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Langsam und vorsichtig fuhr ich hinter Perrys SUV über die improvisierte Brücke, die Taio errichtet hatte. Für den Terrakinetiker natürlich ein Kinderspiel und einer der wichtigsten Punkte in unserem Plan. Nach und nach folgten uns die anderen Fahrzeuge und wir fuhren über die schmalen Wege des Golfplatzes, die eigentlich für deutlich kleinere Wagen gebaut worden waren. Wir brauchten keine zehn Minuten, bis wir unser vorläufiges Ziel erreicht hatten, den Parkplatz des Disney Palm Golf Course. Nacheinander bremsten die Wagen und kaum hatte ich den Camaro zum stehen gebracht, stieg ich aus und schwang mir meine Umhängetasche über die Schulter. Im selben Moment kamen drei Männer auf uns zugestürmt, mit Schlagstöcken in der Hand und Pistolen an der Hüfte. "Gewöhnliche Sterbliche.", sagte ich und zog das Zepter aus meiner Tasche. Ich konzentrierte mich auf meine Engelskräfte, ließ sie in das  Zepter fließen und rammte es mit aller Kraft in den Boden. Ein goldenes Leuchten erschien und weitete sich blitzschnell aus, ein warmer Schauer lief mir über den Rücken, andere beugten sich nach vorne und übergaben sich, darunter Jack und ein gutes Dutzend Vampire. Als das Leuchten die Wachmänner erreichte, verschwanden sie einfach und ich wusste, dass sie nur noch ein paar leere Parkplätze sehen würden, wo eben noch ein Dutzend Wagen gestanden hatten. "Nath!", rief Jack würgend. "Fick dich, Alter! Das hat bis in meine Kronjuwelen gezogen." Ein paar Minuten später hatten sich alle wieder gesammelt, ihre Waffen aus den Autos geholt und waren bereit. "Scharfschützen", sagte ich leise. "Jeder von euch nimmt sich zwei Leute, dann schlagt ihr euch so schnell es geht zu euren Stellungen durch." Marcus nickte zwei Vampiren und einer Kitsune zu, die ebenfalls Präzisionsgewehre geschultert hatten, dann lief er los, dicht gefolgt von Kiara und einem Oger. Als die Scharfschützen weg waren, wandte ich mich an den Rest meiner Truppe. "Emilia, Nero, Taio, Jack und Asami. Ihr kommt mit mir." Der Kater maunzte überrascht und auch die Kitsune zog eine Augenbraue hoch. "Wenn euch das Risiko zu hoch ist, dann..." "Halt die Klappe, Kleiner", grinste Nero und Asami erwiderte: "Nein, es wäre mir eine Ehre." Ich nickte knapp, dann sah ich Perry und Leonie an. "Ihr nehmt beide je fünfzehn Leute, Leonie, ihr werdet den See in östlicher Richtung umrunden. Beide Gruppen nehmen Telekinetiker und Oger mit, errichtet Barrikaden, versucht die Dämonen zu euch zu locken, dann könnt ihr eure Kräfte bündeln. Wir gehen rein und versuchen Leviathan überhaupt erst daran zu hindern, das Tor zu öffnen. Die Scharfschützen werden versuchen, so viele der fliegenden Dämonen auszuschalten, wie sie nur können. Seid ihr bereit?"

Als Leonie und Perry mit ihrem jeweiligen Trupp verschwunden waren, zündete ich mir eine Zigarette an. Die letzte Kippe vor der Schlacht. Auch Jack stopfte sich seine Pfeife und ich spürte, wie etwas an meinem Hosenbein zupfte. Als ich runter sah, entdeckte ich Nero der meine brennende Zigarette musterte. "Hast du vielleicht eine für mich?", fragte er und scharrte verlegen mit der Pfote. Grinsend zog ich die Schachtel aus meiner Manteltasche, schob ihm eine Kippe ins Maul und zündete sie an. Der Kater inhaliert den Rauch und stieß ihn mit einem lauten Seufzen wieder aus. "Leck mich am Arsch, tut das gut. Ich habe seit fünfzehn Jahren keine mehr geraucht. Und jetzt lass uns den Flohteppich befreien, wir haben nicht ewig Zeit." Mit der Kippe im Mundwinkel ging ich zum Lastwagen, klopfte dagegen und drückte den Knopf um die Ladebordrampe zu öffnen. Drinnen erklang ein lautes Poltern als Nemira aufsprang und aufgeregt mit dem Schwanz wedelte und ich sah wie Taio und Asami zurück wichen. "Was genau ist da drin?", fragte Taio und Asami ergänzte: "Und wieso wolltest du bei den Besprechungen nicht über den LKW reden?" Kaum war die Rampe offen genug, quetschte sich Nemira durch, stürzte sich auf mich und ich konnte gerade noch rechtzeitig meine Zigarette beiseite halten, ehe mich die riesige Zunge der Hündin traf und völlig durchnässte. "Entspannt euch.", sagte Emilia zu Taio und Asami, die beide die Hände auf ihren Waffen hatten. "Sie gehört zu Nath, er hat sie aus einer Forschungseinrichtung befreit. Keine Sorge, sie ist eigentlich ganz lieb und hört recht gut auf Nath." Ich schaffte es endlich Nemira zu beruhigen, rauchte meine Kippe auf und schnippte sie weg. "Also los", sagte ich mit einem schiefen Grinsen und betrachtete den wolkenverhangenen Himmel. "Lasst uns die Welt retten. Taio, wärst du so nett?" Der Erdmagier nickte knapp und stampfte kurz auf den Boden. Ein Zittern ging durchs Erdreich und der Beton vor unseren Füßen brach auseinander.

"Gab es wirklich keine andere Wahl?", fragte Asami, die ein wenig bleich um die Nase war. "Nein.", erwiderte ich und ließ die Flamme auf meiner Handfläche heller leuchten, während Taio das Erdreich vor uns teilte. Seit einigen Minuten gingen wir durch diesen Gang, der eigentlich mehr eine Luftblase war, da Taio ihn direkt hinter uns wieder verschloss. "Sind wir wenigstens bald da?", hakte die Kitsune nach. "Ich dachte nicht, dass wir so lange unter der Erde sein würden. Außerdem hechelt mir dein Hund in den Nacken." "Noch etwa zweihundert Meter, haltet eure Waffen bereit.", antwortete ich. "Nein, Jack.", seufzte ich. "Nicht den Granatenwerfer. Noch nicht." Enttäuscht zog der Dämon seine Axt, während Emilia und Asami ihre Waffen luden. Während Emilia ihrer treu geblieben war, hatte die Kitsune sich ein MG3 geholt, eine Waffe die für eine Sterbliche ihrer Statur völlig ungeeignet gewesen wäre. "Wir sind da.", meinte Taio schlicht. "Noch eine leichte Steigung, vielleicht zehn Meter, dann sind wir draußen." Er streckte die Hand aus und berührte die Wand, aus der nun kleine Grantitbrocken flogen und eine Glefe und eine Rüstung formten, die seinen linken Arm komplett bedeckte und einen Teil seines nackten Oberkörpers. "Na gut", knurrte ich. "Legen wir los." Ich beschwor meinen Speer und Taio schlug auf den Boden, woraufhin der Boden vor uns aufbrach. "Deus asinus est", meinte er grinsend und hob seine steinerne Waffe. Asami und Emilia gaben uns Rückendeckung und Seite an Seite mit Taio und dem Dämon trat ich an die Oberfläche. "Bei Luzifers geheimem Pornokeller.", entfuhr es Jack. "Leviathan hat tatsächlich Garuda in ihrer Armee..." "Nero, halt dich zurück.", zischte ich und beschwor meinen Speer. Der Anblick der sich uns bot, war nichts für schwache Nerven. Die Garuda waren etwa drei Meter große Hünen mit bronzefarbener Haut, riesigen Adlerfängen und dem Kopf eines Raubvogels mit rot glühenden Augen. Ihre langen Klauen und ihre Schnäbel waren blutverschmiert, als sie von dem zerfetzten Leichnam des Elefanten zu ihren Füßen aufsahen. Als sie uns entdeckten, zückten sie ihre riesigen, indischen Khanda-Schwerter, doch bevor sie sich in Bewegung setzen konnten, schossen drei Rabisu an ihnen vorbei. "Asami!", rief ich und die Kitsune trat vor, hob ihre Waffe und drückte ab. Die schweren .308 Winchester Patronen peitschten durch die Luft, erwischten einen der Rabisu und zerfetzten seinen Kopf und Oberkörper. In einer fließenden Bewegung zog ich Gladys, ließ meine Magie in die Waffe fließen und drückte zweimal ab. Die erste, von heiligem Licht erfüllte Kugel traf den Kopf, die zweite das Herz eines Rabisus und alle drei stürzten tot zu Boden. Doch nun breiteten die Garuda ihre beeindruckenden Flügel aus und kreischten herausfordernd. "Emilia, Asami, Taio, versucht sie abzulenken.", rief ich und steckte meine Pistole weg. "Zielt auf die Flügel, am Boden sind sie leichter zu bekämpfen. Nero, Nemira, bleibt zurück. Jack, wir greifen sie aus der Luft an. Es sind gefallene Götter, also sind sie vermutlich schwer zu töten." Der Dämon lächelte grimmig, entfaltete seine ledrigen Schwingen und packte seine Axt mit beiden Händen. Auch ich breitete meine Flügel aus und verkürzte den Schaft meines Speeres, bis der Griff etwa so lang war wie mein Arm. Goldene Flammen umschmeichelten die Klinge und ich spürte einen leichten Wind in meinen Federn. "Na dann.", knurrte ich und spürte, wie meine Augen sich schwarz verfärbten. "Erledigen wir diese Mistviecher. Und danach ist Leviathan dran."

Rogue HeroWo Geschichten leben. Entdecke jetzt