#23

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Der Raum war nur schwach beleuchtet, aber meine Augen gewöhnten sich im Bruchteil einer Sekunde an die Dunkelheit. Ich befand mich in einem großen Raum, in dem etwa ein Dutzend Sessel und Sofas rum. Frauen in knapper Kleidung saßen herum, tranken Champagner und unterhielten sich mit den Kunden. Links von mir war ein Barpult, hinter dem eine hübsche Frau mit kurzem blonden Haar stand. Sie konnte nicht älter als 22 sein. Ich setzte ein charmantes Lächeln auf und ging auf sie zu. "Ich suche Lilith." Die Barkeeperin sah mich an, zog eine Augenbraue hoch und sagte:"Du wirkst recht jung. Such dir lieber eines der anderen Mädchen aus. Lilith ist ein paar Nummern zu groß für dich." "Danke, aber ich möchte zu Lilith. Ein gemeinsamer Freund hat sie mir empfohlen." Die junge Frau seufzte, dann deutete sie auf einen schmalen Gang. "Am Ende des Flurs. Die schwarze Tür. Aber ich habe dich gewarnt." Lächelnd nickte ich ihr zu und ging auf den Flur zu. Eine der Prostituierten kam auf und fragte:"Na Kleiner, suchst Du jemanden?" "Ja, ich bin auf dem Weg zu Lilith." Kaum fiel dieser Name, schreckte die Frau zurück und ließ mich alleine. Achselzuckend drehte ich mich wieder um und ging weiter. Der Flur war etwa zehn Meter lang, mit Türen auf beiden Seiten, aus denen teilweise leises Stöhnen erklang. Das war mein erstes Besuch in einem Bordell, aber ich blendete diese Tatsache aus, konzentrierte mich auf mein Ziel und versuchte absolut objektiv zu bleiben. Schließlich stand ich vor der schlichten schwarzen Tür. Ich klopfte an und eine Frauenstimme antwortete:"Herein." Allein beim Klang dieser Stimme bekam ich eine Gänsehaut. Sie war rauchig, gleichzeitig sanft und süß wie Honig. Ich schluckte und betrat den Raum. Mein geschulter Blick erfasste erst das Zimmer, in dem einige gedämpfte Lampen standen, ein großes Himmelbett in der Mitte und ein moderner Ledersessel, dann die Frau die in dem Sessel saß. Ihr lockiges schwarzes Haar fiel ihr weiter über die Schultern und umrahmte ihr blasses Gesicht. Ihre dunkelgrünen Augen musterten mich aufmerksam. Augen, die mir in die Seele zu blicken schienen. Sie leckte sich leicht über ihre vollen, blutroten Lippen. Ihr Alter war schwer zu schätzen, aber sie konnte nicht älter als Ende zwanzig sein. Unwillkürlich wanderte mein Blick über ihren verführerischen Körper. Ihre vollen Brüste wurden von einem schwarz-roten Spitzen-BH bedeckt und sie trug ein dazu passendes Höschen, ein krasser Gegensatz zu ihrer blassen Haut. Darüber trug sie einen durchsichtigen Mantel aus feinster Seide, der keinerlei Platz für Fantasie ließ und ihre Füße steckten in schwarzen High Heels. In ihrer rechten Hand hielt sie einen silbernen Zigarettenhalter, in dem eine glimmende Zigarette steckte, die einen angenehmen Duft verströmte. Diese Frau strahlte puren Sex aus. "Wie heißt du?", fragte Lilith. "Meine Name ist Nathaniel.", antwortete ich. "Denis Zachaire schickt mich." Ich wollte gerade erklären, aus welchem Grund ich hier war, als Lilith die Hand hob. "Ich weiß nicht warum Denis gerade dich ausgewählt hat, aber er wird schon seine Gründe haben." Langsam stand sie auf und kam auf mich zu. Ihr Parfum stieg mir in die Nase und erfüllte meinen jungen Verstand mit allerlei wilden Fantasien. Jede ihrer Bewegungen war eine Versuchung, wirkte aber vollkommen natürlich. Als sie gesessen hatte, hatte sie wie ein Gemälde des Meeres gewirkt. Nun war sie wie das Meer selbst. Im Moment ruhig, aber das konnte sich jederzeit ändern. Ich musste alle Willenskraft aufbringen, um einen klaren Kopf zu bekommen. Schließlich blieb Lilith dicht vor mir stehen. Sie strich mir sanft über die Wange, dann zog sie mich zu sich und küsste mich. Im selben Moment spürte ich, wie meine Gliedmaßen schwer wurden und ich mich nicht mehr bewegen konnte. Panisch versuchte ich mich loszureißen, aber ich war gelähmt. Es war Magie, aber ich wusste weder was für eine Art, noch wieso meine Siegel nicht aktiviert worden waren. Lilith biss mir leicht in die Unterlippe und bohrte mir ihre langen Fingernägel in die Brust. In diesem Moment flammten meine Siegel auf und der Bann war gebrochen. Ich stieß Lilith zurück, sodass sie aufs Bett flog, sprang nach hinten und zückte mein Messer. Die schwarzhaarige Schönheit fauchte und ich sah, wie ihre Zähne spitzer wurden und ihre Augen sich rot färbten. Zudem sprossen ihr nach hinten gebogene Hörner aus der Stirn. Gleichzeitig wuchs ihr ein etwa zwei Meter langer schlangenartiger Schwanz und ein Paar ledriger Flügel brach aus ihrem Rücken. "Was bist du?", fauchte sie. Darauf wusste ich leider auch keine Antwort. Dafür wusste ich was Lilith war. Was da auf dem Bett kauerte, war ein recht gefährlicher Dämon. Ein europäischer Succubus.

Rogue HeroWo Geschichten leben. Entdecke jetzt