„Na meine Goldstücke? Habt ihr euch entschieden?"

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„Du bist dir sicher dass du nur den einen Fotorahmen willst?", ungläubig sah Stephan mich an und ich nickte. Denn dieser Fotorahmen kostete genau fünfzig Cent und war das günstigste das ich im ganzen Laden finden konnte. „Trouble, du weißt das ich Polizist bin, oder?", harkte Stephan nach und nahm mir den Rahmen aus der Hand. „Ja, weißt du das auch noch?", antwortete ich neckend und warf einen raschen Blick zu Paul der in ein paar Meter Entfernung sich die Bastelsachen ansah. „Du wirst immer frecher.", brummte Stephan und ich sah ihn erschrocken an. „Das gefällt mir.", beruhigte mich der Oberkommissar und streckte mir seine Zunge raus. „Gott Stephan. Kann ich dich nicht mal fünf Minuten allein lassen?", rief uns Paul zu und ich presste meine Lippen aufeinander um nicht laut zu lachen. „Ich hab doch nicht mal was gemacht. Mila war das!", rief Stephan seinem Kollegen zu und ich sah Paul wie die Unschuld vom Lande an. „Ist klar.", kopfschüttelnd kam Paul auf uns zu und legte drei große Leinwände in den Einkaufswagen neben mir. „Du glaubst ihr mehr als mir, deinem langjährigen besten Freund?", geschockt griff sich Stephan an die Brust was Paul und mich zum lachen brachte. „Das merke ich mir Richter.", mit zu schlitzen verengten Augen sah der große Oberkommissar seinen kleineren Kollegen an aber konnte das Lächeln nicht lange unterdrücken.

Obwohl ich mich dagegen wehrte fanden immer mehr Sachen ihren Weg in den Einkaufswagen, sodass wir nicht nur mit einer Menge Dekorationsartikeln den 1€-Laden verließen, sondern auch mit einer Menge Bastelsachen. „Ich wusste gar nicht das du malst.", raunte ich Paul zu während Stephan die Tüte in seinen Kofferraum stellte. „Die Sachen sind auch nicht für mich.", erwiderte Paul und mein Blick schnellte zu Stephan. „Nein, für ihn auch nicht. Die sind für dich.", erklärte der Oberkommissar und tippte gegen meine Nasenspitze. „Aber ich hab doch noch nie gemalt.", erinnerte ich ihn und hatte direkt ein schlechtes Gewissen dass er Geld für mich ausgegeben hatte. „Dann ist es an der Zeit das du es ausprobierst.", mit einem breiten Lächeln auf den Lippen griff Paul meine Hand und zog mich mit sich, denn auf dem Plan standen noch zwei Läden unter anderm eine Buchhandlung.
Zu erst gingen wir in einen Elektrofachmarkt in dem Stephan gleich hinter ein paar ein paar Regalen verschwand. „Was schaust du denn gerne für Filme?", wollte Paul von mir wissen, als wir an dem Pappaufsteller des neusten Hollywoodfilms vorbeikamen. „Ich hab mal einen Teil von einem Film mitbekommen, weil meine Mutter betrunken auf dem Sofa eingeschlafen war und mich nicht gehört hat. Darin ging es um einen Mann der mit einer Fernbedienung sein Leben fernsteuern konnte. Leider kam Hubert vor dem Ende des Filmes wieder, sodass ich nicht weiß wie der ausging.", erzählte ich dem Oberkommissar und wich zwei kleinen Kindern aus die sich durch den Laden jagten. „Das klingt nach Klick. Ich hab die DVD zuhause. Wenn du willst, können wir uns den gemeinsam ansehen, damit du endlich das Ende kennst.", schlug Paul vor und legte mir seinen Arm um die Hüfte. „Das würde ich gerne.", antwortete ich und sah Paul lächelnd an. „Paul? Ich könnte mal deine Hilfe gebrauchen!", hörten wir Stephan rufen und irgendwas in seiner Stimme brachte Paul dazu mich direkt loszulassen und seinem Freund zur Hilfe zu eilen.
Als ich ihm neugierig hinterher ging, entdeckte ich in einigen Metern Entfernung meine Mutter und Franziska, wie sie sich die neuste Spielekonsole ansahen. „Na meine Goldstücke? Habt ihr euch entschieden?", Huberts Stimme dröhnte durch den gesamten Laden und kroch in jede Pore meines Körpers. „Noch nicht Papi. Ich kann mich einfach nicht für eine Farbe entscheiden.", quietschte meine Halbschwester und klimperte meinen Stiefvater mit ihren aufgefüllten Wimpern an. So schnell ich konnte, ohne noch einmal an Paul oder Stephan zu denken, lief ich aus dem Laden und direkt auf den Ausgang des Einkaufszentrum zu. Immer weiter lief ich und ignorierte die Blicke die mir die andere Leute zuwarfen. Wie hoch war die Chance das ich ausgerechnet auf die drei traf? Wollte mir das Universum was damit sagen? Sollte ich mich nicht zu sehr freuen? Meine Gedanken rasten und ich versuchte noch schneller zu laufen um nicht nur meiner gewalttätigen Familie sonder auch meinen Gedanken davon zu laufen.
Erst als ich in einem andern Stadtteil ankam traute ich mich stehen zu bleiben. „Verdammt Paul.", fluchte ich als ich einen Streifenwagen an mir vorbeirasen sah und schämte mich direkt für meine überstürzte Flucht. „Er muss mich hassen.", malte ich mir direkt das schlimmste aus und ließ mich an eine Hausmauer sinken. Völlig von mir enttäuscht und in der Angst das ich Pauls Vertrauen nun endgültig verloren hatte ließ ich den Tränen freien Lauf und vergrub mein Gesicht in meine, an die Brust gezogene, Knie.

