„Spielt ihr verstecken ohne mich einzuladen?"

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„Wie sollten Sie auch?", ich schüttelte meinen Kopf und sah zu Paul der mich breit anlächelte. „Ich hab vor ewigen Zeiten mal eine DNA-Probe abgeben müssen und da wir die Probe deiner Zahnbüste durch das System gejagt haben kam raus das...", fing Martin an zu erklären aber seine Stimme versagte. „Es kam raus das?", nervös rutschte ich auf dem Stuhl umher und begann mit dem Reißverschluss von Pauls Jacke zu spielen. Martin atmete noch mal tief durch bevor er mir in die Augen sah: „Es ist praktisch erwiesen das du meine Tochter bist.".

„Veraschen kann ich mich selber.", brummte ich und sah zur Tür. „Ließ selber. Wenn du willst können wir auch einen neuen Test machen. Das dauert eine Stunde und dann wissen wir Bescheid.", mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen schob Martin mir die Akte zu und ich blickte auf einen Haufen Zahlen und Formeln. „Da unten.", kam mir Stephan zur Hilfe und wies auf einen Satz, ziemlich am Ende des Dokumentes. Während ich lass das die Vaterschaft von Martin Fuchs gegenüber Jane Doe zu 99.99% erwiesen war, informierte Paul Martin darüber dass ich nie in der Schule war und mir das Lesen und Schreiben selber beigebracht hatte.

„Aber... Mama sagte immer dass...", stammelte ich und konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. „Ich schwöre dir, ich wusste nicht dass Olga schwanger war. Sie hat von mir verlangt den Polizistenjob an den Nagel zu hängen und in der Firma ihres Vaters anzufangen, damit ich mehr verdiene. Daher hab ich mich von ihr getrennt. Was auch gut war, denn ich hab kurz danach meine Frau Marie kennen gelernt.", erklärte Martin und sah auf das alte Foto das er noch immer in den Händen hielt. „Aber Hubert...", meine Stimme brach und ich spürte wie mir langsam die Tränen in die Augen stiegen. „Hat Olga auch geheiratet?", harte Martin nach und ich nickte.
„Ich hätte dann auch noch eine Frage.", mein Blick schnellte zu Paul der mich besorgt ansah. „Und die wäre?", ich schaffte es nicht ihm lange in die Augen zu sehen und zupfte daher an meiner Kleidung herum. „Wer hat dich geschlagen?".
Wieder hatte ich das Gefühl das mein Herz einen Schlag aussetzte. „Trouble?", Stephan stand auf und ging einen Schritt auf mich zu. „Ich glaub ich muss brechen.", keuchte ich und hielt mir eine Hand vor den Mund. Diesmal war es gar nicht gelogen, ich hatte wirklich das Gefühl das mir die paar Pommes die ich vor einer Stunde gegessen hatte wieder hoch kam. Ich muss auch so ausgesehen haben, denn Stephan zog mich vom Stuhl hoch und führte mich zur Damentoilette der Dienststelle. „Ich warte draußen.", informierte er mich während ich in eine der Kabinen torkelte und mich erbrach.

Mein Vater war ein Polizist der nichts von mir wusste. Meine Mutter hatte mich jahrelang belogen. Meine Gedanken rasten durch meinen Kopf und ich musste mich zusammenreißen nicht zu schreien. Ich wusste nur dass ich hier weg musste.
Um einen Vorsprung zu haben, betätigte ich die Klospülung und öffnete den Wasserhahn. Ganz leise öffnete ich das Badezimmerfenster und stieg auf die Fensterbank. Zum Glück befand ich mich im Erdgeschoss dass ich nicht weit hinunter springen musste um nach draußen zu gelangen. Ich duckte mich hinter den Streifenwagen und wartete ich bis die Luft rein war.
„Also langsam nehme ich das persönlich.", hörte ich Paul brummen und seine Schritte auf mich zukommen. „Dir ist schon bewusst das wir überall Kameras haben?", kam es sarkastisch von Stephan und auch seine Schritte kamen näher. Wie ein kleines Kind presste ich mit meine Hände ins Gesicht und hoffe so unsichtbar zu werden.
„Spielt ihr verstecken ohne mich einzuladen?", hörte ich eine fremde Stimme und machte mich noch kleiner. „Eher fangen.", kam es von Paul und er schien stehen geblieben zu sein. „Misch dich da nicht ein Klattmann.", zischte Stephan seinem Kollegen zu und kam zu mir hinter den Streifenwagen. Ohne dass ich es bewusst entschieden hätte, sprang ich auf, boxte Stephan in den Magen und lief in die entgegengesetzte Richtung los.
„Und das wars.", Paul tauchte so plötzlich vor mir auf dass ich ihm nicht mehr ausweichen konnte und schlang seine Arme um mich. „LASS MICH LOS!", brüllte ich ihn an, es ließ ihn aber kalt. „Was ist denn mit der los?", der neue Kollege kam Paul zur Hilfe und gemeinsam schoben sie mich in die geöffneten Türen eines Polizeibullis.
„Sieh mich an.", bat Paul mit ruhiger Stimme aber ich kniff wie ein bockiges Kind meine Augen zusammen. „Komm schon. Lass mich in Augen sehen.", bat Paul erneut und ließ mich los nur um mein Gesicht in seine Hände zu nehmen. Durch seine sanften Berührungen fing ich an zu zittern und zu weinen, aber er hielt mein Gesicht weiterhin fest. „Wir tun dir nichts, aber Vertrauen ist keine Einbahnstraße. Langsam muss auch mal was von dir kommen.", stellte Paul klar und sein Tonfall brachte mich dazu, wenn auch zögerlich, meine Augen zu öffnen.
„Versprich mir dass du uns eine Chance gibst. Eine Chance dir zu beweisen dass deine Mutter dich angelogen hat. Eine Chance dir zu beweisen das wir die Guten sind. Und vor allem gib Martin die Chance dich richtig kennen zu lernen.", der Beamte lehnte seine Stirn gegen meine und fing an zu lächeln als ich kaum merklich nickte.

„Warum ist es dir so wichtig dass ich bleibe?", nuschelte ich, als Paul zwar mein Gesicht los ließ, seine Stirn aber weiterhin gegen meine lehnte. „Ich weiß es selber nicht. Als ich dich das erste mal gesehen habe war mir klar das du Hilfe brauchst. Und deinen Hämatomen und Verletzungen nach zu urteilen liege ich damit auch richtig. Und erst recht nachdem ich weiß dass du die Tochter von Martin bist.", erklärte der Polizist und löste sich nun vollständig von mir. „Du musst uns nicht sagen wer dir das angetan hat, aber wir wollen dir helfen.", Stephan stieg zu uns in den Wagen und ich rutschte näher an Paul heran. „Keine Sorge, deinen Schlag nehme ich dir nicht übel. Auch wenn der echt gut war.", nahm mir der hochgewachsene Beamte meine Sorgen und lächelte mich breit an.

„Jungs? Kann ich kurz allein mit ihr reden?", Martin tauchte in der Bullitür auf und hielt zwei Tassen in der Hand. „Ich stehe draußen. Wenn was ist, ruf mich einfach. Ja?", wand sich Paul an mich und stieg erst aus als ich stumm nickte.

Unter dem Radar: Die Frau mit den Eisblauen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt