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Die Strahlen der mittäglichen Sonne fielen durch das große Fenster meines neuen Zimmer und wärmten mich, während ich meine 1911er wieder zusammenbaute. Gedankenverloren steckte ich die Waffe ins Holster und zündete mir eine Zigarette an. Ich nahm einen tiefen Zug, beobachtete den bläulichen Rauch, der langsam in Richtung Decke stieg. Dann sagte ich in Gedanken: "Aurus. Es ist Zeit für die Wahrheit." Wenige Sekunden später kam die Antwort. "Normalerweise hättest Du es erst nach einem Kampf gegen einen der anderen Wirte erfahren, aber Du bist bereit. Wo soll ich anfangen?" "Wie wäre es mit dem Anfang." Aurus lachte. "Na gut Partner. Kennst Du das erste Gebot Gottes?" Ich überlegte kurz. "Etwas von wegen: 'Du sollt keine anderen Götter haben.'" "Genau. Und Er hat es nicht aus Zufall zum ersten Gebot gemacht. Was ich dir jetzt erzähle wissen außer den Erzengeln nur etwa ein Dutzend anderer Wesen. Vor vielen Jahrtausenden verschwand Jahwe, niemand weiß warum. Den Erzengeln gelang es nur mit Mühe die Ordung im Himmel aufrechtzuerhalten und Luzifer an einem Angriff zu hindern. Die Menschen hatten Angst, ihre Gebete und Opfer blieben unbemerkt. So begannen sie ihre Gebete an etwas anderes zu richten, an die Kräfte der Natur. Ihr Glaube gab ihnen einen Gestalt, so wurden ich und die anderen erschaffen. Sie nannten uns die 'neuen Götter'. Es gab Dutzende von uns. Viele Jahrhunderte lang wurden wir verehrt und angebetet, dieser Glaube verlieh uns immense Macht. Dann kehrte Jahwe zurück, geschwächt aber ungemein wütend. Voller Wut auf die Schwäche der Menschen und auf uns sandte er die mächtigsten seiner Krieger gegen uns. Die Seraphim. Engel aus reinem, heiligen Feuer, selbst in menschlicher Gestalt furchteinflößend. Ein Krieg brach aus, viele Götter wurden besiegt, aber da sie so mächtig geworden waren gelang es den Seraphim lediglich sie in die Hölle zu verbannen. Eines Tages kämpfte eine Seraph, die beim Anbeginn der Zeit heimlich Luzifers Revolution unterstützt hatte, gegen eine der mächtigsten von uns. Leviathan, die Herrin der See, die ewige Rivalin von Behemoth und Ziz. Diese Seraph hatte sich verbotenes Wissen angeeignet über uralte, verbotene Magie. Mit diesem Wissen gelang es ihr Leviathan an sich zu binden, den Geist und Körper der Göttin mit ihrem eigenen zu verschmelzen. Gott nahm ihr den Namen und warf sie persönlich in die Hölle. Wir anderen sahen in dieser Verbindung eine Chance und so suchten wir uns ebenfalls Wirte. Aber niemand wagte es einen Engel zu nutzen und keiner kannte die Magie, die die Seraph benutzt hatte und so blieb uns keine andere Wahl als uns sterbliche Wirte zu suchen. Wieder und wieder. Gott sah ein, dass unsere Vernichtung nur Luzifers Armee gestärkt hätte und so ließ er uns in Ruhe und nahm seinen Platz als alleiniger Gott wieder ein. Und nach einiger Zeit brachen die alten Rivalitäten wieder aus. Wir begannen unsere Kämpfe durch die Wirte auszufechten." Ich drückte die Zigarette im Aschenbecher aus und zündete mir eine neue an. "Leviathan, Behemot und Ziz. Kreaturen aus der jüdischen Mythologie." "Die Großen Drei, die seit jeher kämpfen. Ihre Namen konnte Er nicht aus dem Gedächtnis der Menschen löschen und so machte er sie zu Monstern." "Ich nehme an sie herrschen über Wasser, Erde und Luft. Du bist der Gott des Feuers. Wer ist dein 'Rivale'? Du sagst ihr würdet immer noch weiter kämpfen. Womit muss ich rechnen?" "Mein Rivale wurde wie ich schon unter vielen Namen angebetet. Aber sein erster und auch momentane Name ist Fenrir. Der alles verschlingende Wolf und silberne Kaiser des Donners. Er ist die Verkörperung von Blitz und Donner." Ich sah nach draußen, wo Emilia gerade Nuala im waffenlosen Kampf trainierte. Das junge Mädchen war noch etwas unkontrolliert, aber sie hatte definitiv Potenzial. "Fenrir.", sagte ich leise. Der Name löste tief in mir ein unbestimmtes Gefühl aus. "Wann werden wir auf seinen Wirt treffen?" "Wenn die Zeit reif ist. Bis dahin warten wir kümmern uns um SOL." Also hatte ich einen Rivalen den ich noch nie getroffen hatte. Ich fühlte mich wie in einem Film, fehlte nur noch Morgan Freeman, der auftauchte und alles erklärte. "Keine Sorge Partner, jeder Wirt ist davon erst mal verwirrt. Lass es erst mal sacken." Langsam stand ich auf und legte meine Pistole samt Holster auf den Tisch. Emilia und Nuala waren immer noch am trainieren. Während ich ein wenig Schlaf nachgeholt und meine Waffe gereinigt hatte, hatte Emilia den anderen erzählt was vorgefallen war. Würden sie sich mir gegenüber jetzt anders benehmen? Möglich. Aber darüber konnte ich bei Gelegenheit genauer nachdenken. Jetzt hatte ich anderes zu tun. Zu meiner Überraschung hatten die Anderen Übungswaffen aus Holz besorgt und in unserer Abwesenheit fleißig trainiert. Auf dem Weg nach draußen schnappte ich mir zwei Speere, beide etwas länger als zwei Meter. Dann gesellte ich mich zu den beiden Mädchen. "Ab hier übernehme ich.", sagte ich und wandte mich an Nuala. "Du bist gut, aber Du musst lernen auch gegen Gegner zu bestehen, die schneller und stärker sind als jeder Mensch." Ich warf dem Mädchen einen der Speere zu, den sie geschickt auffing. "Also los Kleine. Wenn du es schaffst mich zu treffen darfst Du uns bei der nächsten Mission begleiten."

Rogue HeroWo Geschichten leben. Entdecke jetzt