„Also soll ich morgen so tun als würde ich das hier nicht sehen?"

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„Danke, dass du gekommen bist. Wenn was ist, funk uns an. Ich bin drin und rufe Martin an.", bedankte sich Chris bei jemanden und der Boden des Poliziebullis wackelte ein wenig, so als würde jemand einsteigen.
„Hey Mila.", hörte ich eine vertraute Stimme und erkannte Daniel sofort. „Meinst du nicht das ist hier etwas kalt für ein Nickerchen?", wollte er wissen und hockte sich vor mich hin. Als ich seine Hand auf meinem Kopf spürte entspannte ich mich direkt. „Was hältst du davon, wir gehen rein und plündern die Süßigkeitenschublade von deinem Vater. Ich hab gehört das er da diese Schokolade drin hat, die im Mund knistert.", schlug der Beamte vor und ich hob meinen Kopf soweit, dass ich ihn über meinen Arm hinweg ansehen konnte. „Die musst du probiert haben. Ich schmachte da schon ne Weile drauf. Aber du weißt ja wie Martin mit seinen Süßigkeiten ist.", raunte mir Daniel zu und lächelte mich an. „Also mir gibt er immer was ab.", wand ich ein und hob meinen Kopf nun ganz. „Ein Grund mehr dass wir die Schublade plündern. Jetzt komm.", flehte Daniel schon fast und stand auf. Ich haderte einen Augenblick mit mir, aber dann stand ich auf und ließ mir von meinem besten Freund die Krücken reichen.
Gemeinsam gingen wir in die Küche und steuerten direkt das Büro meines Vaters an, wo Daniel gleich in einer der Schreibtischschubladen kramte. „Ta-Da!", jubelte der Beamte und hielt eine Schokoladentafel hoch. „Guten Appetit.", wünschte ich ihm und wollte zu der Tür humpeln, aber Daniel hielt mich fest. „Isst du die mit mir?", mit einem flehenden Blick sah mich der Beamte an und fing an zu strahlen als ich nickte. „Wo sollen wir uns hinsetzten?", wollte ich von Daniel wissen und sah mich im Raum um. „Entschiede du.", murmelte Daniel und starrte auf die Schokoladentafel als sei sie aus Gold.
Ohne viele Worte zu verlieren steuerte ich auf die Fensterfront zu und ließ mich daran hinunter rutschen. „Du scheinst heute einen Fußboden-Tag zu haben.", scherzte Daniel als er sich neben mich setzte und die Schokoladenpackung öffnete. „Hier bin ich sicher. Dann kann keiner Fotos von mir machen.", gab ich leise zu und sah auf Tischbeine vor uns. „Ja, die Presse ist schon lästig. Aber ich hab vorhin gelesen was du denen gesagt hast. Die werden schnell das Interesse verlieren.", versicherte Daniel und brach zwei Stücke der Schokolade ab. Als er mir eines hinhielt war ich so in Gedanken dass ich blind zugriff und es in meinen Mund steckte. Überrascht riss ich meine Augen auf als ich ein Knistern in meinem Mund hörte und vor allem spürte. „Genial oder?", nuschelte Daniel mit vollem Mund und kicherte wie ein kleines Kind. „Irgendwie schon.", gab ich zu und nahm mir noch ein Stück. „Es gibt davon auch ein Eis. Und anderes Knabberzeug.", schwärmte der Beamte als ich mir ein drittes Stück nahm.

„Ich muss nur eben was aus meinem Büro holen, dann helfe ich euch suchen.", hörten wir Martin vor seiner Bürotür und sahen uns überrascht an. Wir hatten total die Zeit vergessen, die Schokolade aufgegessen und dabei hatte mir Daniel von den Malen berichtet in denen er mit der Presse konfrontiert wurde. „Ja es dauert nicht...", mein Vater öffnete die Tür und verstummte als er uns hinter seinem Schreibtisch sitzen sah. „Brauchst mich nicht mehr suchen.", lachend sah ich zu Daniel der versuchte die leere Schokoladenverpackung irgendwie verschwinden zu lassen. „Aber scheinbar muss ich meine Schublade wieder auffüllen.", stellte Martin fest als er um seinen Tisch herum kam. „Tut mir leid, aber Daniel hat so von der Schokolade geschwärmt da musste ich sie einfach probieren.", murmelnd versuchte ich aufzustehen. „Warte du hast die gegessen?", harkte mein Vater nach und hielt mir seine Hand hin. „Ja, wieso?", antwortend zog ich mich an seinen Händen hoch. „Weil ich dann gleich noch ein paar davon kaufen werde.", lachte Martin und zog mich an sich.
„Hast du nicht gesagt es dauert nicht lange?", brummend kam Paul in den Raum und zog eine Augenbraue hoch als er mich in den Armen meines Vaters sah.

Nachdem klar war, das keiner der Presseleute meinen Eltern und Paul gefolgt waren, fuhren wir wieder nach Hause wo wir den Rest des Tages auf dem Sofa verbrachten.
In der Nacht, als ich dachte dass schon alle schliefen, schreckte ich hoch da ich Geräusche aus dem Garten hörte. So leise wie ich konnte stieg ich aus dem Bett und ging mithilfe meiner Krücken in das Erdgeschoss des Hauses. Da alles dunkel war, glaubte ich mir alles eingebildet zu haben. Aber gerade als ich wieder ins Bett gehen wollte, hörte ich wieder die Geräusche.
Vorsichtig ging ich auf die Terrasse und sah wie mein Vater im hinteren Teil des Gartens gerade etwas zusammenbaute. „Ich hab doch gesagt, dass ich das alleine schaffe, Schatz. Und ja ich weiß dass wir mitten in der Nacht haben. Aber ich will das das Teil steht wenn Mila morgen aufwacht.", erklärte Martin ohne seinen Blick von den unzähligen Metallstangen zu nehmen. „Also soll ich morgen so tun als würde ich das hier nicht sehen?", scherzte ich und der Kopf meines Vaters schnellte zu mir. „Warum schläfst du nicht?", wollte Martin wissen und stand auf. „Weil ich Geräusche gehört habe und schauen wollte was los ist. Was ist mit dir?", erwiderte ich und ging noch ein paar Schritte auf ihn zu. „Weil ich dir eine Überraschung bereiten wollte. Ich hab die Hollywoodschaukel vor Ewigkeiten mal gekauft aber nie aufgebaut.", gestand Martin und sah auf die verstreuten Stangen. „Ohne dir zu nahe treten zu wollen, aber es ist doch Ende Oktober. Ist das so gut die jetzt aufzubauen?", harkte ich nach, da ich noch ganz genau in Erinnerung hatte wie ich die Hollywoodschaukel von Hubert jeden fünfzehnten Oktober in den Wintergarten schleppen musste.
„Da könntest du recht haben.", stimmte mir Martin zu und begann die Stangen wieder zusammen zu sammeln. Da es mir leid tat, ihm seine Überraschung versaut zu haben, humpelte ich zurück ins Haus geradewegs in die Küche. So schnell ich konnte kochte ich die Milch auf, rührte das Kakaopulver unter und goss das Ganze dann in zwei Tassen. In die meines Vaters gab ich dann noch ein paar Marshmallows und Sprühsahne. „Stehen bleiben, Fuchs.", rief ich Martin hinterher als er an der Küche vorbei in die Richtung der Treppe schlurfte. Augenblicklich blieb mein Vater stehen und drehte sich auf dem Absatz um. „Wie war das?", mit zwei großen Schritten stand er vor mir und fing an zu strahlen als er die beiden Tassen auf den Küchentisch sah.
„Rocky drei?", schlug ich vor und Martin nickte direkt. Gemeinsam kuschelten wir uns auf das Sofa, schlurften die heiße Schokolade und sahen uns an wie Rocky sich wieder zurück an die Spitze kämpfte.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt