus. Das kenn ich aus meiner Uni-Zeiten.", diagnostizierte meine Stiefmutter und ich hörte wie sie den Raum verließ. „Soll ich Oli rufen?", schlug Paul vor und ich fühlte wie er sich hinter mich auf das Sofa setzte und mir über den Rücken strich.

„Du hältst das.", scheinbar war Marie wieder gekommen, denn jemand drückte mich nach hinten an Paul. „Und du trinkst das.", Marie ergriff meine linke Hand und drückte eine Wasserflasche rein. Ich öffnete meine Augen und sah Marie gequält an. „Oh doch. Du trinkst das. Keine Wiederworte. Zur Not drücke ich dir die Flasche eigenhändig in den Mund.", stellte meine Stiefmutter klar und wollte schon nach der Flasche greifen, als ich die mir selber an den Mund hielt. Schon nach den ersten paar Schlucken musste ich würgen und wollte in Bad eilen, Marie hielt mich aber auf und wies auf den Eimer in den Händen meines Vaters.
„Du stehst erst auf, wenn die Flasche leer ist. Und dann schaue ich erstmal wie es dir geht.", entschied meine Stiefmutter als ich meinen Kopf in den Einer steckte und mich erbrach. Ich weiß nicht wie lange es dauerte aber mit der Zeit musste ich nur noch würgen wenn ich das Wasser trank. „Ich bring den Eimer weg.", murmelte mein Vater der mittlerweile weiß wie eine Wand war. „Warte noch. Das war die erste von zwei Flaschen.", brummte Marie und hielt mir die nächste hin. „Muss ich? Ich bin müde.", flehte ich meine Stiefmutter an und lehnte mich wieder an Paul. „Ja.", antwortete Marie knapp und hielt mir die Flaschenöffnung an die Lippen. Ich schaffte es die halbe Flasche zu trinken bis ich die Flasche weg schob und Marie mit Tränen in den Augen um eine Pause bat.
„Na gut. Aber du bleibst auf dem Sofa. Ich mach dir gleich was Magenschonendes.", gab sie klein bei und nahm ihrem Mann den Eimer ab. „Mila, ich mach mir ernsthafte Sorgen um dich.", brummte mein Vater und strich mir eine Schweißnasse Haarsträhne aus dem Gesicht. „Mir geht es gut. Bin nur gerade müde.", versuchte ich ihn zu beruhigen, schaffte damit aber das Gegenteil. „Fuchs. Ich hab die Privatnummer von Oli. Rufen wir ihn an.", entschied Paul und ignorierte meinen Widerspruch. Während mein Vater vor dem Couchtisch hin und her lief und dem befreundeten Arzt meine Lage schilderte strich Paul mir immer wieder über den Hinterkopf. „Mila, Oli kommt gleich vorbei um sicher zu gehen dass es dir gut geht.", mein Vater hockte sich neben mir hin und griff nach meinem Handgelenk. „Mir geht es gut.", nuschelte ich und hatte das Gefühl als würde sich das ganze Wohnzimmer um mich herum drehen. „Verzeih mir die Wortwahl, aber du siehst scheiße aus.", widersprach Martin und sah zu Paul, der noch immer hinter mir saß und mich stützte. „Vergiss es Fuchs. Für mich sieht sie immer gut aus. Aber ich weiß auch dass du uns gerade anlügst, Mila.", erklärte mein Freund und drückte mir einen Kuss aus den Hinterkopf.
„Lüge nicht. Hab halt wie Mama sagt wohl nur einen Kaffee zu viel gehabt. Kein Grund das große Drama zu erwarten.", bat ich und merkte wie ich immer müder wurde. „Auch deswegen sollte mal eigentlich einen Rettungswagen rufen.", brummte Marie die wieder in den Raum kam und eine Schale mit Suppe auf den Couchtisch stelle.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt