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Völlig genervt und angespannt stampfte ich durch das Unterholz. Als Baal gesagt hatte, ich müsse gegen einen seiner Dämonen kämpfen, hatte ich mit einer großen Arena gerechnet. Aber nein, Baal wollte auch meine Qualitäten als Jäger testen und hatte mich in diesen riesigen Wald teleportiert, mit der Info sein Ex-Offizier sei noch hier und der Wald sei von einem mächtigen Kraftfeld umgeben. Also konnte ich mich hier nach Lust und Laune austoben, während Baal und die anderen mir zusahen. Als ich auf eine große Lichtung stieß, wurde ich langsamer und machte eine kurze Pause um eine zu rauchen. Aber kaum brannte meine Zigarette, hörte ich, wie sich eine gewaltige Kreatur einen Weg durchs Unterholz bahnte. Natürlich, eine brennende Zigarette schien solche Dinge anzuziehen. Busse, Züge und warum nicht auch mordlustige Dämonen. Rasch nahm ich noch zwei Züge von meiner Kippe, ehe ich sie fallen ließ und austrat. Dann beschwörte ich meinen Panzerhandschuh und den Speer. Die Bäume standen zu dicht, als das ich wirklich etwas erkennen könnte, aber den Geräuschen nach näherte sich das Vieh mit besorgniserregender Geschwindigkeit. Noch bevor ich mir einen Plan zurecht legen konnte, stürzte der Dämon brüllend zwischen den Bäumen hervor. Er war weit über fünf Meter groß, hatte dunkelgrüne Schuppen und ein langes Maul voller Zähne. Was da auf mich zustürmte, war ein gigantisches, muskelbepacktes Krokodil in einer schweren, eisernen Rüstung. Als es mich erblickte, blieb die Kreatur stehen und hob seine Waffe, einen großen Hammer, an dessen Rückseite ein langer, gebogener Sporn saß. Die Vorderseite hingegen hatte kurze, spitze Zacken, ganz wie ein… Schnitzelklopfer. Meine Lippen verzogen sich zu einem breiten Grinsen. Von dem Ding getroffen zu werden wäre irgendwie lustig, aber  vermutlich extrem schmerzhaft. "Du bist also der Mensch, den ich töten muss", sagte der Dämon und rannte auf mich zu. "Wenn ich dich töte, wird Baal mich begnadigen. Mein Name ist…" "Dein Name ist mir scheißegal", unterbrach ich ihn, stürmte vor und wich seinem ersten Angriff aus und stach nach seinem Knie. Die goldene Klinge durchdrang die Rüstung ohne Problem und hellrotes Blut spritzte aus der Wunde. Der Dämon brüllte schmerzerfüllt auf und holte aus. Seine krallenbewehrte Hand traf mich mit voller Kraft und schleuderte mich quer über die Lichtung. Ich steuerte direkt auf einen riesigen Baum zu, aber im letzten Moment schaffte ich es meinen Flug mit ein paar Windstößen zu stabilisieren und landete sogar halbwegs elegant. Zeit zum verschnaufen blieb mir nicht, denn der Dämon rannte erneut auf mich zu, die Blutung an seinem Knie hatte bereits nachgelassen. Mit blitzschnellen Bewegungen wich ich dem überdimensionalen Schnitzelklopfer aus und versuchte mir eine Taktik zu überlegen, bei der ich meine Engelskräfte nicht benutzen musste. Das Krokodil packte seinen Hammer nun mit beiden Händen und holte aus. Ich rollte beiseite, der Hammer verfehlte mich knapp und zertrümmerte einen Baum hinter mir. Erstmal musste ich mir ein wenig Zeit verschaffen. Ich wich zurück, suchte Deckung hinter den Bäumen. So traf jeder Hieb des Krokodils einen Baum, statt meinen Körper zu zerschmettern. Allerdings konnte ich so keine Feuermagie nutzen, sonst würde ich den gesamten Wald niederbrennen. Ich wich immer wieder aus, sah dabei zu wie die hässliche Echse den Baumbestand kontinuierlich verkleinerte und machte sie mit einigen, gezielten Angriffen immer wütender. Mein Speer hatte zwar keinerlei Mühe durch Rüstung und Schuppen des Dämonen zu schneiden, doch die Schnitte die ich ihm zufügte, verheilten innerhalb von wenigen Sekunden. Ich wünschte ich hätte eine Handgranate, dann könnte ich ihm den Bauch aufschlitzen und das Ding reinstopfen. Hatte ich mal in einem Film gesehen. Allerdings scheiterte der Plan an zwei Punkten. Erstens würde mich der Schnitzelklopfer erwischen, ehe ich nahe genug herankommen könnte. Und zweitens waren die Handgranaten in meiner Umhängetasche. Ich wollte gerade zum nächsten Angriff ansetzen, als ich mit den Schwertgriffen an einem Ast hingen blieb und stolperte. Die Schwerter! Meine Umhängetasche hatte ich zwar dalassen müssen, aber Joyeuse und Curtana waren immer noch über meine Schulter geschwungen. Mein Plan nahm gerade Formen an, als der Hammer auf mich zuraste. Fuck, mein Stolpern hatte mich gerade eine wertvolle Sekunde und vermutlich ein Dutzend heile Knochen gekostet. Die kleinen Stachel bohrten sich durch meine Haut und zerfetzen mein Fleisch, während die brachiale Kraft, die in dem Hieb steckte, meine Knochen brechen ließ. Leck mich, tat das weh. Ich flog in einem hohen Bogen durch die Luft und krachte auf den Boden der Lichtung, wobei noch ein paar weiterer meiner Knochen brachen. War das meine Rippe, die da aus meinem Brustkorb lugte? Blödes Arschloch. Hatte ich überhaupt noch welche, die ungebrochen waren? Vermutlich nicht mehr lange, denn das Krokodil stapfte wieder auf mich zu. Meine Knochen und Wunden begannen zwar zu heilen, aber der Schmerz war einfach zu groß um aufzustehen. "Aurus", sagte ich, was mir aufgrund meines gebrochenen Kiefers verdammt wehtat. "Könntest du…" "Ich arbeite dran", erwiderte der Löwe und sofort wurden meine Schmerzen geringer. Ich ballte meine gepanzerte Faust und gewaltige Flammen formten einen Kreis um mich. Das Krokodil wich knurrend zurück, als die Flammen seine Schnauze verbrannten. Er fluchte in einer mir unbekannten Sprache und begann um mich herumzulaufen, lange genug, damit sich die nötigsten Knochen wieder zusammenfügen und die tiefsten Wunden heilen konnten. Ich fühlte mich zwar immer noch, als wäre ich durch einen Fleischwolf gedreht worden. Ich rammte meinen Speer in den Boden und zog Curtana. Kaum hatte ich das Schwert aus der Scheide gezogen, begann die Klinge zu schimmern. Der Dämon schlug wütend gegen einen Baum und schrie: "Du hast ein heiliges Schwert? Oh, Baal wird mich reich belohnen, wenn ich es in meinen Besitz bringe! Die ganze Hölle wird meinen Namen kennen, den Namen von…." "Fick dich ins Knie", unterbrach ich den Dämon. "Wie gesagt, dein Name geht mir sonst wo vorbei." Ich packte den Griff von Curtana fester und konzentrierte mich auf das Schwert, streckte meine geistigen Fühler danach aus um die Waffe zu verstehen. Dann hob ich die Klinge vor mein Gesicht und ließ die Flammen ersterben. "Weißt du, du hässliche Eidechse, ich habe verdammt große Schmerzen und mein Blut auf dem Boden sieht aus wie ein waschechter Pollack. Aber es ist an der Zeit das ganze hier zu Ende zu bringen. Ich habe schließlich noch ein paar Termine." Curtana glühte kurz auf und eine Sekunde später schwebte eine exakte Kopie der Waffe neben mir. Ich konzentrierte mich und erschuf noch zwölf weitere Kopien. Langsam schien der Dämon unsicher zu werden, aber er packte seinen Hammer mit beiden Händen und setzte zum Sprint an. Ich konnte mir ein leichtes  Lächeln nicht verkneifen, als ich die Spitze von Curtana auf den Dämon richtete. Alle dreizehn Kopien schossen gleichzeitig auf ihn zu und bohrten sich in seinen Körper. Ich wandte geblendet die Augen ab, als heiliges Licht den Körper des Krokodils zerfetzte. Ächzend steckte ich das heilige Schwert weg und sofort verschwanden auch die Kopien der Waffe. Ich warf einen Blick nach unten und zupfte an meinem T-Shirt. Verdammt, an Wechselklamotten hatte ich natürlich nicht gedacht. Aber im Grunde stand das Wechseln meiner Klamotten recht weit unten auf meiner Prioritätenskala, erst einmal würde ich eine rauchen und darauf warten, dass Baal mich aus diesem verschissenen Wald holte. Ich kramte gerade nach meinen Kippen, als eine Stimme erklang. "War hat das hier getan?" Irritiert drehte ich den Kopf. War dieser Waldabschnitt laut Baal nicht vollständig isoliert? Dennoch hockte eine Gestalt neben einem der umgeknickten Bäume und streichelte sanft über die Rinde. Unter seiner Berührung erholte sich der Baum und richtete sich wieder auf. Als die Gestalt sich erhob, schoss eine Welle grüner Magie über die Lichtung, heilte die Bäume, die der Dämon zerstört hatte und stellte sogar das Gras wieder her, dass ich verbrannt hatte. "Wie kannst du es wagen, Bäume einfach mutwillig zu zerstören? Bäume, die unter MEINEM Schutz stehen. Selbst ein Mensch sollte mich erkennen, oder sind selbst die Legenden über mich in Vergessenheit geraten?" Die Gestalt trat aus dem Schatten der Bäume und offenbarte einen Mann mittleren Alters, der etwa so groß war wie ich. Er hatte zwei massive Hörner, umgeben von braunen  Locken. Seine Augen waren waldgrün und seine Beine… waren die einer Ziege. Also hatte Emilia falsch gelegen. "Ich bin Pan, der Hüter des Waldes, du närrischer Mensch", donnerte der Gott. "Und ich hoffe du hast eine gute Erklärung für all das hier!"

Rogue HeroWo Geschichten leben. Entdecke jetzt