Anderson sprang auf, das Schwert in der Rechten und stürzte auf Emilia zu. Mein Körper setzte sich in Bewegung, noch bevor ich überhaupt darüber nachgedacht hatte. Klirrend prallten unsere Klingen aufeinander als ich seinen Hieb abwehrte, ihn zurückstieß und dem Jäger den Oberschenkel aufschlitzte. Im selben Moment breitete Alessia ihre Flügel aus und schoss auf mich zu. Ihr Schwert raste auf meine Brust zu, ich wollte den Speer hochreißen, war aber zu langsam. Verdutzt beobachtete der Engel, was als nächstes geschah. Der Stich verletzte mich nicht, sondern versengte lediglich mein Shirt, aber die Wucht war groß genug um mich nach hinten zu schleudern. Ich prallte schmerzhaft gegen einen Grabstein, als Alessia die Hand hob. Zwei mannshohe, marmorne Engel sprangen von einem der Mausoleen und packten mich. Sofort versuchte ich mich zu befreien, was die Statuen sichtlich kalt ließ. "Lauf weg!", rief ich Emilia zu, aber sie ignorierte mich, wich geschickt einem Hieb von Anderson aus und rammte ihm die Schulterstütze ihrer Flinte ins Gesicht. Bewusstlos sackte der Jäger zusammen. Der Engel drehte sich zu Emilia um. "Lass mich dich erlösen.", sagte Alessia und breitete die Arme aus. Geblendet vom grellen Licht schloss ich die Augen, verzweifelt stemmte ich mich gegen den eisernen Griff der Statuen, wieder vergeblich. Als ich die Augen wieder öffnete erblickte ich Emilia, ihre Waffe lag zu ihren Füßen. Sie hatte die Arme erhoben, ein grüner Schimmer umgab ihren Körper und ihre Augen hatten sich verfärbt, aus dem smaragdenen Grün war ein eisiges Blau geworden. Die Aura der jungen Magierin hatte was dämonisches und reichte an Intensität fast an die von Balthasar ran. Grün leuchtende Wurzeln schossen aus dem Boden, schlangen sich um Alessias Körper. "Jetzt stirbst Du, Schlampe!", schrie Emilia. Ihre Stärke war beeindruckend, wenn sie sich gegen das heilige Licht hatte wehren können. Der Engel stieß einen wütenden Schrei aus und ging in Flammen auf. Für einen Moment sah es so aus, als ob die Wurzeln den Flammen würden widerstehen können, dann zerfielen sie zu Asche. Alessia schoss auf Emilia zu, packte sie am Hals und schmetterte sie zu Boden. Ihr Gesicht war vor Hass verzerrt, als die das Schwert auf Emilia richtete. "Abschaum!", zischte sie. "Du bist fast so schlimm wie der Nephilim. Wie konnte der Herr zulassen, dass man euch zeugte." Dann packte sie ihre Waffe mit beiden Händen. "Ich werde seinen Fehler korrigieren!" Als sie die Klinge zum finalen Stich hob, schien alles wie in Zeitlupe zu geschehen. Emilia sah mich an. "Es tut mir leid.", flüsterte sie. Ein dünnes Blutgerinsel rann über ihre Lippen. Wieder hatte ich es nicht geschafft. Wieder war ich nicht in der Lage gewesen eine geliebte Person zu schützen. Dann schien etwas in mir zu zerbrechen, Wut und Hass brachen aus mir heraus und spürte ich einen unglaublichen Schmerz am Rücken. Die beiden steinernen Engel zerfielen zu Staub, gleichzeitig wurde Alessia von den Füßen geworfen. Langsam stand ich auf, mein Körper pulsierte vor Kraft. Ich konnte jeden einzelnen Grashalm erkennen und auch meine anderen Sinne waren unglaublich scharf. Es war, als würde ich die Welt zum ersten Mal sehen wie sie wirklich war. Ich streckte die rechte Hand aus, beschwor meinen Speer und richtete ihn auf Alessia. Die Schatten kamen auf mich zugeflossen, legten sich um die goldene Klinge und färbten die Flammen schwarz. Ein kräftiger Wind kam auf und plötzlich realisierte ich, woher der Schmerz am Rücken gekommen war. Ich schlug mit meinen neuen Flügeln, genoss kurz das Gefühl der kühlen Nachtluft, die durch die pechschwarzen Federn strich, dann stürzte ich mich auf den Engel. Geschockt starrte sie mich an, vergass für einen Moment ihre Deckung. Mein erster Stich durchbohrte ihre Schulter, kreischend ließ sie ihr Schwert fallen. Mit der linken packte ich einen ihrer Flügel, so fest, dass der Knochen unter meinem Griff brach, dann schlug ich mit meinen Schwingen. Ich erhob mich fast fünfzig Meter in die Luft, bevor ich innehielt und Alessia hochwarf, nur um sie sofort darauf am Hals zu packen. "Hand Gottes.", zischte ich. "Lange habe ich auf diesen Augenblick gewartet. Du wirst bezahlen. Für jedes Leben das du ausgelöscht hast, oder das in deinem Namen ausgelöscht wurde." Mit aller Kraft schmetterte ich sie zu Boden. Jedes anderes Wesen wäre sofort beim Aufprall gestorben, Alessia blieb einfach stöhnend liegen. Gut. Dann würde sie länger leiden. Ich legte die Flügel an, schoss auf den Boden zu und fing mich in letzter Sekunde, als hätte ich mein ganzes Leben lang nichts anderes getan als zu fliegen. Bei der Landung ging ich leicht in die Knie, dann hob ich die linke Hand und schnippste. Schwarze Ketten schossen aus den Schatten, schlangen sich um Alessias Handgelenke und ihren Hals. Vergeblich versuchte sie sich gegen die Ketten zu stemmen, ihr Gesicht war angsterfüllt. Ich setzte die Speerspitze an ihrem Bauch an, wo die schwarzen Flammen auf die weiße Rüstung trafen zischte es. Meine Stimme war seelenruhig als ich sagte: "Wenn Du stirbst magst du in den Himmel kommen, aber so lange Du hier bist, wirst du dir wünschen in der Hölle zu sein."
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Rogue Hero
Fantasy"Jedes Land hat so seine Legenden. In jedem Landstrich hatten die einfachen Leute vor etwas anderem Angst. So entstanden Märchen und Legenden über die verschiedensten Wesen. Vampire, Werwölfe, Elfen, Riesen, Kobolde und so weiter. Du kennst diese Ge...