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Vorsichtig legte ich meine Mutter auf einen der Tische um und sah mich um. Das 'Dragonfly' hatte sein kein Bisschen verändert. "Camael!", rief ich. Aus dem Lager hörte ich ein Klirren, gefolgt von einem derben Fluch. Kurz darauf schwang die Tür auf. "Nath.", sagte der ehemalige Engel überrascht. "Was verschafft mir die...." Sein Blick fiel auf meine Mutter. "Wer ist das?" "Meine Mutter. SOL wollte sie aus irgendeinem Grund mitnehmen. Sie wurde betäubt." Sofort trat er an den Tisch, überprüfte ihren Puls und ihre Pupillen. "Ich kann nur vermuten welches Mittel sie benutzt haben.", sagte Camael. "Aber in spätesten zwei Stunden ist sie wieder wach." Er trat zurück, zündete sich eine Zigarette an und goss Scotch in zwei Gläser. Eins davon schob er mir zu. Das Brennen in meiner Kehle tat besser als erwartet. "Und jetzt?", fragte Camael. "Was willst Du tun? Sie ist zumindest nicht verletzt." Langsam zündete ich mir ebenfalls eine Zigarette an. "Ich weiß es nicht.", flüsterte ich. "Seit die Akademie angegriffen wurde habe ich den Gedanken an meine Mutter gemieden. Ich hatte gehofft... um ehrlich zu sein weiß ich nicht, was ich gehofft habe. Vielleicht, dass die Dämonen und SOL zu sehr mit mir beschäftigt sind um sich Gedanken über meine Mutter zu machen." Camael lachte bitter. "Kleiner, denk an deine Herkunft." Mein Körper verkrampfte sich und das Glas in meiner Hand bekam einen Sprung. "Du wusstest es?", fragte ich leise. "Natürlich. Ich war ein Erzengel, ich habe es gewusst, in dem Moment als ihr durch diese Tür getreten seid." "Aber wieso..." "Es hätte dich belastet. Du warst noch nicht bereit dafür, es war zu deiner eigenen Sicherheit." Ich nahm einen weiteren Zug und griff nach der Scotchflasche. Ein weiter Schluck half mir mich zu beruhigen. Dann sagte ich: "Du meintest eben ich solle an meine Herkunft denken. Wieso?" Camael drückte seine halb aufgerauchte Zigarette aus und sah mich an. "Ist das nicht offensichtlich? Als Jesus geboren wurde, hat man Maria als Heilige verehrt. Was hält man wohl von der Frau, die Luzifers Sohn gebärt hat?" Meine Gedanken rasten. "Nein. Das kann nicht sein. SOL kann nichts über meine Abstammung wissen. Der einzige der es außer dir wusste, war ein Vampir, den ich kurz darauf getötet habe." Ich drückte meine Zigarette aus und ging zurück zu dem Tisch auf dem meine Mutter lag. Ich musste sie schützen. Plötzlich kam mir eine Idee. Ich drehte mich zu Camael um und fragte: "Hey, Du wanderst seit Jahrhunderten über die Erde. Hattest Du nie Angst, dass man dein aktuelles Versteck findet und Du spontan fliehen musst?" Der Ex-Engel zündete sich eine neue Zigarette an und ging in Richtung Treppe. "Ich weiß worauf du hinaus willst. Ja, ich habe Geheimverstecke. Und ja, ich werde dir helfen." Überrascht sah ich zu, wie Camael einen Schraubenzieher aus einem Blumentopf zog und eine Bodendiele neben der Treppe hochstemmte. Ächzend zog er eine kleine Metallkiste aus dem Loch darunter. Er stellte sie auf einen Tisch, legte die Hand auf den Deckel und murmelte ein paar Worte. Mit einem leisen Klicken sprang die Kiste auf und ein Stapel Papiere kam zum Vorschein. "Bedien dich.", sagte Camael und trat zurück. Rasch durchblätterte ich die Papiere. Besitzurkunden für Häuser in der ganzen Welt. Kalifornien? Zu nah an Kuba. Norwegen? Zu abgelegen. Man würde sie leicht aufspüren können. China? Nein. Dann fand ich es. Die Schweiz. Ein Haus in der unmittelbaren Nähe von Luzern. Es war perfekt, so nah würde sie niemand vermuten. Langsam zog ich die Urkunde aus der Kiste, ein Schlüsselbund war mit Klebeband daran befestigt. "Wieso tust Du das?", fragte ich leise. Ebenso leise antwortete Camael: "Weil ich weiß wie es ist jemanden zu verlieren. Deshalb. Wenn du willst belege ich deine Mutter mit einem Schutzzauber. Ich habe seit hundert Jahren keinen Zauber mehr gewirkt, aber theoretisch müsste ich genug Kraft dafür haben." Ich setzte mich, überlegte so lange wie man braucht um zwei Zigaretten zu rauchen. Ein Plan war in meinem Kopf gereift. "Kein Schutzzauber. So würde man sie nur aufspüren. Spürst Du bei ihr irgendeine Magie? Irgendetwas, dass sie von anderen Menschen unterscheidet?" Der ehemalige Engel überlegte, dann sagte er, leicht erstaunt: "Nein. Hättest Du mir nicht gesagt wer sie ist, hätte ich nicht mal im Traum daran gedacht, dass sie deine Mutter ist." "Dann muss ich dich um etwas bitten. Lösch ihr Gedächtnis, ersetze es durch andere Erinnerungen." Camael starrte mich an. "Was?!", fragte er. Nur durch Konzentration konnte ich verhindern, dass meine Stimme zitterte. "Es geht um ihre Sicherheit. Meinetwegen wurde sie angegriffen. Es ist meine Schuld, sie verdient ein ruhiges Leben." Ich trat an den Tisch und strich meiner Mutter langsam durchs Haar. "Lass sie glauben nie einen Sohn gehabt zu haben. Das Haus in der Schweiz war eine Erbschaft, nichts hält sie in Deutschland." Durchdringend sah ich den Ex-Engel an. "Wirst Du das für mich tun?", fragte ich. Er zögerte kurz, dann nickte er und legte eine Hand auf die Stirn meiner Mutter. "Danke.", murmelte ich und ging in Richtung Schatten. "Ich habe noch etwas zu erledigen.", sagte ich bevor ich verschwand.

Rogue HeroWo Geschichten leben. Entdecke jetzt