Langlosam griff ich nach dem Griff des Messers und zog die Klinge aus meiner Brust. Dunkles Blut sickerte aus der Wunde. Wenn man gesagt bekommt man regeneriere schnell, dann stellt man sich das meistens vor wie bei Wolverine. Heilung innerhalb von Sekunden. Aber ich blutete immer noch heftig. Rasch trat ich einige Schritte zurück und richtete das Messer auf den Alchemisten. "Was sollte das?", fragte ich verwirrt und wütend. Emilia trat zu mir und presste meine Krawatte auf die Wunde. Zachaire hob beschwichtigend die Hände und sagte:"Keine Sorge. Wenn meine Theorie stimmt dürfte es dir gleich besser gehen. Emilia, nimm bitte die Krawatte weg." Zögernd ließ sie das inzwischen durchgeblutete Kleidungsstück sinken. Zu meiner Überraschung blutete die Wunde nicht mal mehr und ich konnte sogar beobachten, wie sie sich quälend langsam schloss. Dennoch spürte ich die tiefe Wunde äußert intensiv. Ich heilte zwar anscheinend sehr schnell, aber wie so ziemlich jeder dem ein Messer in die Brust gerammt worden war, wollte ich mich auf den Boden legen und nach meiner Mama rufen. Allerdings zwang ich mich stehen zu bleiben und Ruhe zu bewahren. Mehrere Minuten lang blieben wir stehen, niemand rührte sich. Aufmerksam beobachtete ich wie die Wunde sich schloss. Zurück blieb eine schlanke Narbe. Vorsichtig tastete ich sie ab. Sie war fast perfekt verheilt. Zachaire grinste selbstgefällig. Dann kam er auf mich zu. Ich ließ das Messer sinken und fragte:"Und was sagt ihnen das jetzt? Was bin ich?" Der Alchemist zückte ein weiteres Messer und bevor ich reagieren konnte stieß er es mir in die Brust, einige Zentimeter neben der Narbe. Beziehungsweise versuchte er es. Die Messerspitze bohrte sich ein paar Millimeter in mein Fleisch und blieb dann stecken. Ich spürte nur einen leichten Schmerz, wie von einer Nadel. "Was sollte das?", fuhr ich Zachaire an. "Ich wollte meine Theorie überprüfen und hatte keinen Werwolf zur Hand." "Was soll das denn heißen?", mischte sich Emilia ein. "Das heißt, das Nathanial nun vor Messerstichen in die Brust geschützt ist. Allerdings vermutlich nur seine Brust. Sein restlicher Körper dürfte noch verwundbar sein. Wie ich vermutet habe wird der Gewebe um die Narben herum zu einer Art natürlichem Kevlar, das ihn gegen Angriffe der gleichen Art schützt. Das heißt Klingen und Klauen können ihn vermutlich nicht mehr an der Brust verletzen, andere Dinge aber schon. " "Wie ist das möglich? Was bin ich?", fragte ich. "Um ehrlich zu sein habe ich keine Ahnung. Von jemandem wie dir habe ich noch nie gehört. Lediglich Legenden und Gerüchte. Und selbst die sind um einiges älter als ich." Der Schulleiter warf mir ein Handtuch zu, das er zwischen zwei Stapeln hervorzog. Ich wischte das Blut ab und zog mein Hemd wieder an. Dann schlüpfte ich in meinen Blazer. "Und was ist mit der Tatsache, das ich diesen Blitz von Dämon einfach absorbiert und dann gegen ihn eingesetzt habe?" Zachaire kehrte zu seinem Schreibtisch zurück und setzte sich. "Nun, auch da habe ich eine Theorie. Allerdings beginnt gleich der Unterricht. Ich werde heute Nachmittag den Kampfunterricht persönlich beaufsichtigen und würde dir dann gerne einen unserer besten Schüler vorstellen." "Du willst den Unterricht beaufsichtigen? Weist Du nicht mehr was letztes Mal passiert ist?", warf Mr. McRoy ein. Der Alchemist winkte ab und erwiderte:"Das war ein Unfall! Und jetzt los, Emilia und Nathaniel sollten zum Unterricht." Wir verließen den Raum und eilten die Korridore entlang. Emilia legte ein ungeheures Tempo vor. Schließlich blieb sie vor einer schlichten Holztür stehen. In dem Korridor waren noch mehr als ein Dutzend identischer Türen. Über der Tür vor der wir standen hing ein Schild auf dem '2c' stand. Emilia klopfte an und wir traten ein. Der Klassenraum war recht groß, schätzungsweise zwanzig Schüler saßen an Einzeltischen. Außer mir waren nur fünf andere Jungen anwesend. Sie hoben ihre Köpfe als wir eintraten. Klar, ich war der neue. Jetzt kam das übliche. Ein endloser Strom von Fragen. "Du bist bestimmt Nathaniel." Eine etwa dreißig jährige Frau mit brünettem Haar und dunklen Augen kam auf mich zu. "Ich bin deine Klassenlehrein, Frau Schmidt. Wie du komme ich aus Deutschland. Erzähl der Klasse doch von dir." Während Emilia sich setzte erzählte ich einfach das übliche. Wie alt ich war, wo ich geboren wurde und von meinen vielen Umzügen. Dazu musste ich nicht mal nachdenken, die Worte kamen wie von selbst, so oft hatte ich das schon erzählen müssen. Ich nutzte die Gelegenheit und ließ meinen Blick durch die Klasse schweifen bis ich endlich Leonie entdeckte. Sie lächelte leicht besorgt und runzelte leicht die Stirn. Schließlich war ich damit fertig mich vorzustellen und Frau Schmidt wies mir einen Platz in der letzten Reihe zu. Unter dem Tisch fand ich eine Umhängetasche auf der ein Zettel mit meinem Namen stand. Darin befanden sich Blöcke und Stifte. "Diese Utensilien werden jedem Schüler der Akademie zur Verfügung gestellt.", sagte Frau Schmidt und begann mit dem Unterricht. Rasch merkte ich, dass der Unterricht an der Akademie sich nicht sonderlich von dem an normalen Schulen unterschied. Jetzt war Physik dran. Ich möchte Physik, aber die Klasse war auf einem derart niedrigen Niveau, das ich gelangweilt in meinem Block rumkritzelte statt aufzupassen. "Hey Du Arsch.", raunte jemand. Ich blickte hoch und sah einem Jungen mit langem blonden Haar in die Augen. Er wirkte wie der typische Mädchenschwarm. "Du bist der Typ der meinen Kumpel Damon gedemütigt hat. Das zahle ich dir beim Kampftraining heim!", flüsterte er und drehte sich wieder um. Der Tag war gerade noch eine Spur interessanter geworden. Ob dieser Typ einen fünfhundert Jahre alten französischen Alchemisten toppen konnte würde sich sich noch herausstellen.
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Rogue Hero
Fantasy"Jedes Land hat so seine Legenden. In jedem Landstrich hatten die einfachen Leute vor etwas anderem Angst. So entstanden Märchen und Legenden über die verschiedensten Wesen. Vampire, Werwölfe, Elfen, Riesen, Kobolde und so weiter. Du kennst diese Ge...