„Wir haben es auf die sanfte Tour versucht. Aber du willst es ja nicht anders."

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„Ihr müsst es positiv sehen. Immerhin vertraut sie euch so sehr, dass sie sich traut euch auch mal anzubrüllen.", hörte ich Klaus sagen, als ich die Treppe, Stunden später, hinunter ging um mir was zu essen aus der Küche zu holen. „Hallo Mila.", der beste Freund meines Vater erblickte mich durch die offene Wohnzimmertür, aber ich streife ihn nur mit einem flüchtigen Blick und ging in die Küche. „Willst du Klaus nicht anständig begrüßen?", rief mir mein Vater hinterher und ich rief „Warum sollte ich? Ich bin kein Kind mehr, dem du vorschreiben kannst was es zu tun und zu lassen hat." zurück. „Mila bitte.", war Marie zu hören, als ich mit einer Tüte Chips wieder aus der Küche kam. „Nöp.", erwiderte ich über meine Schulter hinweg und ging wieder die Treppe hoch.
Diesmal setzte ich mich aber in den oberen Flur und belauschte das Gespräch zwischen Martin, Marie und Klaus. „Siehst du was ich meine? Als wäre sie ein komplett anderer Mensch.", hörte ich meinen Vater sagen und runzelte meine Stirn. „Sie holt jetzt alles nach, was sie bei deiner Ex nicht konnte. Sie testet ihre Grenzen aus.", versuchte Klaus seinen besten Freund zu beruhigen und ich schüttelte fassungslos meinen Kopf. „Aber was sollen wir machen? Sie ist in der Nacht abgehauen und war besoffen. Es hat nicht viel gefehlt dann hätte sie auch Betäubungsmittel konsumiert.", als ich Martin das sagen hörte riss ich fassungslos meine Augen auf. „Also haben Paul und die andern mich verpetzt.", murmelte ich zu mir selber und stand auf um in mein Zimmer zu gehen. „Das ich euch das gesagt habe vergesst ihr mal schnell wieder. Ich weiß es auch nur weil ich die Akte gesehen habe.", bat Klaus, aber mir war alles egal. Ich schnappte mir meine Handtasche und mein Handy. Während ich Tabea schrieb und nach einem Treffen bat, ging ich die Treppe hinunter und zog mir meine Schuhe an. „Wo willst du hin?", Martin kam in den Flur und sah mich sauer an. „Weg.", antwortete ich knapp und zog Pauls Jacke, die er mir damals gegeben hatte, vom Garderobenhaken. „Vergiss es gleich wieder. Du hast genug Mist gebaut. Du gehst hoch in dein Zimmer und wartest bis ich zu dir komme. Dann reden wir.", befahl mein Vater aber ich lachte eiskalt. „Vergiss es. Keine Ahnung wie oft ich dir das sagen soll, aber ich bin erwachsen und mache was ich will.", zischte ich ihn an und öffnete die Haustür.
Als Akt purer Verzweiflung drohte Martin: „Wenn du jetzt durch diese Tür gehst, brauchst du nicht wiederkommen. Dann bist du auf dich alleine gestellt.". Im Türrahmen drehte ich mich um und sah ihn mir einem gekünstelten Lächeln an. „Das war ich schon mein ganzes Leben. Ich hasse dich.", warf ich ihm entgegen und lief los.


„Was ist denn los?", besorgt sah mich Tabea an, als ich zu ihr und Peter stieß. „Mein Vater dreht durch. Genauso wie meine Freunde.", brummte ich und ließ mich von ihr umarmen. „Ja, die Bullen waren schon immer scheiße.", stimmte mir Peter zu und nippte an seinem Bier. „Habt ihr noch viel Ärger bekommen?", wollte ich von den beiden wissen und setzte mich an das eine Ende der Bank. Tabea saß zwischen ihrem Freund und mir. „Deswegen sind wir auch froh dass du um ein Treffen gebeten hast. Wir brauchen deine Hilfe.", fing Peter an und sah seine Freundin an. „Ihr braucht meine Hilfe?", überrascht sah ich die beiden an und schüttelte meinen Kopf als Peter mir ein Bier anbot. „Du musst der Polizei sagen dass es deine Drogen waren.", platzte Tabea heraus und legte mir ihre perfekt manikürte Hand auf den Oberschenkel. „Warum sollte ich? Das waren doch Peters.", erwiderte ich und kämpfte innerlich gegen den Drang an ihre Hand wegzuschlagen. „Das stimmt, aber er ist auf Bewährung draußen. Wenn er mit den Drogen erwischt wird, muss er für fünf Jahre in Haft. Bitte Mila, du weißt das ich dich nicht fragen würde, wenn es einen anderen Ausweg geben würde.", klärte meine Freundin mich auch und kuschelte sich an ihren Freund. „Ich hatte aber mit Drogen nie was zu tun.", wand ich ein und stand auf. „Deswegen ist es ja auch die ideale Lösung. Du bist dann Ersttäterin und sowohl dein Vater als auch dein Freund sind Polizisten. Dass du dadurch mit allem durchkommst, hat man doch gestern Nacht gesehen.", Peter stand auf und stellte seine Bierflasche ab. „Ich hab keinen Ärger bekommen weil ich nur betrunken war und nicht high so wie ihr. Oder mich geprügelt habe.", stellte ich klar und wich einen Schritt zurück. „Komm schon Mila. Du bist doch meine Freundin.", auch Tabea stand auf und sah mich mit glasigen Augen an. „Wenn ich wirklich deine Freundin wäre, würdest du das gar nicht von mir verlangen.", ich sah zwischen ihr und Peter hin und her und bekam langsam Angst.
„Meine Fresse Bitch. Wir haben es auf die sanfte Tour versucht. Aber du willst es ja nicht anders.", zischte Peter, schnellte einen Schritt vor und packte meinen Hals. „Tabea hilf mir.", keuchte ich und versuchte die Hand von Peter von meinem Hals zu bekommen. „Erst wenn du mir versprichst, dass du die Schuld auf dich nimmst. Sonst lasse ich Peter seinen Spaß mit dir haben.", erklärte meine Freundin und ich starrte sie fassungslos an. „Also hatte Paul recht.", hauchte ich tonlos, da Peter immer doller zudrückte.
„Womit denn?", zischte Peter und kam meinem Gesicht ganz nah. „Dass ihr Verbrecher seid und nicht gut für mich.", stammelte ich und spürte wie sich langsam alles in meinem Kopf zu drehen begann. „Tja, hättest du mal lieber auf ihn gehört.", Peters Lippen waren meinem Ohr ganz nah und ich hätte vor Ekel kotzen können, wäre mein Magen nicht eh leer gewesen. „Aber es ist nie zu spät.", ich sammelte all meine Kraft zusammen, zog ein Knie hoch und traf damit Peter genau in die Weichteile. Unter Schmerzen krümmte sich der Mann und ließ mich dabei los. Da Tabea ihrem Freund zur Hilfe eilte, konnte ich so schnell weglaufen wie mich meine Beine trugen.
Ich schickte ein Gebet gen Himmel und tippte auf den grünen Hörer neben Pauls Mobiltelefonnummer.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt