"Also nochmal von vorne.", sagte Joe und nippte an ihrem Tee. "Leviathan will also einen Krieg anzetteln, der Süße ist Luzifers Sohn und hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Schlampe aufzuhalten. Dafür braucht er aber die Heilige Lanze und der einzige, der den alten Zahnstocher wieder in alter Pracht erstrahlen lassen kann, ist Azazel, der Höllenfürst. Und um den zu finden braucht ihr mich, da ihr sonst nicht zu Baal gelangt, einem der wenigen, die wissen wo der gefallene Engel lebt." Jack nickte. "Wir brauchen dich. Du kennst all die alten Pfade, die Schleichwege. Du kannst uns zu Baal bringen." Joe überlegte einen Moment, dann stand sie auf. "Na dann sollte ich mich wohl umziehen." Joe drehte sich um und ging zu einem Kleiderschrank, der fast bis unter die Decke reichte, wobei das Handtuch ein gutes Stück nach oben rutschte. Ich versuchte nicht hinzugucken, aber es gelang mir nicht, genausowenig wie Jack, und zu meiner Überraschung auch Emilia. Aber als sie die Schranktüren öffnete, konnten zumindest Emilia und ich den Blick von Joe's Hintern abwenden. Emilia stand auf, ging zu der Succubus rüber und betrachtete neugierig den Schrank. "Er ist innen viel größer, als von außen!", staunte sie. Joe grinste breit. "Ja, das habe ich schon öfter gehört. So ein Schrank ist lebensnotwendig für mich, stell dir nur vor wie viele Klamotten sich in 700 Jahren anhäufen." Emilia staunte immer noch und sagte: "Und alle meine Klamotten passen in zwei Koffer…" Joe berührte Emilias nackten Oberarm, wobei ein Schauer über den Körper der Cambion lief. "Gib mir einen Moment." Joe schnippste kurz mit ihren Fingern, das Handtuch verschwand und für sage und schreibe zwei Sekunden war sie wieder nackt. Zwei Sekunden, viel zu kurz. Nach einem kurzen Augenzwinkern war Joe wieder angezogen.
Um ihren perfekte Körper war ein schwarzes, kurzes Latexkleid geschlungen. Es endete kurz unter ihrem Becken, hatte an beiden Seiten jeweils vier Handflächengroße Löcher. Am Hals befand sich ein Lederband, das nahtlos in den Rest des Kleides überging. Ihre langen Beine steckten in Netzstrümpfen und schwarzen Overknees mit hohem Absatz. Dieses Outfit gab mir zwei, durchaus wichtige Informationen. Joe hatte mindestens zwei Piercings und schien zudem kein großer Fan von Unterwäsche zu sein. Alles in einem war ihr Auftreten einfach... "Unglaublich...", beendete Emilia meinen Gedanken. "Nun zu dir.", meine Joe mit einem schelmischen Grinsen und wollte mit den Fingern schnippsen, als Emilia ihre Hand packte. "Halt!", sagte sie. "Danke für das Angebot, aber ich kann mich doch nicht…" "Du hast Recht.", meinte die Succubus zustimmend und warf Jack und mir einen strengen Blick zu. "Raus hier. Wir kommen gleich nach." Seufzend stand ich auf, schnappte mir noch ein paar Kekse, die auf einem Teller auf dem Tisch standen und stopfte mir einen in den Mund. Der Rest wanderte in meine Manteltasche. Dann schwang ich mir meine Umhängetasche und das Bündel mit den Schwertern über die Schulter und verließ gemeinsam mit Jack die Hütte, vor der Nemira saß und verträumt die düstere Landschaft betrachtete. Ich setzte mich neben sie und legte die Schwerter auf meinen Schoß. Jack kramte kurz in den Taschen seiner Hose, dann zog er eine gestopfte Pfeife hervor, die er mit einem Fingerschnippen entzündete. "Hey Kleiner.", setzte er an. "Diese Schwerter… Ich frage mich schon eine Weile, was die Dinger drauf haben." Ich streichelte über das Bündel und erwiderte: "Ja, das habe ich mich auch gefragt, nachdem ich Anderson Durendal abgenommen haben. Laut den Legenden verkörpert jedes Schwert einen Aspekt der Heiligen Lanze. Durendal hat unglaubliche defensive Kräfte, das habe ich selbst gesehen. Joyeuse soll offensiver sein, in der Lage jeden magischen Schutz zu durchbrechen. Und Curtana… Über Curtana findet man nur wenig und das was man findet sind alte, mies übersetzte Texte. Aber angeblich kann es sich vervielfältigen, was auch immer das genau heißt." Jack nahm einen Zug von seiner Pfeife und versuchte sich an Rauchringen. Dabei verschluckte er sich und begann hustend zu fluchen. "Naja, ich hoffe das stimmt. Denn wenn selbst die Longinus-Lanze einen Scheiß gegen Leviathan ausrichtet, sind wir gefickt." Ich stand wieder auf und ließ die Schultern rollen. "Keine Sorge.", sagte ich grinsend. "Leviathan kann gerne versuchen die Apokalypse auszulösen. Aber solange ich lebe, werde ich alles tun, was in meiner Macht steht, um sie aufzuhalten. Und da ich unsterblich bin, hat diese Schlampe ein Problem." Jack setzte zu einer Antwort an, aber da öffnete sich hinter uns die Tür und Joe und Emilia kamen auf uns zu. Vor Überraschung klappte mir erst mal die Kinnlade runter. Das einige Kleidungsstück, dass Emilia nicht gewechselt hatte, waren ihre Stiefel. Sie trug nun eine enge, schwarze Jeans, eine ebenfalls schwarze Corsage mit einem Muster aus filigranen, roten Rosen und einen roten Seidenmantel. "Du… Du siehst… umwerfend aus.", stammelte ich. "Das Korsett betont deine Figur." Joe lachte. "Du meinst es betont ihre Möpse. Übrigens fallen dir noch die Augen raus, wenn du weiter so starrst." Ich räusperte mich und versuchte mich zusammenzureißen, während Emilia peinlich berührt lachte. Rasch hob ich Durendal hoch, zog eine Kette mit einem kleinen Anhänger aus meiner Umhängetasche und wickelte sie um den Griff des Schwertes. Dann reichte ich es Emilia. Die Cambion nahm das Schwert und musterte mich fragend. Nun fiel mir auch auf, dass sie blutroten Lippenstift trug, der ihr unglaublich gut stand. "Durendal schützt seinen Träger vor so ziemlich allen Angriffen. Und der Anhänger dient als Tarnung. Solange es in der Scheide ist, wird seine Macht von deiner Aura überlagert.", erklärte ich. "Als Dämon ist es unwahrscheinlich, dass Jack offen angegriffen wird und ich bin durch meine Siegel geschützt. Deshalb solltest du es tragen." Die Cambion überlegte kurz, dann bedankte sie sich mit einem Lächeln und schnallte sich Durendal auf den Rücken. Zum Glück hatte ich Jasmin gebeten, drei Schwertgurte zu organisieren. Ich musterte Emilia noch einmal aufmerksam. Sie schien verändert, ihr ganzes Auftreten hatte mehr Selbstbewusstsein. War das der Einfluss der Hölle auf ihre dämonische Seite? Auch die neuen Klamotten schienen ihr zu gefallen, denn obwohl sie normalerweise bequeme und praktische Kleidung bevorzugte, bewegte sie sich mit einer natürlichen Eleganz, als hätte sie nie etwas Anderes getragen. Wäre Jack nicht gewesen, hätte ich mich vollkommen underdressed gefühlt. Mit ein paar raschen Bewegungen schwang ich mir die anderen beiden Schwerter auf den Rücken, die