#106

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Schon nach wenigen Sekunden des Kampfes wurde mir klar: Der Erdmagier hatte seine beeindruckenden Muskeln bestimmt nicht durch das Einwerfen von Steroiden bekommen. Taio war zwar massig, bewegte sich aber gleichzeitig mit einer unglaublichen Geschmeidigkeit, die man nur durch jahrelanges Training oder angeborenes Talent bekommen konnte. Seine Glefe schwang er so schnell und kraftvoll, dass man die Klinge oft nur erahnen konnte, achtete dabei aber immer auf seine Deckung. Ich brauchte ein paar Minuten um ein Muster zu erkennen, dann stach ich nach seinem Fuß, als der Magier gerade seine Waffe herumwirbelte. Doch kurz bevor die Spitze auf sein Bein traf, schoss ein Steinstachel aus dem Boden und lenkte meinen Stich ab. Ohne mich davon irritieren zu lassen drehte ich mich um meine eigene Achse, ließ den Griff meines Speer schrumpfen und versuchte den Erdmagier mit einem kräftigen Schlag aus dem Konzept zu bringen. Tatsächlich hatte er damit nicht gerechnet, riss aber im letzten Moment den gepanzerten Arm hoch und blockte meinen Hieb. Überrascht blickte er auf die goldene Klinge. Risse zogen sich durch die steinerne Panzerung, mehr hatte mein Angriff nicht bewirkt. Taio drehte leicht die Hüfte, gleich würde er angreifen. Bevor er dazu kam, setzte ich nach, schlug und stach zu, sodass der Magier oft nur mit Mühe parieren konnte. Schließlich standen wir uns gegenüber, die Klingen gekreuzt. Unsere Gesichter waren vielleicht eine Armlänge voneinander entfernt, ich konnte einzelne Schweißtropfen erkennen, die Taios Gesicht auf der Stirn standen. "Jetzt reicht's.", knurrte er und stampfte auf den Boden. Eine glatte Kugel aus Stein von der Größe eines Golfballs schoss aus der Wand rechts von mir und traf mich am Knie. Fluchend knickte ich weg und rollte mich beiseite um Taios Stich zu entgehen. Weitere Kugeln kamen auf mich zugeschossen, denen ich aber ausweichen konnte, wenn auch alles andere als elegant. Ich sprang auf, wich aus, duckend und rollend, während ich überlegte wie ich den Erdmagier besiegen sollte. Klar, ich hätte Schattenmagie benutzen können, damit hätte ich mich aber verraten. Aber sonst beherrschte ich keine nützlichen magischen Tricks. Blitze würden mir wenig bringen und ich könnte zwar versuchen eine solche Hitze zu erzeugen, dass die steinerne Rüstung schmelzen würde, würde damit aber Taio schwer verwunden. Ein Windstoß würde mir vielleicht ein wenig Zeit kaufen, aber irgendwie konnte ich die Macht von Kusanagi nur erahnen. "Aurus.", sagte ich in Gedanken. "Wäre nett, wenn du mir mal helfen würdest. Ich dachte, ich hätte Kusanagi absorbiert." Taio sprang mit einem kurzen Schrei vor und schwang seine Glefe. Blitzschnell schlug ich sie beiseite und umkreiste den Magier wieder, wobei ich immer wieder steinernen Geschossen auswich. "Hast du.", erklang die Stimme des Gottes. "Aber du hattest nicht den leisesten Schimmer, wie gefährlich das war. Jedes Mal, wenn du diese Fähigkeiten nutzt, zehrt das an dir. Du magst zwar unsterblich sein, aber wenn du die Kräfte von zwei Göttern in dir trägst und ständig nutzt, könntest du deinen Verstand verlieren. Und ein unsterblicher, verrückter Nephilim, das käme der Apokalypse schon verdammt nahe." Na toll, diese Option fiel also auch weg. Kurzerhand sprintete ich auf Taio zu, rollte mich unter einem Hieb weg und