#27

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Die Kugel pfiff durch die Luft und traf die Brust des Dämonen. Dieser brüllte auf und rannte auf mich zu. In rascher Folge feuerte ich vier weitere Kugeln ab. Drei trafen die Brust, eine den Bauch. Die Kugeln selbst schienen ihm nichts auszumachen, aber das Weihwasser bereitete ihm Schmerzen, die ihn zwar verlangsamten, dafür aber auch wütender machten. Mit einem lauten Schrei schwang er seine Axt. Ich duckte mich unter dem Hieb weg, rannte zwischen den Beinen des Dämonen durch und durchtrennte die Stelle am rechten Bein, wo die Achillessehne sein müsste. Dunkles Blut quoll aus der Wunde, aber sonst geschah nichts. Der Hellion drehte sich um und versetzte mir einen Fußtritt. Ich flog fast drei Meter weit und prallte schmerzhaft auf den Boden. Dank meines Trainings konnte ich mich so abrollen, das ich sofort wieder aufspringen konnte. Das würde echt fiese blaue Flecken geben. Zum Glück nicht für lange. Ich steckte den Revolver in meine Jacke und das Messer zurück in die Scheide und überlegte angestrengt, während ich kleine Blitze abfeuerte um den Hellion zu beschäftigen. Aber diesmal fiel mir nichts ein. Über die meisten stärkeren Dämonen war nicht besonders viel bekannt, also musste ich improvisieren. Der Dämon sprang auf mich zu, holte weit aus und ließ seine Axt mit beiden Händen senkrecht nach unten sausen, als wolle er mich spalten. Ich beobachtete die Bewegung aufmerksam und sprang zurück. Die Schneide verfehlte mich um etwa einen halben Meter und grub sich tief in den Boden. Bevor der Hellion sie wieder rausziehen konnte, sprang ich auf den Axtkopf, ging leicht in die Hocke und drückte mich ab. Ich landete mit dem linken Fuß auf seiner rechten Schulter, packte sein Horn und ließ mich vom Schwung in seinen Nacken werfen. Nun stand ich auf seinen Schulter und umklammerte mit der linken Hand sein Horn. Ich hatte noch einen einzigen Schuss übrig. Rasch zog ich den Revolver aus meiner Jacke, presste die Mündung an die Schädeldecke des Hellion und drückte ab. Zumindest war das mein Plan. Doch gerade als ich die Waffe zog packte der Dämon meinen Arm und warf mich. Ich durchschlug die überraschend dünne Wand der Lagerhalle und knallte auf auf den Asphalt des Hafengeländes, wobei mir der Revolver aus der Hand fiel. Stöhnend blieb ich liegen. Dieser verdammte Bastard. Damit hatte ich nicht gerechnet. Der Dämon benutzte seine Axt um das Loch in der Wand zu vergrößern, dann folgte er mir mit einem animalischen Knurren. Quälend langsam rappelte ich mich auf und versuchte die Schmerzen zu ignorieren. Kaum stand ich, war die Kreatur bei mir und schleudere mich mit einem Rückhandschlag gegen einen Container. Nur mit Mühe blieb ich bei Bewusstsein und versuchte aufzustehen. Sofort klappte ich wieder zusammen. Mein linkes Knie war verdreht, ich hatte mindestens drei gebrochene Rippen und etliche Prellungen. Lachend kam der Dämon näher. Er packte mich mit einer Hand und hob mich hoch. "Ihr Menschen seid so zerbrechlich. So armselig, so eingebildet.", sagte er. Sein nach faulem Fleisch stinkender Atem brachte mich fast zum würgen. Wieder spürte ich diesen Hass, diese Hilflosigkeit. Ich gab mich meinen Emotionen hin, lenkte sie in Bahnen. Ich bündelte meine verbliebene magische Energie und erzeugte einen großen Blitz, der uns auseinander sprengte. Wieder wurde ich gegen den Container geworfen, diesmal war ich aber vorbereitet. Ich landete zwar recht unsanft, ging aber auf ein Knie und stützte mich mit der linken Hand ab. Mit der rechte zog ich das Messer aus der Scheide an meinem Rücken. Wie beim Kampf gegen Alessia spürte ich, wie etwas in mir zerbrach. Ich spürte, dass ich immer noch verwundet war, aber der Schmerz hatte nachgelassen. Langsam richtete ich das Messer auf den Hellion. "Jetzt hast Du es geschafft. Ich bin angepisst." Wie beim Kampf gegen Alessia spürte ich die Schatten und sie reagierten auf mich. Letztes Mal hatte ich sie benutzt um etwas zu zerstören, diesmal wollte ich etwas erschaffen. Die Schatten krochen an mir hoch, wanden sich um meine Arme und schlangen sich um mein Messer. Sie legten sich auf die Klinge, machten sie länger und stärker, bis sie schließlich länger als mein Unterarm war. Aus dem Kampfmesser war ein schlankes Kurzschwert geworden. "Wie amüsant.", sagte der Dämon. "Schon lange hab ich nicht mehr so einen guten Kampf gehabt." Er hob die Axt und kam mit großen Schritten auf mich zu und schwang sie in einem großen Bogen. Ich duckte mich unter dem Hieb weg und packte das Schwert mit beiden Händen. Mit einem kurzen Schrei stürzte ich vor und schlug zu. Die Schattenklinge durchtrennte mühelos Fleisch und Knochen. Mit einem ohrenbetäubenden Kreischen fiel der Hellion um. "Mein Fuß! Du hast meinen Fuß abgehackt!" Er versuchte mich zu packen, aber ich stieß ihm blitzschnell das Schwert in seine Handfläche. Dann sprang ich auf seinen Bruskorb und rammte ihm meine Klinge ins Herz. Flammen züngelten aus der Wunde als der Dämon langsam verbrannte. Ungläubig starrte er mir ins Gesicht. "Diese Augen. Das ist unmöglich. Du solltest nicht existieren.", sagte er, bevor er sich in einen Haufen Asche verwandelte. Ich ließ die Schatten verschwinden und drehte die Klinge, sodass ich mein Spiegelbild betrachten konnte. Meine Augen wurden wieder normal, aber ich erhaschte einen kurzen Blick auf das was der Dämon gesehen hatte. Meine Iris hatte sich eben gänzlich schwarz gefärbt, ein krasser Kontrast zu dem Weiß meiner Augen. Ich schob den Gedanken beiseite und rannte zurück in die Halle. Damon kam gerade wieder zu Bewusstsein. "Scheiße. Was ist passiert? Ist das Vieh tot?" "Ja.", antwortete ich. "Und jetzt lass uns zu den anderen gehen." "Du hast einen beschissenen Hellion im Alleingang plattgemacht? Respekt. Was zur Hölle bist du nur?" Eine gute Frage. Was war ich?

Rogue HeroWo Geschichten leben. Entdecke jetzt