bereits mit den gleichen Anhängern versehen waren wie Durendal und zurrte die Gurte fest. Zum Schluss hängte ich mir die Umhängetasche um, zog zwei Handys hervor und reichte sie Jack und Emilia. "Nero hat sie für mich verändert.", sagte ich und zog mein eigenes Handy aus der Tasche. "Es sind jetzt auch Funkgeräte mit einer Reichweite von zehn Kilometer." "Damit können wir einander auch erreichen, wenn wir getrennt werden.", murmelte Emilia. "Gute Idee." Jack drückte etwas hilflos auf dem Display rum, Technik lag ihm einfach nicht, selbst um alle Funktionen der Fernbedienung zu verstehen, hatte er vier Tage gebraucht. "Alles klar", sagte er. Hoffnung regte sich in mir. Vielleicht hatte er es ja auf Anhieb verstanden. "Also muss ich nur hier drücken und... Bei Zerberus Kauknochen, was war das denn? Ist das... Ein kleines Gemälde von mir? Wie ist das möglich?" Jack starrte überrascht auf das Handy, er hatte soeben die Frontkamera eingeschaltet und den Auslöser betätigt. "Das nennt man 'Selfie'.", versuchte ihm Emilia das ganze zu erklären. "Besonders Mädchen machen oft Dutzend dieser Bilder und schicken das am besten gelungene dann ihren Freunden." Jack starre erst mich an, dann wieder Emilia. "Ist das dein Ernst? Ich meine ihr beide seid Hybride, aber ihr seid auf der Erde aufgewachsen. Ihr Menschen habt so wenig Zeit auf dieser verdammten Welt und verschwendet sie mit so einem Mist? Kein Wunder, dass Gott sich zurück gezogen hat und die die Hälfte der Dämonen euch gerne ausrotten würde." Joe lachte leise und sah mir dabei zu, wir ich Jack in den nächsten fünf Minuten erklärte, wie er die die entsprechende App öffnen konnte. Als er es endlich verstanden hatte, konnten wir aufbrechen, zu Emilias sichtlicher Erleichterung. Joe trat dicht hinter mich, so dass ich ihren Atem an meinem Hals spüren konnte. "Und für mich hast du keines dieser kleine Geräte?", fragte sie mit gespielter Traurigkeit und ich spürte ihre Hand an meiner Hüfte. "Halb so wild.", meinte sie als ich etwas erwidern wollte. "Vielleicht kriege ich dich ja mal eine Stunde für mich alleine. Mit dir oder Emilia." Mit einem schwer zu deutenden Lächeln ging sie an mir vorbei und warf mir einen schelmischen Blick zu. "Oder mit euch beiden..." Wir rangen noch nach Worten, als Jack in schallendes Gelächter ausbrach. "Ist gut Joe. Bring die beiden nicht so in Verlegenheit." Er folgte Joe und auch Emilia und ich setzten uns in Bewegung, wobei wir jeglichen Augenkontakt vermieden. Nemira, von der ich telepathisch lediglich ein breites Grinsen empfing, trottete neben mir her und schubste mich wie zufällig ein wenig näher zu Emilia. "Hey, Joe?", fragte ich. "Wie willst du uns zu Baal bringen?" Der Succubus drehte den Kopf und sah mich an. Sie hatte einen rätselhaften Ausdruck im Gesicht, wie eine Mischung aus leichter Angst, Aufregung und Vorfreude. "Wenn wir heute noch ankommen wollen, müssen wir den schnellsten Weg nehmen.", antwortete sie. "Und der führt mitten durchs Labyrinth."
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Rogue Hero
Fantasy"Jedes Land hat so seine Legenden. In jedem Landstrich hatten die einfachen Leute vor etwas anderem Angst. So entstanden Märchen und Legenden über die verschiedensten Wesen. Vampire, Werwölfe, Elfen, Riesen, Kobolde und so weiter. Du kennst diese Ge...