„Wo ist meine Tochter?"

736 24 0
                                    

Ich riss, kaum dass der Wagen stand, die Autotür auf und lief auf meinen Vater zu. Völlig überrumpelt schlang er seine Arme um mich und drückte mich an sich. „Was ist denn los und vor allem warum bist du gerade aus dem Streifenwagen gestiegen?", wollte er wissen aber ich presste mein Gesicht in seine uniformierte Brust. „Bei euch wurde eingebrochen.", informierte Klaus seinen besten Freund und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Bitte was?", entfuhr es Martin und er drückte mich direkt enger an sich. „Ja, jemand hat die Terrassentür aufgehebelt und hat in Milas Zimmer gewütet.", fuhr Klaus fort und ich zuckte zusammen als ich wieder an die roten Wände und erstochene Puppe denken musste. „Mila, ist dir was passiert?", besorgt versuchte Martin mich von sich wegzuschieben, aber ich krallte mich noch mehr an ihm fest. „Sie hat sich auf dem Balkon versteckt.", kam es von Ben und ich spürte wie mein Vater erleichtert durchatmete.
„Bring sie am besten in dein Büro. Und versuch Marie zu erreichen, sie ist nicht zuhause gewesen. Tom und Muri sind mit der Spusi bei euch zuhause.", schloss Klaus seinen Bericht ab und ich wurde in dem nächsten Moment von Martin mitgezogen.
In seinem Büro versuchte er erst gar nicht mich von sich zu lösen, sondern setze sich auf seinen Bürostuhl und hob mich auf seinen Schoß. Liebevoll strich er mir über den Rücken und wählte dabei mit der anderen Hand die Nummer von Marie, während ich mein Gesicht in seine Halsbeuge drückte. Meine Stiefmutter schien direkt dran zu gehen, denn ich spürte wie er wiedermal erleichtert durchatmete und seiner Frau dann in wenigen Worten erklärte was passiert war. „Ja, ihr scheint nichts passiert zu sein und sie sitzt gerade sogar auf meinem Schoß.", beruhigte er Marie und hauchte mir einen Kuss auf die Stirn. „Alles klar, bis gleich.", verabschiedete sich Martin und legte auf.
Ich begann gerade einzuschlafen als die Tür mit einem Ruck geöffnet wurde. Sofort krallte ich mich in Martins Uniform. „Verdammt, es tut mir leid Mila. Aber ich musste einfach schauen wie es dir geht.", hörte ich Paul und entspannte mich wieder ein wenig. „Ben hat mir erzählt was passiert ist.", Paul kam näher und strich mir über ein Bein. „Es ist meine Schuld.", nuschelte ich und vergrub mein Gesicht in meine Hände. „Bitte?", harkte Martin nach und zog mit sanften Druck meine Hände von meinem Gesicht. „Sie waren nur in in meinem Zimmer. Also wollten sie mir weh tun. Also ist es meine Schuld.", erklärte ich und traute mich weder meinen Freund noch meinen Vater anzusehen. „Das ist Quatsch, Kleine. Die Einbrecher sind bestimmt nur gestört worden. Das hat nichts mit dir zu tun.", widersprach mir Paul und Martin nickte. „Es kann auch gegen mich gerichtet sein, weil ich Polizeibeamter bin.", wand Martin ein und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Aber es waren bestimmt Olga und Hubert. Ich hab sie doch angezeigt und beim Standesamt...", fing ich an meine Vermutung zu begründen als wir jemanden „Wo ist meine Tochter?" auf dem Wachenflur rufen hörte. „War das gerade Marie?", überrascht sah Paul meinen Vater an der stolz nickte. Sekunden später wurde die Bürotür ein weiteres mal aufgerissen und Marie eilte in den Raum.
Da ich die Panik in ihrem Blick sehen konnte, stieg ich von Martins Schoß und ging mit zittrigen Knien auf sie zu. Marie kam mir direkt entgegen und drückte mich so sehr an sich dass ich keine Luft mehr bekam. „Es tut mir so leid. Ich hätte dich nicht allein lassen dürfen, wenn dir was passiert wäre, ich wäre meines Leben nicht mehr froh geworden.", plapperte sie ohne Punkt und Komma und drückte mir immer wieder einen Kuss auf den Kopf. „Marie, lässt du sie auch mal atmen?", witzelte Martin und kam näher. „Nein.", antwortete meine Stiefmutter trocken, drückte mich noch mal und ließ mich dann aber los.

