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Genüsslich aß ich meinen dritten Burger. Während Nero im Hotel geblieben war, hatte ich ein Fast Food-Restaurant gesucht und ein halbes Dutzend Burger besorgt. Nun war ich auf dem Rückweg, meine Kräfte waren immer noch nicht zurückgekehrt. Die Kopfschmerzen waren zwar fast gänzlich verschwunden, aber nicht der simpelste Zauber war mir gelungen. Ich hatte zwar den Strom der Magie erahnen können, aber das war's auch. Und Aurus schien sich zu weigern mit mir zu sprechen. Also hieß es warten. Ich hatte Burger, Kippen und ein paar Dosen Cola. Vielleicht würde mir die Pause ganz gut tun. Der Mondschein fiel auf den ausgeblichenen Teppich, als ich in Richtung meines Hotelzimmes ging, das ganz am Ende des Flurs lag. Ein leises Stöhnen war zu hören. Mit dem Ellenbogen drückte ich die Türklinke runter und ließ im nächsten Moment fast die Tüte mit den Coladosen fallen. "Nero!", rief ich mit einer Mischung aus Überraschung und Belustigung. "Hör auf dich da zu lecken!" Ertappt starrte mich der Kater an und sagte: "Hey, ohne Daumen hat man nicht viele Alternativen." Kopfschüttelnd stellte ich die Coladosen und die Papiertüte mit den Burgern auf dem Tisch ab, schnappte mir die Fernbedienung und schaltete um. "Du hast dir doch nicht ernsthaft einen Porno reingezogen, oder?" Der Kater sprang auf den Tisch und beschnuppert die Tüte. "Kleiner, seit zwanzig Jahren bin ich eine Katze. Und die letzten zehn saß ich bei Jasmin fest. Für eine Prostituierte habe ich weder das Geld, noch den passenden Körper, aber meine Vorlieben haben sich nicht verändert. Ist da Thunfisch auf den Burgern?" Ich beschloss nicht nachzufragen, zog grinsend ein kleines Päckchen aus meinem Mantel und warf es auf den Tisch. "Lachsfilet!", sagte Nero, wobei ein Schnurren seine Stimme leicht verzerrte. Klar, keine veränderten Vorliebe. Ich riss die luftdicht verschweißte Verpackung auf, dann zog ich den vierten Burger aus der Tüte. "Also,", sagte ich mit vollem Mund, während ich mir eine Cola aufmachte. "Jasmin. Du hast die letzten zehn Jahre bei ihr gelebt. Was weißt du über sie?" Schmatzend sah der Kater mich an. "Jasmin? Was soll ich sagen? Sie hat nen Knall. Hochintelligent, aber sie hat nen Knall. Und ist leidenschaftliche Sammlerin. Außerdem eine sehr mächtige Hexe, sie ist geübt in den verschiedensten Schulen der Magie. In einem Kampf dürfte sie eine beeindruckende Gegnerin sein, meiner Einschätzung nach ist sie in der Lage gegen Dämonen aus dem vierten, vielleicht sogar fünfen Kreis zu bestehen, aber im Vergleich zu anderen Hexen ist sie friedlich. Sozusagen das weiße Schaf ihrer Zunft." Ein Kichern erklang hinter mir. "Ach Nero, warum hast Du nie etwas gesagt, wir hätten so viel Spaß gehabt." Ich wirbelte herum und zog meine Knarre. "Jasmin.", knurrte ich. Abwehrend hob die Hexe ihre Hände. Sie trug immer noch das knappe Sommerkleid und lächelte unschuldig. "Keine Sorge, ich habe keine bösen Absichten." Mit einem bitteren Lachen zielte ich auf ihr Gesicht. "Du hast mich unter Drogen gesetzt und eingesperrt." "Gut, ich gebe zu, wir hatten einen miesen Start, aber lass uns darüber reden. Du bist ein Nephilim und der goldene Flammenkaiser, ich bin eine Hexe aus der Blutlinie von Morgan la Fay. Unsere Nachkommen wären unglaublich mächtig." Schon wieder dieser Mist. "Pass auf, was auch immer passiert,", sagte ich. "Ich werde keine Kinder zeugen." Den Entschluss hatte ich unbewusst schon länger gefasst, ich würde Luzifers Blut nicht weitervererben. Bevor Jasmin etwas erwidern konnte, barsten die Fensterscheiben und ein Mann in mittleren Alter landete neben dem Bett. Er trug einen weißen Kampfanzug und über seine Schulter ragte der Griff eines Breitschwertes. Sein braunes Haar war an den Schläfen leicht ergraut und er hatte ein wettergegerbtes Gesicht, das leicht indianisch wirkte. Ein Jäger von SOL. "Jasmin, es ist Zeit zu sterben.", knurrte er. Instinktiv schob ich mich vor sie und sagte: "Hey alter Mann, lass sie in Ruhe. Ihr Arsch gehört schon mir." "Aus dem Weg Junge. Du hast ja keine Ahnung was sie ist.", erwiderte er und zog langsam sein Schwert. Die Klinge war hellgrau, fast schon weiß und schien im Halbdunkeln zu glühen. Aus irgendeinem Grund verabscheute ich diese Waffe mit jeder Faser meines Körpers. Ich steckte die Pistole weg und streckte meine Hand aus. Die Rune glühte auf der Speer erschien in meiner Hand. Mit einem kurzen Gedanken verkürzte ich ihn zu einem Kurzschwert und richtete es auf den Jäger. Die Magie, die Aurus an mich band, schien nicht von der Droge beeinflusst zu werden. Gut zu wissen. Ich konnte momentan vielleicht keine Zauber wirken, aber immerhin war ich für Kämpfe gegen stärkere Kreaturen ausgebildet worden. Ich ließ mein Schwert kreisen und ein wölfisches Grinsen stahl sich auf mein Gesicht. "Falsch, alter Mann. Du hast keine Ahnung was ICH bin."

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