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Seufzend stellte ich das Wasser ab. Zu gerne hätte ich noch länger geduscht, aber der Mond würde bald aufgehen. Die perfekte Zeit zum jagen. Es war längst Zeit dafür, zu viel Zeit hatten wir in Mexico verloren. Gut, eigentlich waren wir auf der Suche nach Kiara, Nualas Schwester, aber im Dunkeln war ich nun mal stärker und das musste ich ausnutzen. Bis zum späten Nachmittag hatte ich mit Nuala trainiert, erst mit dem Speer, danach mit Messern und dem Bogen. Meine Nephilim-Natur sorgte dafür, dass ich mit jeder dieser Waffen hervorragend zurechtkam. Ich trocknete mich rasch ab und schlüpfte in frische Klamotten. So dankbar ich Marcus war, dass er mir ein Shirt geliehen hatte, meine eigene Kleidung war mir einfach lieber. Das Gewicht von Mantel und Holster gab mir ein beruhigendes Gefühl, nur mein Messer fehlte mir. Ich hatte mir zwar einen Dolch aus Silber als Ersatz genommen, aber ohne Armschützer und mein Kampfmesser fühlte ich mich irgendwie.... unvollständig. Grinsend betrachtete ich die Rune auf meiner Hand. Eine Eismagierin würde wohl keine große Herausforderung sein. Nachdenklich warf ich einen Blick auf die drei Kunai auf meinem Schreibtisch, ich hatte sie direkt neben den kaputten Armschützer gelegt. Es waren wertvolle Geschenke, wenn sie sogar Vampirälteste lähmen konnten. Kurzerhand steckte ich mir eines davon in den rechten Stiefel, in den ich eine dünne Lederscheide eingenäht hatte. Man konnte nie vorsichtig genug sein. Ich überprüfte ein letztes Mal meine Pistole, dann schob ich mir die zwei Reservemagazine in die Manteltaschen. Eines gefüllt mit Silberkugeln, das andere mit normaler Munition. Zusätzlich trug ich noch einen Flachmann in meiner Tasche, gefüllt mit Weihwasser. Hatte ich in irgendeiner Serie gesehen, praktischer als Glas- oder Plastikflaschen. Wir würden zwar nur Nualas Schwester suchen, aber man konnte nie vorsichtig genug sein. Vorsicht kostete zwar etwas mehr Zeit, dafür aber bedeutend weniger Leben. Ein letztes Mal überprüfte ich meine Ausrüstung, dann ging ich runter zu den anderen. Sie saßen am Küchentisch, alle trugen eine Kampfausrüstung. Ich nahm mir eine Flasche O-Saft und trank einen Schluck, während ich mir überlegte wie ich den anderen meinen Plan präsentieren sollte. "Habt ihr ne Karte von Havanna und der Umgebung?", fragte ich. Lyra stand auf und kramte in einer Schublade. Kurz darauf breitete sie eine Karte auf dem Tisch aus. Aus der selben Schublade schnappte ich mir einen Kugelschreiber und beugte mich über die Karte. "Jardín Botánico Nacional.", murmelte ich. "Der Nationalpark?", fragte Emilia. "Exakt. Ich habe vorher schon darüber nachgedacht. Da ist mehr als genügend Platz. Würde ich spüren, dass ich die Kontrolle verliere, würde ich mich irgendwohin zurück ziehen, weit entfernt von allen Menschen." "Dann nichts wie los.", meinte Damon und stand auf. "Nicht so schnell.", unterbrach ich seinen Eifer. "Ich habe nachgedacht. Wir wollen Kiara beruhigen, sie wieder zu Verstand bringen. Nuala muss mit. Es ist ihre Schwester. Ich kann uns da am schnellsten hinbringen. Außerdem kommt Eric mit." "Wieso denn der und nicht ich?", begehrte Damon auf. Emilia und Lyra nickten nur. "Erstens.", sagte ich ruhig. "Ist Eric ein Feuermagier. Und hat somit einen Vorteil. Zweitens ist er nicht so ein Hitzkopf. Wir wollen Kiara beruhigen, ihr helfen. Es geht hier um die Sicherheit von Nuala und ihrer Schwester, da kann ich nicht noch auf dich aufpassen." Der Magier funkelte mich an, Blitze zuckten in seinen Augen. Ich verspürte ein Ziehen in den Augen, dann wich Damon zurück und hob die Hände. "Alles klar großer Häuptling.", sagte er gezwungen locker. "Geht doch.", erwiderte ich kühl und ließ meine Augen wieder eine normale Farbe annehmen. Dann sah ich Nuala und Eric an. "Lasst uns gehen." Nuala schwang sich einen Köcher über die Schulter und schnappte sich ihren Compoundbogen, während Eric seine MP7 schulterte. Dieselbe Waffe, die er damals in der Akademie dabei gehabt hatte. Beide trugen militärisch anmutende Kleidung, im Stil der Organisation, wenn auch leicht geändert. Vermutlich hatten sie die Kleidungn in einem Militär Shop gekauft und modifiziert. Ich schaltete das Licht aus und wählte den tiefsten Schatten aus. "Nehmt meine Hände und schließt die Augen.", sagte ich zu Nuala und Eric und rief die Schatten. Sie schlangen sich um uns, als ich mich auf unseren Zielort konzentrierte. Dann trat ich einen Schritt vor. Eine Sekunde lang standen wir in absoluter Dunkelheit, dann wurde es wieder heller. Um uns herum waren Bäume zu erkennen. Ich hatte es geschafft, so langsam hatte ich den Dreh raus. "Und wo fangen wir an zu suchen?", fragte Nuala. "Keine Ahnung.", sagte Eric. "Wir halten Ausschau nach Spuren von Eismagie. Der Rest ergibt sich schon. Nath zieht Gefahren sowieso magisch an, als hätte er eine Blutfehde mit jeden einzelnen magischen Wesen." Ich wollte widersprechen, als ich etwas spürte. Langsam zog ich meinen Dolch. "Seid still. Da vorne ist jemand. Oder etwas."

Rogue HeroWo Geschichten leben. Entdecke jetzt