„Ihr könnt gerne zu mir kommen, ich hab ein Zimmer frei weil mein Mittbewohner ausgezogen ist und ich noch keinen neuen habe.", erklärte Paul als wir gute dreizig Minuten später im Konferenzzimmer der Wache saßen und auf Klaus warteten. „Das wird nicht nötig sein, die Spusi ist bestimmt heute Abend fertig mit allem und ich werde gleich direkt eine Firma damit beauftragen dass sie eine Alarmanlage installieren. Das hatte ich eh schon lange vor und jetzt ist es aller höchste Eisenbahn.", lehnte Martin ab und strich seiner Frau liebevoll über den Oberschenkel. „Aber mein Zimmer...", wand ich ein und lehnte mich müde an Paul der neben mir saß. „Mila hat Recht, wenn ich Klaus richtig verstanden habe, ist ihr Zimmer gerade unbewohnbar. Vielleicht sollte sie zu mindestens für ein paar Tage bei Paul bleiben bis wir alles gesäubert haben.", schlug Marie vor und nippte an ihrem Kaffee. „Ich fühle mich nicht wohl dabei wenn sie nicht bei uns ist.", brummte Martin und zog sich seine Uniformjacke aus. „Ich werde auf sie aufpassen, Martin. Das schwöre ich dir.", versprach Paul als ich meine Augen schloss. Kurz bevor ich einschlief spürte ich wie mir jemand etwas auf den Körper legte.

„Das arme Mädel.", hörte ich Jule und rieb mir meine Augen. „Gut geschlafen, Trouble?", lachte Stephan und ich setzte mich ruckartig auf. „Tief durchatmen. Du bist in unserem Pausenraum.", beruhigte mich Stephan während er mir eine Wasserflasche hin hielt. Dank jahrelanger Übung brauchte ich nur einen Augenblick bis ich den gesamten Raum gescannt hatte. In der einen Hälfte des Raumes stand ein großer Tisch mit Stühlen und in der anderen ein großes Sofa, einige Sessel und ein großer Tv. Und auf eben diesem Sofa sah ich und Paul, Jule, Stephan, Hannah und Daniel um mich herum.
„Hast du gut geschlafen?", sanft legte mir Paul seinen Arm um die Hüfte und drückte mir einen Kuss auf die Schläfe. „Wie bin ich her gekommen?", wollte ich wissen, ohne die Frage meines Freundes zu beantworten. „Paul hat dich hier her getragen. Dein Vater ist mit Marie zu eurem Haus gefahren um zu schauen was Sache ist.", erklärte Daniel und fuhr sich durch die Haare. „Der Einbruch.", keuchte ich und griff an Pauls Oberschenkel als wieder die Bilder der Puppe vor meinen Augen auftauchte. „Lasst uns das Thema wechseln. Was haltet ihr davon das wir Mila in das Kölner Nachtleben einführen?", schlug Hannah vor und rieb sich freudig ihre Hände.
„Klar Hannah, ihr sitzt der Schock über den Einbruch in den Knochen, dann schleppen wir sie in die Kölner Discotheken.", lachte Jule und warf ihrer Kollegin eins der Sofakissen zu. „Hannah ist das Kücken von uns fünfen und noch total im Partyfieber. Paul ist der älteste, daher braucht man bei ihm oft einfache körperliche Gewalt um ihn aus dem Haus zu bekommen.", scherzte Stephan und streckte Paul die Zunge raus. „Dafür hab ich mehr Gehirnzellen als ihr vier zusammen, aber das wird Mila schnell selber merken.", ging Paul auf den Seitenhieb seines Kollegen ein und ich fing an zu lachen. „Ich fass es nicht.", geschockt sah mich Stephan an. „Ich hab es dir doch gesagt.", erinnerte mich Paul und ich fing wieder an zu lachen. „Warte! Ihr habt schon Insider Witze? Was haben wir noch verpasst? Hast du ihr schon einen Antrag gemacht?", löcherte uns Jule mit Fragen und auch die andern sahen uns so gespannt an, dass ich direkt rot wurde.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt