„Hab ich einen Feiertag verpasst?"

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Drei Stunden später hörte ich wie jemand die Haustür öffnete. Paul hatte in der Zwischenzeit sogar einen Blumenstrauß für den Tisch um Wohnzimmer besorgt und ich war gerade fertig mit dem Essen geworden und hatte Zeit mich umzuziehen.
Schnell schloß ich die Küchentür und überprüfte ein letztes mal ob der Braten fertig war. „Was soll das heißen, ich darf nicht in die Küche?", hörte ich Martin fragen und atmete tief durch. „Setzt euch einfach ins Wohnzimmer. Tut Mila den Gefallen.", bat Paul meinen Vater und meine Stiefmutter, als ich den Salat aus dem Kühlschrank holte und auf die bereitgestellten Teller verteilte. Gerade als ich überlegte wie ich die vier Teller sicher in das Wohnzimmer bringen sollte, kam Paul in die Küche. „Bereit?", raunte er mir zu und stellte sich neben mich. „Ich bin so nervös.", murmelte ich und rieb mir meine Hände an meiner Jeans trocken. „Das musst du nicht. Das sieht absolut großartig aus.", schwärmte Paul und wollte sich was vom Salat stibitzen, ich schlug ihm aber auf die Finger. „Dann lass uns raus, bevor ich über die Teller her falle.", brummte Paul und griff zwei der vier Teller. „Okay...", nuschelte ich, nahm die restlichen beiden Teller und ging vor Paul in das Wohnzimmer.
„Da bist du ja.", Marie fing an zu strahlen als sie mich sah und riss die Augen auf als sie die Teller in meiner Hand sah, „Warte du hast gekocht?". „Hab ich einen Feiertag verpasst?", mein Vater sah mich mit einem ungläubigen Lächeln an, als ich einen Salat-Teller vor ihn stellte. „Nein, ich wollte euch einfach was gutes tun und euch danken.", erwiderte ich verlegen und stellte den zweiten Teller vor Marie ab. „Das musstest du doch nicht.", stellte Marie klar und ich schüttelte meinen Kopf. „Und wie ich das musste. Ich meine ich bin einfach in euer Leben geplatzt und ihr habt mich mit offenen Armen empfangen. Habt mir ein liebevolles Zuhause gegeben und noch so viel mehr. Da war es an der Zeit das ich euch was zurück gebe. Aber jetzt isst.", erklärte ich und setzte mich neben Paul. „Ich bin heute für die Getränke zuständig. Zur Auswahl steht ein edler Rotwein oder ein Kölsch. Was sollt ihr?", Paul stand auf und wies auf den Weinkühler der auf der Kommode neben dem Esstisch stand. „Ich nehme den Wein.", antwortete Marie und Martin nickte. Mit gekonnten Handgriffen entkorkte Paul die Weinflasche und goss den beiden etwas in ihre Weingläser. Für sich selber holte er ein Kölsch aus dem Kühlschrank und ich trank eine Cola.
„Meine Güte. Ich werde noch dick mit zwei so begabten Köchinnen im meinem Haus.", nuschelte Martin als er sich den ersten Bissen des Salates in den Mund steckte. „Jetzt übertreibst du.", lachte ich und spürte direkt wie ich rot wurde. „Dein Vater hat Recht. Du musst mir das Rezept von dem Salat verraten.", bekräftigte Marie das Lob meines Vaters und lächelte mich breit an.

Ich war zu nervös um viel zu essen, dafür aßen Marie, Martin und Paul ihre Teller komplett leer. „Gibt es noch was von dem Salat?", wollte mein Vater wissen und wirkte enttäuscht als ich seine Frage verneinte. „Aber das war nur der erste von drei Gängen.", verriet Paul und sofort schossen die Blicke von Martin und Marie zu mir. „Drei Gänge?", wiederholte meine Stiefmutter und ich stand auf. „Erwartet aber nicht zu viel.", bat ich als ich die Salat-Teller einsammelte und in die Küche ging.

Mir größter Sorgfalt richtete ich den Braten auf einem großen Porzellanteller an und gab die Ofenkartoffeln in eine gläserne Schüssel. Ich atmete noch mal tief durch, hob den Teller mit dem Braten und die Schale mit den Ofenkartoffeln hoch und ging damit in das Wohnzimmer. Sofort sprangen Paul und Martin auf um mir die Sachen abzunehmen. „Mila, der Braten sieht absolut großartig aus.", Paul leckte sich über die Lippen, als er den Teller in die Mitte des Tischen stellte. Ich presste meine Lippen aufeinander und begann schneller zu atmen, denn langsam überforderten mich die ganzen Lobeshymnen. „Was haltet ihr davon dass wir jetzt erst mal zu Ende essen und Mila dann loben? Sonst wird das Essen kalt.", schlug Marie vor und ich lächelte sie dankbar an.
Als auch der letzte Rest vom Braten und die letzte Ofenkartoffel aufgegessen war, sammelten Paul und ich das Geschirr ein und gingen wieder in die Küche. Während mein Freund die Spülmaschine einräumte, karamellisierte ich die Crème brûlée. Diesmal ging Paul vorher in das Wohnzimmer zurück und saß bereits am Esstisch als ich mit den vier kleinen Schälchen in das Wohnzimmer kam. „Du willst mir sagen dass die selber gemacht sind?", mit großen Augen sah mich Marie an, als ich ihr eine Crème brûlée reichte. „Wollten wir nicht bis zum Ende des Essens auf das Lob warten?", erinnerte Martin seine Frau und nahm sich ebenfalls eine der kleinen Schalen.
„Ganz ehrlich Mila, und das sage ich nicht nur weil ich dein Vater und damit so was von parteiisch bin, aber du könntest Köchin werden.", erklärte Martin und kratzte auch den letzten Rest auf dem Schälchen in seiner Hand. Ich wollte gerade widersprechen, aber Paul fiel mir ins Wort. „Da musst du jetzt durch. Du kannst nicht so ein Festmahl zaubern und dann erwarten dass wir dir nicht unsere Meinungen dazu sagen. Und bei Gott, ich werde nie wieder Maries Essen essen können.", fügte Paul hinzu und griff nach meiner Hand. „Und das kann ich voll und ganz verstehen.", gab meine Stiefmutter zu und nippte an ihrem Weinglas. Da Marie und Martin darauf bestanden den Tisch abzudecken da ich gekocht hatte, setzte ich mich auf das Sofa und schloss kurz meine Augen.

„Schatz. Ich bin verdammt stolz auf dich.", Paul ließ sich neben mich fallen und legte mir seinen Arm um die Schulter. „Warum? Ich hab doch nur gekocht.", wand ich ein und sah ihn an. „Nur gekocht? Das war das beste Essen das ich jemals gegessen habe. Und ich war schon in einem fünf Sterne Restaurant.", gestand Paul und drückte mir einen raschen Kuss auf die Lippen.

Zwei Stunden später saßen wir vier gemeinsam vor dem Fernseher und dösten immer wieder ein, als die Nachrichtensendung begann. „Guten Tag meine Damen und Herren. Heute im Program: Die neusten Bilder von Miley Cyrus und ihrem neuen Freund. Außerdem haben wir exklusiv die erste Bilder von Mila Fuchs, der Stieftochter von Kölner Bürgermeisterkandidat Hubert Maurer. Aber zuerst kommen wir zu der Pariser Fashionweek.", trällerte eine aufgetakelte Blondine und ich setzte mich ruckartig auf.
„Du hast mit der Presse geredet?", Martin sah mich überrascht an, aber bevor ich antworten konnte, berichtete Paul davon wie die Presseleute mir im Supermarkt aufgelauert hatten und erst verschwanden als er mit seinen Kollegen gedroht hatte. „Daran hab ich gar nicht gedacht. Logisch dass das Arschloch direkt die Presse auf seine Seite ziehen will.", zischte Marie und stellte den Fernseher lauter, als mein Gesicht groß auf dem Fernseher erschien. „Mila Fuchs ist die Stieftochter von Hubert Maurer der zur Zeit als Bürgermeister in Köln kandidiert. Die junge Frau hat Herr Maurer und seine Frau Olga Maurer wegen angeblichen jahrelangen psychischen und physischen Misshandlungen angezeigt.", war zu hören während das Video abgespielt wurde das wohl einer der beiden Männer gemacht hatte. Man sah deutlich die Panik in meinem Blick und wie ich erleichtert durchatmete als Paul sich vor mich stellte und seinen Dienstausweis hochhielt. „Leider verhinderte ein Polizeibeamter in Zivil dass wir eine Stellungsnahme von Mila Fuchs bekamen, aber wir versprechen Ihnen dass wir dran bleiben. Nun kommen wir zu Miley Cryus...", berichtete die Moderatorin und Marie stellte den Ton vom Fernseher aus.
Wir vier sahen uns einen Augenblick lang stumm an und dann begannen alle vier Handys zu klingeln.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt