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Der Rest des Tages verlief recht ereignislos. Wie in allen anderen Schulen langweilten mich die meisten Fächer. Ich wollte ein paar mal mit Leonie reden, aber in den Pausen waren wir beide von Leuten umringt, sodass ich nicht mal in ihre Nähe kam. Mein Kampf gegen Damon war das Gesprächsthema Nummer 1. Allerdings konnte ich auf keine ihrer Fragen wie ich ihn besiegt hatte antworten. Aber ich konnte heraus hören, dass Damon wohl einer der besten Schüler der Akademie war. Das ich ihn scheinbar mühelos besiegt hatte schien die meisten zu freuen. Am Nachmittag kam schließlich ein Mann mit kurzgeschorenem schwarzen Haar und der Statur eines Soldaten in den Klassenraum und sagte:"In zehn Minuten steht ihr umgezogen auf dem Sportplatz." Sofort kam Bewegung in die Klasse. Vor dem Typen schienen alle Respekt zu haben, deshalb beschloss ich mich ebenfalls zu beeilen. Ich ging auf mein Zimmer und zog mich um. Zu meiner Freunde bestand die Sportbekleidung bei näherer Betrachtung aus einer schwarzen Hose im Militär-Stil und einem schwarzen T-shirt. Dazu weiße Turnschuhe. Als ich mein Zimmer wieder verließ sah ich gerade noch wie Emilia und Leonie um die Ecke bogen. Ich rannte los und direkt hinter ihnen verließ ich das Schulgebäude durch einen Hinterausgang. Der Sportplatz war ein riesiges Fußballplatz auf dem sogar Tore standen. Weiter hinten standen mehrere niedrige Gebäude. Der Mann von eben stand bereits mit verschränkten Armen auf der Aschebahn die um den Fußballplatz führte. Wir gehörten zu den letzten. "Hey Nath.", flüsterte Leonie. "Können wir reden?" "Klar.", antwortete ich. Bevor ich mehr sagen konnte rief der Soldat mit einer Stimme die jedem Drill-Sergeant Respekt eingeflößt hätte :"Für alle die mich nicht kennen: Ich bin euer Ausbilder! Nennt mich Miles. Meine Aufgabe ist es euch im Nahkampf auszubilden und euch die bestmöglichen Überlebenschancen mit auf den Weg zu geben. Das Training wird hart. Viele von euch werden ans aufgeben denken. Aber wenn ihr durchhaltet werdet ihr alles beherrschen was ihr im Kampf benötigt. Und jetzt: Fünf Runden zum aufwärmen!" Ich fluchte leise, lief aber trotzdem los. Leonie lief neben mir her und wollte gerade etwas sagen, als Miles rief:"Wer redet macht 50 Liegestützen!" Unwillkürlich musste ich grinsen. Leonie redete beim joggen IMMER. Das hier war fast schon eine Folter für sie. Ich schob den Gedanken daran beiseite und konzentrierte mich auf meine Atmung und meine Schritte. Ich merkte nicht mal wie ich die anderen überholte und rannte einfach weiter. Schließlich drang Miles Stimme an mein Ohr:"Neuling!" Ich blieb stehen und sah ihn an. "Du bist fertig. Und das vor allen anderen. Nicht übel." Ich atmete tief ein und wischte mir den Schweiß von der Stirn. Nach und nach kamen auch die anderen an. Gemeinsam gingen wir zu einem der niedrigen Gebäude. Wir traten ein und Miles schaltete das Licht an. Helle Neonlampen beleuchteten eine große Sporthalle, deren Boden mit Matten ausgelegt war. "Neuling.", rief Miles. "Ich heiße Nathaniel.", sagte ich betont ruhig. "Dazu musst du dir meinen Respekt verdienen. Komm her." Er ging zu einem großen Schrank und zog die Türen auf. Zum Vorschein kamen Dutzende verschiedene Übungswaffen für den Nahkampf. Speere, Hellebarden, Kampfmesser, Dolche und Schwerter. Allesamt stumpf. "Wähle eine Waffe. Ich will sehen was Du kannst. Ich habe gehört das du Damon besiegt hast. Aber in einem Kampf hast Du oft keine Gelegenheit um Magie anzuwenden. Aber das versteht ihr Magier meistens nicht." Ihr Magier? Wie viele gab es eigentlich? Noch eine Frage die ich Zachaire stellen musste. Lange betrachtete ich die Waffen und wägte die Vor- und Nachteile ab. Dann fiel mein Blick auf ein Bokutō, auch Bokken genannt, eine Art gebogenes Übungsschwert aus Holz, einem japanischen Katana nachempfunden. Der Griff der Waffe schmiegte sich perfekt in meine Hand. Beim Kendo Training hatte ich oft ähnliche Waffen benutzt. Probeweise ließ ich es kreisen. Es war ziemlich leicht und gut austariert. Zudem war ich mit solchen Waffen vertraut. "Ich wähle das hier.", sagte ich ruhig. "Wie du meinst. Ich brauche einen Freiwilligen der gegen den Neuen kämpft.", wandte er sich an die Klasse. Der blonde Schönling von vorhin trat vor. "Ich mache das gerne.", sagte er feixend. "Danke James. Dann such die eine Waffe aus. Denk dran, das ist ein Übungskampf, versuch ihm nichts zu brechen. " James ging zum Waffenschrank und nahm sich ohne zu zögern einen mehr als zwei Meter langen Speer mit abgestumpften Spitze. Er setzte also auf Reichweite. Das ich ein exzellenter Kämpfer war und seit Jahren mit dem Bokken trainierte schien er nicht mal in Betracht zu ziehen wie ich an seinem selbstgefälligen Grinsen erkennen könnte. Die anderen zogen sich an den Rand der Halle zurück während James und ich uns in die Mitte begaben. Wir stellten uns einige Meter voneinander entfernt und ich verbeugte mich leicht. Dann schob ich meinen linken Fuß ein wenig zurück und packte das Bokken mit beiden Händen so, dass die Spitze auf James' Hals zeigte. "Komm schon.", versuchte ich James zu provozieren. "Damon hat wenigstens nicht gezögert, auch wenn er von Anfang an chancenlos war." James sprang mit einem kurzen Schrei vor und stach nach meiner Brust. Mühelos schlug ich den Speer beiseite und schwang mein Bokken in einem weiten Bogen. Wie erwartet blockte er den Schlag ab und ich versuchte ihm gegens Knie zu treten. Überrascht rollte er sich zur Seite ab und schnellte hoch. Sofort griff er wieder an. Ich spürte wie mein Herzschlag sich beschleunigte und gleichzeitig schienen James' Angriffe langsamer zu werden. Jeden seiner Stiche lenkte ich ab oder wich einfach aus. Dann wechselte er die Taktik. Statt zuzustechen wirbelte er den Speer umher und versuchte wuchtige Treffer zu landen. Ich wich einige Zeit lang aus, bis ich schließlich ein Muster erkannt hatte. Nachdem er zustach, wirbelte er den Speer kurz über seinem Kopf, dann hinter seinem Rücken und schlug dann zu. Da er sich dabei ebenfalls drehte musste ich schnell sein. Als er zustach tat ich so als würde ich beiseite stolpern. Siegessicher wirbelte James seinen Speer über seinem Kopf als wolle er abheben. Ich schoss vor, riss mit der rechten mein Bokken hoch und rammte James meine linke Schulter in den Leib. Sein Speer traf mit einem lauten Knallen auf mein Bokken, landete mit einem Klappern das durch die Matten gedämpft wurde mehrere Meter entfernt und er selbst flog nach hinten und blieb liegen. Lächelnd setzte ich ihm die Spitze meiner Waffe an den Hals. Ein lautes Klatschen ertönte und als ich mich umdrehte erblickte ich Zachaire, der zwischen den Schülern stand. Als sie ihn bemerkten tuschelten sie aufgeregt. "Nicht übel. Unschön , aber effektiv. ", sagte er. "Miles, ich würde mir Nathaniel gerne für den Rest des Unterrichts ausleihen." Der Ausbilder nickte kurz. Der Alchemist sah mich an und sagte:"Nimm das Bokken mit und folge mir."

Rogue HeroWo Geschichten leben. Entdecke jetzt