schleuderte ihm eine Handvoll Sand ins Gesicht. Fluchend taumelte der Magier zurück, was mir die Gelegenheit gab hinter einem der Felsen Deckung zu suchen und durchzuatmen. Erst einige Sekunden später wurde mir klar was für eine miese Idee das war, als Taio seine Hand gegen den Boden rammte und ich gleich darauf durch die Luft flog, vom Felsen nach vorne katapultiert. Ich krachte schmerzhaft gegen die Wand, wobei ich meinen Speer fallen ließ. Sofort setzte Taio mir nach und trat meine Waffe weg. Ein Stöhnen ging durch die Menge, anscheinend hatte der eine oder andere sein Geld auf mich gesetzt. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie einer der Zuschauer eine Dose Bier nach mir warf, mich aber um etwa zehn Meter verfehlte. Ich sprintete auf meinen Speer zu, bremste aber abrupt als ein Felsen mir plötzlich den Weg versperrte. Instinktiv duckte ich mich, und spürte wie das stumpfe Ende der Glefe mich knapp verfehlte. Ich wirbelte herum. Taio stand vor mir, die Klinge auf meinen Hals gerichtet und ein Grinsen im Gesicht. Meine Waffe war außer Reichweite, er würde nicht zulassen, dass ich sie wieder in die Finger bekam. Seine Rüstung hatte zwar tiefe Risse bekommen, aber mit bloßen Fäusten hatte ich kaum eine Chance, zumal ich mich immer noch weigerte meine Flügel oder Schattenmagie zu nutzen. Und auch heiliges Licht könnte jemand erkennen. Ich musste mir etwas einfallen lassen. Mein Blick fiel auf die Bierdose. Wie durch ein Wunder war sie noch ungeöffnet und intakt. Vielleicht konnte ich ja... Ich spannte meine Muskeln an, dann machte ich einen Hechtsprung nach vorne, rollte mich ab und schnellte hoch, wobei ich Taio wieder Sand ins Gesicht schleuderte und ihm einen Tritt gegens Knie verpasste, der ihn von den Füßen fegte. Während er noch dabei war sich den Sand aus den Augen zu reiben und aufzustehen, hatte ich mir schon die Dose Bier geschnappt, sie noch mal geschüttelt und mich in Position gebracht. Der Erdmagier stürmte auf mich zu, Wut lag in seinem Blick. Mit aller Kraft schwang er seine Waffe und im letzten Moment machte ich einen Schritt beiseite und neigte meine Oberkörper, sodass mich die Spitze nur um Haaresbreite verfehlte. Ich atmete tief ein und tauchte in den Strom der Magie ein, die uns umgab. Dann machte ich zwei rasche Schritte nach vorne, packte den Griff der Glefe mit der linken und öffnete gleichzeitig die Bierdose. Mit einem lauten Zischen entlud sich der Druck, der sich in der Dose aufgestaut hatte. Das schäumende Bier ergoss sich über Taios Rüstung, der darüber nur lachte. "Danke für die Abkühlung.", sagte er mit seinem breitem Akzent. Abkühlung. Genau darum ging es. Ich wirkte meinen Zauber und aus dramaturgischen Gründen schnipste ich noch. Ein lautes Knacken ertönte, dann brachen große Stücke aus der Rüstung des Magiers. Genau das hatte ich erreichen wollen. Mit einem kräftigen Ruck entriss ich ihm seine Waffe, setzte die Spitze an und hebelte ein weiteres Stück aus der Rüstung und versetzte dem Erdmagier einen Schlag, der ihn auf die Knie zwang. Lächelnd drückte ich ihm die Klinge an den Hals und sah mich in der Menge um, bis ich Perry entdeckte. Der Mund des Kampfmagiers war leicht geöffnet, fassungslos sah er mich an. Ich ließ die Glefe fallen, trat zurück und sah wieder Taio an. "Willst du eine zweite Runde oder gibst du auf?"

Rogue HeroWo Geschichten leben. Entdecke jetzt