„Ja, wenn du mich Trouble nennst, darf ich dir auch einen Spitznamen geben."

461 18 0
                                    


Heute ist mein letzter Arbeitstag in 2021. Ab 16 Uhr hab ich dann 3 Wochen frei :D
Falls ihr arbeitet: Habt ihr über die Feiertage frei?
An Schüler: Habt ihr schon Ferien?
________________________________________________________________

Es dauerte ganze vier Tage bis ich wieder gesund war und meine Aussage zu den Schüssen machen konnte, die mich für drei Wochen ins Koma geschickt hatten.
„Mich freut es zu sehen, dass du wieder gesund bist, Kindchen.", begrüßte mich Heidi als ich in Begleitung von meinem Vater in die Wache kam. „Hallo.", ich lächelte sie zaghaft an und blieb dicht neben Martin stehen. „Du weißt ja wieso du hier bist, ich würde sagen wir bringen das schnell hinter uns.", schlug die Beamtin vor und ging schon voran in ihr Büro. „Keine Sorge. Es sind alle hier. Stephan, Daniel, Jule, Hannah. Auch Paul und ich. Und wenn alle Stricke reißen, ruf einfach nach Klaus. Wenn er weiß dass du ihn brauchst, durchbricht er bestimmt Wände.", sprach mir mein Vater Mut zu und schob mich in das Büro seiner Kollegin.
„Ich weiß, das wird gleich alles andere als leicht für dich, daher hab ich was vorbereitet.", informierte mich die blonde Beamtin und wies auf die Schokoladentafel und die Tasse Tee die vor dem Zeugenstuhl ihr gegenüber standen. „Danke für den Tee. Aber auf die Schokolade verzichte ich.", ich versuchte mein glaubwürdigstes Lächeln aufzusetzen und setzte mich auf den Stuhl. „Alles klar, wenn du aber was brauchst sag Bescheid. Ich will mir später nicht anhören müssen, dass ich dich nicht gut behandelt habe.", lachte Heidi und zog eine dicke Aktenmappe von dem Stapel neben sich.
„Ist das meine Akte?", wollte ich von ihr wissen und umklammerte die Tasse mit meinen Händen. „So in etwa. Es ist die Akte zu den zwei Schüssen. Darin sind die Arztbriefe, die Aussagen deiner Eltern, von Paul und ein paar Passanten. Aber die wichtigste fehlt. Deine.", erklärte die Polizistin und zog einen Kugelschreiber aus dem Halter neben ihrem Pc-Monitor. „Ich weiß im Grunde gar nicht.", gab ich zu und merkte wie meine Hände langsam anfinden zu zittern.
„So gar nichts? Wenn ich den anderen Glauben schenken darf, warst du die erste der was aufgefallen ist. Also?", Heidi zog eine Augenbraue hoch und ich atmete noch einmal tief durch bis ich ihr alles erzählte das ich noch wusste. Dass ich eine Bewegung bei den Bäumen festgestellt hatte. Wie ich die Sonne an etwas metallischen reflektieren sehen habe und wie ich mich dann vor Marie und Paul geworfen hatte.
„Siehst du? War doch nicht so schlimm oder?", mit einem breiten Lächeln klappte Heidi die Akte zu. „Jep.", antwortete ich knapp und wusste schon jetzt, dass ich heute Nacht wieder mit einem heftigen Albtraum zu kämpfen haben würde.
Mein erster Impuls, nachdem die Beamtin mich entlassen hatte, war einfach loszulaufen. Raus und all den Frust, die Angst und die überschüssige Energie los zu werden. Aber ich wusste dass das der falsche Weg war, vor allem weil noch immer niemand wusste, wer auf uns geschossen hatte. Daher ging ich zu dem Büro in dem die wichtigste Stütze für mich saß und hoffentlich Zeit hatte.

