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Nach einer halben Stunde stießen wir auf die erste Leiche. Ein Mann mit mausgrauem Haar und militärisch anmutender Ausrüstung. Er hatte ein halbes Dutzend Schnittwunden und seine Kehle war aufgeschlitzt. Sein Blut klebte an den Blätter. Ich kniete neben der Leiche nieder und betrachtete die Wunden. "Das war etwas verdammt scharfes. Wahrscheinlich ein Schwert." Aufmerksam sah ich mich um. "Wer auch immer ihn getötet hat war verdammt schnell. Da sind Einschusslöcher. Er sah seinen Mörder kommen, hat mehrere Schüsse abgegeben, in verschiede Richtungen. Also war sein Mörder entweder ziemlich flink oder es waren mehrere." Wir gingen weiter, noch vorsichtiger als zuvor. An der Akademie hatten wir gelernt uns absolut lautlos zu bewegen, sogar beim Rennen. Fast schon beiläufig berührte Emilia ein Blatt. "Noch etwa 300 Meter. Es ist nur noch ein Mann am Leben. Ich kann aber nicht spüren, was die anderen getötet hat. Da muss Magie im Spiel sein." Wir legten einen Zahn zu und nach kurzer Zeit kamen wir auf eine große Lichtung. Wie Emilia gesagt hatte, stand in der Mitte ein Hangar. Daneben war eine kleine Landebahn und ein Feldweg führte in den Wald. An einem Nebeneingang lag eine weitere Leiche. Lautlos sprinteten wir hin. Die Wunden dieses Mannes waren tiefer, fast wie von Klauen. Aber abgetrennte Gliedmaßen sprachen gegen meine Vermutung. Es waren Klingen gewesen, aber stumpfere. Ich schnappte mir die Waffe der Wache, eine AK-47. Das Magazin war voll. Vorsichtig klopfte ich den Dreck ab und lud durch. Man konnte vieles über die Russen sagen, aber ihre Waffen waren extrem belastbar. "Ihr übernehmt die Flanken.", flüsterte ich und drückte die Tür auf. Sofort verschwanden die Mädchen nach links und rechts. Der Hangar war fast komplett dunkel, nur vereinzelt brannten Lampen. Der Rest war zerschossen. Ein übler Geruch stieg mir in die Nase. Blut und..... War das Ziege? Flach atmend schlich ich weiter, suchte Deckung hinter einigen Jeeps. Ein leises Wimmern drang an mein Ohr. Es kam aus der Mitte der Halle. "Bitte!", flehte jemand auf spanisch. "Töte mich nicht! Ich habe Kinder." Eine andere Person lachte leise und antwortete:"Keine Sorge. Um deine Kinder kümmere ich mich auch noch. Und sie werden länger leiden als Du." Beim Klang der Stimme lief mir ein Schauder über den Rücken. Sie zeugte von drohender Gefahr, wie das Geräusch von brechendem Eis. Dann erklang ein widerliches Knacken. Ein brechendes Genick. Vorsichtig lugte ich über die Motorhaube. Das Opfer, ein großer blonder Mann, lag mit verdrehtem Kopf auf dem Boden, sein Blut bildete eine Lache um ihn herum. Über ihm stand ein hochgewachsener Mann, in einer Art schwarzen Rüstung aus Leder, verziert mit Runen aus Silber. Er war bleich und sein schweres schwarzes Haar fiel ihm wie ein Vorhang auf die Schultern. Sein Mund war zu einem grausamen Lächeln verzogen. Aber das schlimmste waren seine Augen. Hellblau und kalt, wie zwei Eisplitter. Ein Umgang aus schwarzen Federn bedeckte seine breiten Schultern und hing ihm bis zu den Waden. An seiner Hüfte hing ein Katana in einer silbernen Scheide. "Schaff mir diesen haarlosen Affen aus den Augen." Erst war ich verwirrt. Dann sah ich die Kreatur, die hinter einem der Lastwagen hervortrat. Das erklärte den Geruch. Ein Derwisch. Auch Ziegendämon genannt. Im Grunde eine zwei Meter große, aufrecht gehende Ziege. Mit zotteligem Fell und großen Hörnern.Allerdings waren diese Rasse halbwegs klug und hatte statt Hufen mit drei Fingern, mit denen sie ihre Waffen, riesige Sensen mit leicht schartiger Schneide, halten konnten. Das erklärte auch die merkwürdigen Wunden der Wache. Mit klappernden Hufen trat der Dämon vor, packte die Leiche an den Füßen und schleifte sie in eine dunkle Ecke des Hangars. "Ich glaube wir haben Besuch.", sagte der Mann mit den kalten Augen. Ein leises Schnauben ließ mich aufschrecken. Ich wirbelte herum und riss die AK hoch. Doch bevor ich abdrücken konnte, wurde ich von einem kräftigen Schlag mehrere Meter weit zur Seite geschleudert, allerdings wurde mein Flug abrupt von einem SUV gestoppt und ich landete schmerzhaft auf meinem linken Arm. Mit der Rechten hob ich die AK und drückte ab. Die Salve zerfetzte das Gesichts des zweiten Derwischs und die Sense fiel ihm aus den nun kraftlosen Fingern. Ich rappelte mich auf und visierte den anderen Dämon an. Die eisigen Augen des Mannes blitzten amüsiert als er leicht nickte. Ein leiser Knall ertönte hinter mir und ein stechender Schmerz in meiner Wade zwang mich auf die Knie. Ich ließ die AK fallen, zückte mein Messer und drehte mich so gut es ging um. "Tut mir leid Nath.", sagte Leonie. Aus der Mündung ihrer Pistole stieg leichter Rauch. "Es hätte nicht so weit kommen müssen." Dann drückte sie erneut ab.

Rogue HeroWo Geschichten leben. Entdecke jetzt