#88

4.4K 435 13
                                    


Rasch warf ich Emilia ihre Waffe zu und sagte knapp: "Leonie ist hier." Dann steckte ich meine Pistole weg, schnappte mir Emilia und flog los. Diese Flügel waren verdammt praktisch. Einige Sekunden später entdeckte ich Marcus, der gerade kurzen Prozess mit den letzten Jägern machte. Vielleicht hundert Meter entfernt stand Leonie, halbwegs verdeckt von ein paar Bäumen, ihr Rapier funkelte im Mondlicht. Ihr blondes Haar fiel ihr über die Schultern, sie strich sich eine Strähne aus dem Gesicht, während sie Marcus mit einem verachtungsvollen Blick musterte. Und neben ihr stand Horus. Ich landete neben Marcus und Jack, setzte Emilia ab und faltete meine Flügel zusammen. Dann sprintete ich auf Leonie zu, als mich plötzlich ein starker Windstoß traf und nach hinten warf. Fluchend rappelte ich mich auf und erblickte einen Mann mit eisblauen Augen und einem Katana in der Linken. Balthasar. Dann kämpfte Kiara sich durch die Büsche neben uns und stellte sich hinter mich, direkt neben Marcus. "Was sind das denn für Gestalten?", fragte der Typhokinetiker, während die drei langsam auf uns zukamen. "Das Mädchen ist Leonie.", sagte ich. "Die silberne Donnerkaiserin, Wirtin von Fenrir." "Die Kreatur mit dem Falkenkopf ist Horus, einst ein Gott, jetzt ein Dämon aus dem 7. Kreis der Hölle.", fuhr Jack fort. "Und neben ihnen steht Balthasar, erstgeborener Sohn von Luzifer." Marcus lachte leise. "Was für eine Ehre. Wie sieht's aus Kleiner, hast du auch hierfür einen Plan?" Ich überlegte kurz, ging innerhalb von Sekunden einige Szenarien durch, dann sagte ich: "Marcus, Kiara, ihr lenkt Leonie ab. Beschäftigt sie einfach. Kiara, versuch sie zu verlangsamen. Emilia, Jack, ihr kümmert euch um Horus. Keine offenen Wunden, mit seinem Blut kann er die Toten rufen." Marcus sah mich zweifelnd an. "Du willst Luzifers Sohn alleine übernehmen?" "Das ist nur fair.", sagte ich. Ohne weiter darauf einzugehen rief ich: "Balthasar! Brauchst Du jetzt schon einen niederen Gott und ein Mädchen um mich zu bekämpfen?" Ich sprintete los, schlug gerade noch rechtzeitig mit den Flügeln um einem Windstoß aus Kusanagis Spitze zu entgehen und schoss auf Balthasar zu. Ich rammte ihn frontal und gemeinsam krachten wir gegen einen Baum, der unter unserem Aufprall einknickte. Gleichzeitig sprangen wir auf. Der Dämon schwang sein Schwert und eine Klinge aus komprimierter Luft schoss auf mich zu. Es war an der Zeit ihm meine Stärke zu demonstrieren. Ich erinnerte mich an den Kampf gegen Alessia, das Gefühl der Macht. Wütend hob ich die linke Hand und spreizte die Finger. Ich spürte wie die Siegel kurz aufglühten, als sie den Angriff absorbierten. Vielleicht waren die Windstöße als nicht gefährlich genug eingestuft worden. Aber das war jetzt nebensächlich. Ich sprang vor und stach nach Balthasars Hals. Der Dämon schlug die Speerspitze beiseite und versuchte zu kontern. Mit einem kräftigen Flügelschlag brachte ich mich in Sicherheit und umkreiste Balthasar, wobei ich geschickt seinen Angriffen auswich. Dann entdeckte ich eine Lücke in seiner Verteidigung. Nach jedem Angriff trat er zurück, wobei er den Griff um Kusanagi ein wenig lockerte. Blitzschnell schoss ich vor und stach nach seinem Handgelenk. Keuchend ließ der Dämon das Schwert fallen und im selben Moment rammte ich ihm meine Schulter gegen die Brust. Dann trat ich die Waffe beiseite und hob die Hand. Pechschwarze Ketten kamen aus den Schatten und fesselten ihn an den Boden. "Das war ja fast schon enttäuschend.", sagte ich und sah mich nach den anderen um. Emilia hatte wohl einen ähnlichen Gedanken gehabt wie ich, denn auch Horus lag gefesselt am Boden, dicke Wurzeln fixierten Arme, Beine und seinen Schnabel. Dann fiel mein Blick auf Leonie. Immer wieder griff sie Marcus an, während sie den Eisdolchen auswich, die Kiara vereinzelt warf. Der Magier war geschickt, aber Leonie war einfach schneller, Marcus hatte schon einige kleinere Verletzungen einstecken müssen. Als Leonie Balthasar entdeckte zuckten Blitze über ihren Körper. Sie sprintete los und im nächsten Moment hielt sie Kusanagi in der Linken. Kiara trat vor, und hob den Arm und drei Eiswölfe stürzten aus den Büschen, nur um im nächsten Moment von Blitzen zerfetzt zu werden. Marcus war gerade dabei sich wieder zusammenzufügen, als Leonie herumwirbelte und Kusanagi schwang. Eine Druckwelle raste auf ihn zu und ich spürte Panik in dem Magier aufsteigen. Die Druckwelle würde den Rauch weit davon wirbeln. Aber bevor ich reagieren konnte erschien wie aus dem Nichts ein riesiger Bär aus Eis und warf sich vor Marcus. Die Druckwelle zerfetzte zwar den Bären, gab dem Magier aber genug Zeit, um wieder eine feste Form anzunehmen. Mit großen Augen starrte er Kiara an. "Das... das war mehr als cool! Mach das nochmal, bitte!" "Ihr könnt später turteln!", rief Jack und rammte Marcus von der Seite, riss ihn mit sich zu Boden. Gerade noch rechtzeitig, denn ein gewaltiger Blitz verfehlte die beiden nur knapp und spaltete stattdessen einen Baum. Ich breitete meine Flügel aus, erhob mich in die Lüfte und flog auf Leonie zu. "Das reicht!", rief ich und landete zwischen ihr und den anderen. "Du hast verloren, gib auf." Ihre Augen glitzerten kampfeslustig, als sie die beiden Schwerter hob. "Nath, willst Du denn schon aufhören? Komm schon, stell dich deinem Schicksal!" Langsam hob ich meinen Speer. Ich war im Begriff gegen meine ehemals beste Freundin zu kämpfen.

Rogue HeroWo Geschichten leben. Entdecke jetzt