Azazel starrte mich jetzt schon seit geschlagenen zwei Minuten an. Er hatte etwa fünf mal versucht etwas zu sagen, aber seine Stimme hatte schon nach wenigen Worten versagt. Schließlich klatschte er in die Hände und hinter einem Regal kam ein Stuhl hervorgerannt und blieb neben dem gefallenen Engel stehen. Der Engel setzte sich und Emilia stieß mir den Ellenbogen in die Seite. "Er hat den Stuhl für kurze Zeit belebt", erklärte ich ihr leise. "Solche Magie gibt es auch bei Menschen, soweit ich weiß, nennt man diese Magier 'Animanten.' Habe ich mal…", "...in einem Buch gelesen", vollendete Emilia meinen Satz und schob Durendal zurück in die Scheide. Auch ich steckte meine Waffen weg und richtete das Wort wieder an Azazel. "Also, was ist jetzt? Kannst du uns helfen?". Der Gefallene klatschte erneut in die Hände und zwei weitere Stühle kamen angerannt und ein Tisch samt Tassen und zwei Kannen. "Setzt euch", sagte er schließlich. Ich ließ mich auf einen der Stühle fallen, lehnte mich zurück und nach kurzem Zögern setzte sich auch Emilia. Zwei Tassen krochen quer über den Tisch, beide gefüllt mit Tee. Was hatten die Höllenfürsten nur mit Tee? Und überhaupt, sollte einer der Tassen oder ein Stuhl anfangen zu singen, würde ich den ganzen Laden hier abfackeln. "Die heilige Lanze", unterbrach Azazel meine Gedanken. "Was willst du damit anfangen? Wozu braucht ein kleiner Wirt eine solch mächtige Waffe?" Mich beschlich das Gefühl, dass es unklug wäre Azazel zu belügen, außerdem war er, laut Jack, ein Vertrauter Luzifers. Also erzählte ich ihm von Leviathan und ihrem Plan die Tore zur Hölle aufzureißen. Als ich geendet hatte, lehnte ich mich zurück, legte meine Füße auf den Tisch und zündete mir eine Zigarette an. Wieder spürte ich Emilias Ellenbogen, aber ich versuchte sie für den Moment zu ignorieren. Azazel trommelte nachdenklich auf dem Tisch, dann sagte er: "Diese hinterhältige Schlange will also einen neuen Krieg anzetteln. Als hätte sie im Ersten nichts gelernt. Wisst ihr, Leviathan ist unglaublich mächtig, aber die Hölle langweilig sie. Es gibt wenig, dass sie so aufregend findet wie einen guten Kampf. In einem Krieg bekäme sie die Gelegenheit sich den Erzengeln zu stellen. Aber die Tore zur Hölle zu öffnen… Das ist Wahnsinn. Die Hölle ist zu schwach um in einem Krieg lange bestehen zu können, allerhöchsten zehn Jahre." "Zehn Jahre?!", keuchte Emilia. "Das würde die Hölle völlig verwüsten." Azazel nickte zustimmend. "Schon in der ersten Schlacht würde ein großer Teil der Menschheit ausgelöscht werden. Und die meisten dieser Seelen würden in die Hölle kommen, wir wären hoffnungslos überfordert. Aber Dämonen wie Leviathan sind zu kurzsichtig um das zu erkennen. Also gut, ich werde euch helfen. Unter einer Bedingung." Innerlich seufzte ich. Gegen wen würde ich diesmal kämpfen müssen? Der gefallene Engel lehnte sich vor, nippte an seinem Tee und lächelte mich an. "Sag mir die Wahrheit. Ich spüre zwar die Flamme, die in deinem Innern lodert, aber dahinter ist eine Dunkelheit, tief, schwarz und mächtig, wie sie selten zu finden ist. Also sag mir, wer bist du wirklich?" Grinsend warf ich meine Kippe in die Tasse, die vor mir auf dem Tisch stand. "Wie gut ist dieser Ort geschützt?", frage ich. "Denn wenn ich dir zeige wer ich bin, wäre es möglich, dass dein Zuhause von rachsüchtigen Dämonen heimgesucht wird." "Keine Sorge, dieser Ort ist bestens isoliert, gegen Auren jeder Art. Also verrate es mir endlich! Wer und was bist du?" Ich stand auf und griff nach dem Amulett um meinem Hals. Ein bisschen Dramatik hatte noch nie geschadet. Langsam zog ich mir die Kette über den Kopf, legte sie auf den Tisch und sagte: "Mein Name ist Nathaniel Black. Wirt von Aurus, Träger der ewigen Flamme. Und ich bin ein Nephilim, Sohn von Luzifer Morgenstern, der erste Gefallene und Herr der Hölle." Azazels Tasse zerbrach in seiner Hand und er fing an zu husten. Offenbar hatte er sich an seinem Tee verschluckt. Nach wenigen Sekunden hatte er sich aber wieder gefangen und fing an zu lachen. "Meine Fresse, Luzifer ist doch immer für eine Überraschung gut. Also gut, wenn der Sohn Satans mich um einen Gefallen bittet, kann ich schlecht ablehnen, zumal ein Krieg überhaupt nicht in meinem Interesse liegt. Folgt mir bitte." Der Engel stand auf und machte eine kleine Handbewegung. Zwischen zwei Regalen erschien auf einmal eine kleine Tür aus schlichtem Holz. Emilia sah mich fragend an, als ich ihr zu nickte, stand sie ebenfalls auf und wir folgten Azazel, wobei die Cambion dicht hinter mir blieb. Ich hängte mir das Amulett gerade wieder um, als Azazel sagte: "Für den Sohn eines Königs bist du überraschend nett. Immerhin hast du um meine Hilfe gebeten, als Balthasar das letzte Mal hier war, hat er mir befohlen ihm ein neues Schwert zu schmieden. Befohlen! Mir! Unverschämtes Balg. Natürlich habe ich es getan, immerhin ist er der Prinz und kann mir einige Probleme bereiten." Als der Name meines Halbbruders fiel, bekam ich ein flaues Gefühl im Magen. "Balthasar?", fragte Emilia so ruhig wie möglich. Azazel legte die Hand auf die Türklinke und lachte wieder. "Ach ja, ich kann mir vorstellen, dass ihr nicht sonderlich gut auf ihn zu sprechen seid. Keine Sorge, er ist momentan ziemlich beschäftigt, soweit ich gehört habe, hat er ein paar Verluste in den eigenen Reihen zu beklagen. Man munkelt, er habe eine Wirtin in seinen Diensten gehabt. Er hat keinen Grund einen alten, gefallenen Engel aufzusuchen. Nun kommt schon, ich zeige euch meine Schmiede."
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Rogue Hero
Fantasy"Jedes Land hat so seine Legenden. In jedem Landstrich hatten die einfachen Leute vor etwas anderem Angst. So entstanden Märchen und Legenden über die verschiedensten Wesen. Vampire, Werwölfe, Elfen, Riesen, Kobolde und so weiter. Du kennst diese Ge...