Manuel ließ seine Schultern kreisen, dann sprang er auf mich zu. Ich wollte ihm erklären wer ich war und warum ich hier war, allerdings hatte ich alle Hände voll zu tun damit seinen Angriffen auszuweichen. Werkatzen waren kleiner und schwächer als Werwölfe, dafür aber um einiges flinker. Nur um Haaresbreite entging ich seinen Hieben. Eine zeitlang gelang mir das ganz gut, es war als wüsste ich, wie er als nächstes angreift, dann aber machten sich meine Verletzungen bemerkbar. Während dem Flug war das Gröbste verheilt, aber meine Rippen schmerzten immer noch, was mich verlangsamte. Schließlich stolperte ich, was der Gestaldwandler sofort ausnutzte. Er stürzte vor und seine Hand schoss auf mich zu. Seine Klauen bohrten sich einige Millimeter in meine Brust, dann stießen sie auf Widerstand. Manuel sah mich verblüfft an. In dem Moment trat Emilia vor und hob ihre Arme. Der Topf einer Zimmerpalme hinter dem Barkeeper explodierte geradezu, als die Wurzeln schlagartig wuchsen und auf ihn zuschossen. Sie schlangen sich um seine Arme und rissen ihn von mir weg. Das war also Emilias Fähigkeit. Die Kontrolle von Pflanzen. Zu gerne hätte ich mehr darüber erfahren, aber das musste warten. "Besorg dir ein Wollknäuel wenn du spielen willst.", meinte ich grinsend zu dem sich heftig wehrenden Manuel. "Was ist hier los?", ertönte eine tiefe, ruhige Stimme hinter mir. Ich drehte mich um, bereit zu kämpfen und erblickte einen Mann mit grau meliertem Haar und einem kurz getrimmten Bart. Ich schätzte ihn auf etwa fünfzig Jahre. Er trug ein knielange Badehose mit Kätzchen und rosa Flip Flops. Ansonsten hatte er lediglich ein offenes geblümtes Hawaii-Hemd an, sodass sein muskulöser Oberkörper und sein Bauchansatz zu sehen waren. Seine himmelblauen Augen erfassten innerhalb einer Sekunde die Situation. "Lasst Manuel los." Ich gab Emilia ein Zeichen, und sie schnippste mit den Fingern. Sofort zogen sich die Wurzeln zurück und gaben den Gestaldwandler frei, der sich zurück verwandelte und seine Handgelenke rieb. "Das ist schon mal ein Anfang. Und den Dreck da kehrt ihr auch noch zusammen.", brummte der alte Mann mit einem Blick auf den zerstörten Blumentopf. "Ich nehme an Sie sind Stanley.", sagte ich höflich. "Stimmt. Warum habt ihr Manuel angegriffen?" "Moment! Er hat mich zuerst angegriffen." Der Gestaltwandler warf mir einen wütenden Blick zu und knurrte:"Sie suchen nach dir. Lilith schickt sie!" Stanleys musterte uns aufmerksam. "Ihr gehört zur Organisation." Es war eine Feststellung, keine Frage. "Aber ich kann euch nicht helfen. Ich weiß nicht wer die Anschläge verübt hat." "Was für Anschläge?", mischte sich Eric ein. Stanleys Gesicht nahm einen überraschten Gesichtsausdruck an. "In den letzten 48 Stunden wurden gut ein Dutzend Anschläge in der ganzen Welt verübt. Bürogebäude, Fabriken und ähnliches. Alles Einrichtungen der Organisation. Ich habe noch immer einige Kontakte, aber keiner von ihnen konnte mir sagen wer es getan hat oder warum." "Aber wir wissen es.", sagte ich ruhig. "SOL ist dafür verantwortlich." Für den Bruchteil einer Sekunde konnte ich abgrundtiefen Hass in seinen Augen erkennen."SOL? Seid ihr euch sicher" Ich wusste nicht genau wieso, aber ich hatte das Gefühl ihm vertrauen zu können. Also erzählte ich im alles. Fast alles. Meine Kontrolle über die Schatten und meine schwarzen Augen verschwieg ich. Aufmerksam lauschte Stanley meiner Erzählung. Als ich geendet hatte, deutete er auf eine schmale Treppe die nach oben führte. "Im Obergeschoss sind zwei Badezimmer. Dort könnt ihr duschen. Danach werden wir essen und besprechen wie ich euch helfen kann." Bei der Erwähnung einer Dusche leuchteten die Augen der Mädchen auf und auch Eric und Damon blickten sehnsüchtig im Richtung Treppe. "Los, geht schon.", sagte Stanley. Als ich meinen Freunden folgen wollte legte er die Hand auf meinen Arm. "Du nicht. Wir müssen einiges besprechen. Ich habe Antworten auf einige deiner Fragen." Langsam ließ ich mich zurück auf den Stuhl sinken, meine Gedanken rasten. Was meinte Stanley damit? Ich wusste rein gar nichts über ihn, hatte ihm nur aus einem Gefühl heraus vertraut. Aber ich hatte eigentlich keine andere Wahl. "Du hast Bedenken.", sagte Stanley. "Das ist verständlich, aber töricht. Meine Fähigkeit war es die dunkle Seite der anderen zu sehen und ihnen zu helfen sie zu kontrollieren. Ich habe diese Fähigkeit zwar zum Teil verloren, aber ich kenne deine Art. Wenn du nicht lernst deine Kräfte zu beherrschen wird es fatale Folgen haben." "Ich will dir ja vertrauen.", erwiderte ich. "Aber ich weiß zu wenig. Ich muss vorsichtig sein. Ich weiß, dass du nicht der bist, der Du zu sein scheinst. Gestatte mir zwei Fragen. Danach werde ich dir alles erzählen was ich vorher für mich behalten habe." Der alte Mann sah mir in die Augen, schließlich nickte er. Ich atmete tief ein und fragte:"Wer bist du wirklich? Und warum willst Du mir helfen?" Stanley zog ein Päckchen Zigaretten aus der Brusttasche seines Hemdes zündete sich eine Kippe an und warf mir das Päckchen zu. Ich tat es ihm gleich und nahm einen tiefen Zug. Der heiße Rauch in meiner Lunge beruhigte mich sofort. Anscheinend gewöhnte ich mir gerade das Rauchen an. Es gab schlimmere Laster. "Das alles ist schon so lange her.", setzte Stanley an. "Du hast mich vermutlich auf etwa fünfzig geschätzt. Die Wahrheit ist, das ich älter bin. Viel älter. Ich würde erschaffen, als die Menschen noch eine Fantasie des Schöpfers waren. Damals hieß ich noch Camael." Langsam wanderte meine Hand zu dem Messer an meinem Rücken. Vor mir am Tisch saß ein Erzengel.
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Rogue Hero
Fantasy"Jedes Land hat so seine Legenden. In jedem Landstrich hatten die einfachen Leute vor etwas anderem Angst. So entstanden Märchen und Legenden über die verschiedensten Wesen. Vampire, Werwölfe, Elfen, Riesen, Kobolde und so weiter. Du kennst diese Ge...