„Bist du nicht die Kleine Fuchs?", hörte ich jemanden sagen und hob erschrocken meinen Kopf. „Ich wollte dich nicht erschrecken.", entfuhr es dem Beamte, der mich nach Franziskas falscher Verdächtigung festnehmen hatten wollen. „Was ist denn los?", erkundigte sich der junge Mann und setze sich neben mich. „Ich mach uns mal einen Einsatz wegen einer Hilo auf.", erklärte der glatzköpfige Polizist, ging ein paar Schritte weiter und zog dabei ein Funkgerät aus seiner Uniform. „Ich bin übrigens der Robin und das der Michael.", stellte sich der junge Mann neben mir vor und hielt mir ein Taschentuch hin. „Danke. Ich bin Mila.", stellte ich mich auch vor bevor ich mir geräuschvoll die Nase putzte. „Willst du mir nicht sagen was los ist?", versuchte er mich erneut zum reden zu bringen aber ich schüttelte meinen Kopf. „Komm schon, nichts kann so schlimm sein, man an so einem schönen Tag auf dem Gehweg sitzt und sich die Augen aus dem Kopf heult.", wand Robin ein und ich lachte leise auf. Da er meine Geschichte nicht kannte, interpretierte er mein Lachen falsch und fügte „Siehst du? Du kannst schon wieder lachen, ich bin mir sicher mein Kollege und ich können dir helfen. Oder sollen wir deinen Vater informieren?". Panisch schüttelte ich meinen Kopf und sprang auf. „Was ist los?", besorgt kam Robins Kollege näher und wollte eingreifen, Robin hielt aber seinen Arm vor ihn und hielt ihn so davon ab mir zu nahe zu kommen.
„Komm schon Mila, ich sehe doch das dich was bedrückt, warum sagst du uns nicht was los ist?", blieb Robin hartnäckig und ich nickte, wohl wissend dass die beiden mich nicht eher gehen lassen würden.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt