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Lautlos sprang ich von Dach zu Dach. Seit fast zwei Stunden durchstreiften wir den Norden Havannas. Vor knapp zwanzig Minuten hatte ich einen Hauch dämonischer Energie gespürt, zusammen mit Kiara und Emilia hatte ich mich auf den Weg gemacht. Eric leitete das andere Team, bestehend aus ihm selbst, Damon und Nuala. Die anderen waren zuhause geblieben. Zachaire und Lyra waren offensiv weniger zu gebrauchen, sie koordinieren uns über Headsets, die Eric irgendwann besorgt hatte. Dank unserer Handys konnten sie ja unsere Positionen überprüfen. Und Jasmin konnte ich einfach noch nicht gut genug einschätzen. Wir kamen der Quelle der Magie immer näher und damit den Dämonen. Ich bremste leicht ab, ließ mich vom Dach fallen und rollte mich elegant vor Kiara und Emilia ab. Emilia trug ihr typisches Militäroutfit, die Haare hatte sie diesmal zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Kiara hatte anscheinend ihr blaues Kleid gekürzt und hatte hohe Stiefel an, aus denen der Griff eines Messers ragte. Ansonsten war sie nur mit einer SIG Sauer in einem Oberschenkelholster bewaffnet. Kiara verließ sich anscheinend mehr auf ihre magischen Kräfte als auf Waffen. "Wartet.", sagte ich leise. "Es ist nicht mehr weit." Ich bedeute ihnen mir zu folgen, dann rannte ich los. Leise hallten unsere Schritte in den leeren Straßen wieder, bis wir um eine Ecke bogen, wo ich abrupt stehen blieb. "Ach komm schon.", zischte ich. "Das kann doch nicht wahr sein." Etwa fünfzig Meter entfernt stand eine alte, flach gebaute Kirche. "Ich dache Dämonen könnten heiligen Boden nicht betreten.", sagte Kiara stirnrunzelnd. "Das stimmt eigentlich.", sagte Emilia. "Es sei denn, der geweihte Boden wurde durch dunkele Rituale geschändet." "Das heißt,..." "...dass der örtliche Priester nicht so achtsam war wie nötig.", beendete ich Kiaras Satz. "Hier der Plan.", fuhr ich fort und drehte mich um. "Ich gehe rein. Was auch immer da drin ist, selbst wenn ich es nicht sofort töten kann, kann ich es wenigstens beschäftigen und rausfinden was es ist und wie man es vernichten kann. Ihr schießt auf jeden außer mir der rauskommt. Wenn wir spontan fliehen müssen erschafft Kiara Wölfe zur Ablenkung, dann flüchten wir durch einen Schatten." Entgegen meiner Erwartungen kam keinerlei Protest, weder von Emilia noch von Kiara. Stattdessen nickten beide und gingen in Position. Ich atmete tief ein, dann ging ich auf die Kirche zu. Je näher ich kam, desto stärker spürte ich das Pulsieren der dämonischen Kräfte im Inneren. Ich tastete kurz nach meinem Silberdolch, dann stieß ich das schwere Holzportal auf. Das erste was mir auffiel war ein metallischer Geruch wie von Kupfer. Langsam schritt ich durch das Kirchenschiff, ließ meine rechte Hand über das glatt polierte Holz der Bänke gleiten. Dann fiel mein Blick auf den Altar. Ein Mann mit schütterem Haar lag darauf, er trug eine Soutane und als ich näher kam wurde mir klar woher der kupferne Geruch kam. Die Kehle des Priesters war aufgeschnitten, das dunkle Blut benetzte den steinernen Altar und tropfte auf den Marmorboden. Seine leeren Augen waren vor Furcht weit aufgerissen. Vorsichtig strich ich ihm übers Gesicht und schloss seine Augen. "Requiescant in pace.", murmelte ich. "Das wage ich zu bezweifeln.", erklang eine Stimme hinter mir. Sie klang unangenehm, wie das Kreischen von Nägeln auf einer Tafel, gemischt mit dem Blöken eines Kamels. Ich drehte mich um und erblickte eine recht absurde Kreatur, definitiv ein Dämon. Er besaß den Körper einer Menschen, aber er hatte den Kopf eines Falken. Er trug eine dunkelrote, samtene Kutte und in Händen hielt er einen Opferdolch aus schwarzem Stahl. "Immerhin habe ich seine Seele in die Hölle geschickt. Etwas schmutzig, aber es gibt kaum etwas besseres als das Blut eines Priesters um etwas aus der Hölle zu beschwören. Auch wenn seine Seele befleckt war. Weisst Du, vor zwanzig Jahren hat er einen kleinen Jungen missbraucht." Der Dämon schüttelte den Kopf. "Und ihr haltet UNS für böse und grausam." Immerhin wusste ich jetzt wieso ein Dämon diese Kirche betreten konnte. Ich zog meine Pistole, aber bevor ich feuern konnte hob der Dämon die Hand und eine der schweren Holzbänke traf mich an der Seite und schmetterte mich gegen eine Säule. Ein scharfer Schmerz schoss durch mein Bein, als sich ein Holzstück tief in mein Bein bohrte. Fluchend schob ich die Trümmer der Bank von mir und sah mich nach meiner Waffe um. Der Dämon lachte und trat die Pistole ans andere Ende der Kirche. Dann klatschte er in die Hände. Ein lautes Knirschen erklang, als der Marmorboden der Kirche aufbrach. Drei handbreite Risse entstanden, jeder etwa einen Meter lang. Der Dämon zog einen Stoffbeutel aus seiner Kutte und leerte ihn. Drei große, spitze Zähne kamen zum Vorschein. "Was tust Du da?", fragte ich unter Schmerzen. "Hab Geduld junger Jäger.", sagte der Dämon und legte je einen Zahn in einen der Risse, durch die dunkle Erde zu erkennen war. "Gleich wirst Du die Kinder meiner Meisterin kennenlernen. Die Kinder der Herrin des Westens."

Rogue HeroWo Geschichten leben. Entdecke jetzt