„Herein!", bat eine Stimme, von der ich direkt wusste, dass sie nicht Paul gehörte, nachdem ich angeklopft hatte. Zaghaft öffnete ich die Tür und entdeckte Stephan in dem sonst leeren Büro. „Hallo Trouble. Wie geht's?", wollte er direkt wissen und schob den Papierhaufen vor sich zu einem Stapel zusammen. „Hallo... Hulk. Ganz gut und dir?", antworten lehnte ich mich an den Aktenschrank im Raum. „Hulk?", wiederholte der Beamte und sah mich mit großen Augen an. „Ja, ich finde wenn du mich Trouble nennst, darf ich dir auch einen Spitznamen geben.", stellte ich fest und lächelte ihn aufrichtig an. „Kann ich da ein Veto einlegen?", flehte der Oberkommissar schon fast aber ich schüttelte den Kopf. „Aber vielleicht fällt mir ja in ein paar Tagen ein anderer Name ein. Aber bis dahin kannst du mir vielleicht sagen wo Paul ist, Hulk?", gab ich meinem besten Freund zu mindestens ein kleines bisschen Hoffnung auf einen anderen Spitznamen, als Paul selber in den Raum kam.
„Hulk? Ernsthaft?", lachte mein Freund und wischte sich die Lachtränen aus dem Augenwinkel. „Ich hab zuerst an Hagrid gedacht.", gab ich zu und sah mit Genugtuung wie Stephan zusammenzuckte. „Der ist ja noch besser.", japste Paul und hielt sich am Schreibtisch fest, um nicht vor Lachen vom Stuhl zu fallen. „Paul, ich setzte meine Veto-Karte ein.", entfuhr es dem hochgewachsenen Beamten und mein Freund wurde augenblicklich ernst. „Bist du dir sicher? Ich meine, dann hast du nur noch eine.", wies er seinen besten Freund drauf hin, der mich einen Augenblick lang musterte und dann nickte. „Alles klar Mila. Wir reden zuhause noch mal über den Spitznamen von Stephan. Aber warum bist du eigentlich noch hier? Wollte Marie dich nicht abholen?", wechselte Paul das Thema und sah mich abwartend an.
„Hab sie noch nicht angerufen.", gab ich kleinlaut zu und sah auf meine Finger. „Ich glaube Klaus ruft mich.", Stephan sprang auf und eilte aus der Tür. „Bevor du fragst, nein, Klaus hat ihn nicht gerufen. Aber er weiß dass du mir was sagen willst. Und er weiß dass du das nicht tun würdest, wenn er noch hier im Raum ist. Also was ist los?", erklärte mein Freund und sah mich über den Tisch abwartend an. „Ich hab Angst dass ich heute Nacht wieder einen Albtraum haben werde.", gestand ich und sah an seinem Kopf vorbei auf den großen Wandkalender von diesem Jahr.
„Wegen deiner Aussage?", harkte Paul nach und stand auf. „Ja.", antwortete ich ganz leise und folgte ihm mit den Augen, als er um den Tisch und mich herum ging und sich auf den zweiten Zeugenstuhl neben mich setzte. „Ich spreche mit Martin und dann schauen wir, ob ich heute Nacht bei euch bleibe oder ob du bei mir schläfst.", versprach der Oberkommissar mit sanfter Stimme und hielt mir seine Hand hin. „Bitte sag ihm nichts. Ich will nicht dass er davon weiß.", bat ich und sah Paul an. „Zu mindestens noch nicht.", fügte ich rasch hinzu, da ich direkt wusste was er dachte.
„Okay, aber vielleicht solltest du Robert anrufen und mit ihm weitere Termine absprechen.", schlug der Mann neben mir vor und lächelte mich verliebt an. Jedem anderen wäre ich wegen dem Kommentar sauer gewesen, aber bei Paul wusste ich dass er um mein Wohlergehen besorgt war.

Mit einem Ruck wurde die Bürotür aufgerissen und Stephan stand schwer atmend im Raum.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt