Entnervt drückte ich das Gaspedal durch. Eine Hexe, die mächtig genug war um mich festzuhalten, hätte sich doch etwas besseres als einen abgewrackten Renault Twingo verschaffen können. Die Tacho-Nadel weigerte sich partout über 70 mph zu steigen, dafür stieg mein Puls. Ich konnte aus irgendeinem Grund meine Kräfte nicht benutzen, hatte immer noch leichte Kopfschmerzen und gurkte in einer geklauten Dreckskarre durch die Gegend, die nicht mal ein Massai in der Steppe Afrikas als Zweitwagen benutzt hätte. Und als wäre das noch nicht schlimm genug, schaffte ich es nicht das Radio auszuschalten. Klar, 'Nothing else matters' war ein genialer Song, aber etwas nervig wenn eine sprechende Katze mitsang. "Halt die Klappe Nero!", knurrte ich. "Wenn du schon nicht weisst wo du die letzten Monate gelebt hast, dann sei wenigstens ruhig." "Ist ja gut Kleiner.", erwiderte der Kater und rollte sich auf dem Beifahrersitz zusammen. Schließlich kamen wir an eine kleine Tankstelle. Ich hielt an und stieg aus. "Willst du auch was?", fragte ich Nero. "Lachs. Oder Thunfisch aus der Dose." Grinsend betrat ich das kleine Häuschen. Ein untersetzter Typ mit Glatze saß an der Kasse. "Entschuldigen sie", sagte ich auf Englisch. "Können sie mir vielleicht sagen wo ich bin?" Der Mann grinste, wobei ein Goldzahn aufblitzte. "War wohl 'n hartes Wochenende." "Sie haben ja keine Ahnung.", antwortete ich, während ich einige Energiedrinks und Schokoriegel aus den Regalen nahm. Und eine Dose Tunfisch. "Tja Junge, Du bist im schönen Louisiana. Etwa ne halbe Stunde von New Orleans entfernt." Er warf einen Blick aus dem Fenster, dann sagte er: "Mit dem Wagen da vermutlich doppelt so lange." Das breite Grinsen des Tankwarts lockerte meine Stimmung etwas. "Und wo muss ich lang?", fragte ich, während ich zahlte. "Einfach weiterfahren." Mit einem leichten Lächeln ging ich zurück zum Auto. Während ich den Motor anließ, riss ich mit meinen Zähnen einen Schokoriegel auf. Nachdenklich starrte ich auf die Straße. Der Verlust meiner Kräfte konnte keinen magischen Ursprung haben, meine Siegel hätten das verhindert. Die Erkenntnis traf mich wie ein Blitz. Das Wasser, oder vielleicht das Chili. Ich war unter Drogen gesetzt worden. Deswegen auch die Kopfschmerzen. Alles was ich tun musste war also abzuwarten bis die Wirkung nachließ. Erleichtert lachte ich auf und drückte das Gaspedal durch. Anfangs hatte ich befürchtet verflucht worden zu sein, Drogen waren da doch weitaus angenehmer. "Also Nero.", sagte ich. "Wir haben noch massenhaft Zeit. Erzähl mir wieso du bei dieser Hexe warst. Und vor allem, wieso du sprechen kannst." Missmutig schob der Kater die Dose mit Thunfisch hin und her. "Machst du sie mir auf?" Lachend griff ich mit der rechten Hand rüber und öffnete die Dose, dann kurbelte ich das Fenster runter und zündete mir eine Zigarette an. Fragend sah ich Nero an. "Ist ja gut.", meinte dieser mit vollem Maul. "Ich habe in den letzten zwei Jahren nur billiges Katzenfutter und Essensreste gegessen." Als die saubergeleckt war fing er an zu erzählen. "Früher war ich ein Mensch. Also eigentlich bin ich es noch, aber mein Körper ist der falsche." Klang nach einer extremen Art von Transgender. "Es ist kompliziert, noch vor zwanzig Jahren war ich ein Professor für Okkultismus. Dann entwickelten sich meine magischen Fähigkeiten. Ich bin ein Seelenwanderer, das heißt, ich kann meine Seele von meinem Körper lösen und einen fremden Körper übernehmen. Das ganze hat nur zwei Einschränkungen. Die Person, die ich übernehmen will, muss in der Nähe sein, in einem Umkreis von zehn Metern. Und während ich in der anderen Person bin ist mein eigener Körper verwundbar. Das wurde mir zum Verhängnis." Nero machte eine kleine Pause und sah nach ob nicht noch ein Stück Thunfisch in der Dose war, dann fuhr er fort. "Ich habe meine Fähigkeit nie für irgendwas wirklich schlimmes eingesetzt. Ein wenig Schabernack, kleine Diebstähle um mein Gehalt aufzubessern. Zum Auskundschaften benutzte ich meistens Tiere. Eines Tages übernahm ich den Körper, der jetzt neben dir sitzt. Während ich diese Villa in San Francisco auskundschaftete, wurde mein Körper getötet. Ein betrunkener Autofahrer, der in mein Motelzimmer gekracht war. Als ich begriff was geschehen war, begann ich durch Amerika zu reisen. Nachts schlief ich meistens in Bibliotheken. Schließlich schnappte mich diese Hexe und nahm mich mit. Was ich war hat sie nie begriffen und ich machte mir nie die Mühe es ihr zu erklären. Jasmin hatte schon immer nen Dachschaden. Du bist das beste Beispiel. Wer ist schon verrückt genug einen Halbengel zu fangen? Jedenfalls behielt sie mich, wohl als 'Statussymbol'. Schwarze Katzen sind wohl ein must-have für Hexen." Ich schnippste meine aufgebrauchten Zigarette aus dem Fenster und klopfte aufs Lenkrad. "Hey Nero, hast du Lust mich zu begleiten? Meine Freunde sind ganz lustig und wenn du dich mit okkulten Dingen auskennst, kannst du dich sogar nützlich machen." "Klar. Viele Alternativen habe ich ja nicht. Wo wollen wir jetzt eigentlich hin?" Ich lachte und öffnete einen neuen Schokoriegel. "Erst mal nach New Orleans und warten bis die Wirkung der Droge nachlässt, danach gehen wir nach Kuba. Es wird Zeit für meine Rache."
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Rogue Hero
Fantasy"Jedes Land hat so seine Legenden. In jedem Landstrich hatten die einfachen Leute vor etwas anderem Angst. So entstanden Märchen und Legenden über die verschiedensten Wesen. Vampire, Werwölfe, Elfen, Riesen, Kobolde und so weiter. Du kennst diese Ge...