Nach etwa einer halben Stunde Fahrt hielten wir an. Man verband mir die Augen, dann öffnete jemand die Tür des Vans und stieß mich unsanft auf einen Schotterweg. Einige Leute redeten auf raschem spanisch aufeinander ein, ich verstand nur die letzten Worte. ".... ab hier übernehmen wir. Geht." Zwei Paar kräftige Hände zogen mich und und zerrten mich nach vorne. Nach ungefähr hundert Meter wurde ich durch eine Tür bugsiert. Unsere Schritte hallten laut wieder, wir mussten uns in einem großen Raum befinden. Schließlich bekam ich einen Tritt in die Kniekehlen und fiel auf die Knie, die Hände immer noch auf den Rücken gefesselt. "Nehmt ihm die Augenbinde ab.", befahl eine tiefe Stimme. Jemand folgte der Anweisung und ich sah mich neugierig um. Wir befanden uns in einer großen Halle, vermutlich der Eingangsbereich einer Villa, lediglich von zwei kleinen Lampen beleuchtet. Im hinteren Teil führten zwei geschwungene Treppen nach oben. Dazwischen stand eine Art Thron, auf dem ein Mann saß, den die Dunkelheit halb verdeckte. Jemanden der nicht im Dunkeln sehen konnte musste das ganze ziemlich einschüchtern. Ich aber sah den großen Mann deutlich. Er musste etwa zwei Meter groß sein und war muskelbepackt. Er trug schwere Stiefel, eine Hose in Tarn-Farben und ein weißes Unterhemd. Quer über seine Knie lag eine zweihändige Machete. Sein Gesicht hatte einen grausamen Ausdruck und ein halbes Dutzend Narben zierte seine Visage. "Du musst Eduardo sein.", stellte ich fest. "Mein Name ist Nathaniel." "Nathaniel. Ich bin erfreut deine kurze Bekanntschaft zu machen. Erfrischend. Die meisten die am dieser Stelle knien betteln um Gnade, winseln, dass ich ihr Leben verschonen soll." Ich spürte keinerlei Magie bei ihm. Oder den sechs Männern hinter mir. "Ich werde nicht betteln, keine Sorge. Dazu müsste ich davon ausgehen, dass du mich tatsächlich töten kannst.", erwiderte ich lächelnd. Eduardo runzelte die Stirn. "Du bist ja sehr selbstsicher." "Für den Fall, dass ich mich irre hätte ich noch eine letzte Frage: Was weist Du über das plötzliche Massensterben mexikanischer Kartellskämpfer?" "Du hast Mumm, das muss ich zugeben." Während Eduardo sprach versuchte ich unauffällig mein Messer zu ziehen um meine Fesseln zu durchtrennen. Eduardos Männer hatten sich nicht mal die Mühe gemacht mich nach Waffen zu durchsuchen und auch jetzt waren sie eher nutzlos als Leibwachen. "Ich werde dir sagen was ich weiß. Immerhin werde ich dich gleich töten. Man erzählt sich, dass etwas die Kartelle heimsucht. Die Leichen sollen zerfetzt sein, man erzählt sich von fehlenden Organen." Klang ganz nach einem Dämon. Das musste Balthasar sein. Wenn er es tatsächlich war, musste Leonie auch in Mexiko sein. Eduardo stand auf, die Machete in der linken Hand. "Ich habe genug gesagt. Immerhin bist du in MEINER Stadt. Hier gelten MEINE Regeln. Und Du hast sie gebrochen." Er trat vor mich und legte mir die Machete auf die Schulter. "Möge Gott deiner Seele gnädig sein." "Unwahrscheinlich.", erwiderte ich, schnitt meine Fesseln durch und rammte ihm mein Messer in den Bauch. Klirrend fiel die Machete zu Boden. Ich packte sie mit der linken, stand auf und drehte mich um. Die sechs Männer, vermutlich ehemalige Soldaten, sahen mich schockiert an. Sie hielten lange Messer in den Händen, zwei trugen gekürzte Revolver. Ich konzentrierte mich auch die Schatten, ließ sie die Wände hoch und auf die Lampen zu kriechen. "Wenn du die Waffen wegwirfst gewähre ich dir einen schnellen Tod.", sagte einer der Männer und griff nach seinem Revolver. "Lustig. Das selbe Angebot wollte ich euch eben auch machen.", antwortete ich. Ein leichtes Ziehen in meinen Augen machte sich bemerkbar, sie mussten sich verfärbt haben. "Wir sind zu sechst, Du hast keine Chance." Ich ließ den Kopf sinken, sodass mir meine Haare in die Augen fielen. "Lasst uns ein Spiel spielen.", sagte ich. Jeder dieser sechs Söldner hatte getötet. Männer. Frauen. Kinder. Ich spürte es, sah es in ihren Augen. Ich spürte den Zorn, der sich in mir aufstaute. Camael hatte mich gewarnt, dass schlimme Dinge geschehen konnten wenn ich die Kontrolle verlor, aber nun ließ ich meiner Wut freien Lauf. Diese Männer würden sterben. "Ich nenne es: 'Wer von euch kann im Dunkeln sehen?' " Langsam hob ich meine Waffen und löschte das Licht.
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Rogue Hero
Fantasy"Jedes Land hat so seine Legenden. In jedem Landstrich hatten die einfachen Leute vor etwas anderem Angst. So entstanden Märchen und Legenden über die verschiedensten Wesen. Vampire, Werwölfe, Elfen, Riesen, Kobolde und so weiter. Du kennst diese Ge...