#162

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"Alles klar bei dir?", fragte ich Emilia, die auf dem Beifahrersitz saß und ihre Schrotflinte lud.
Das Gespräch mit Haytham war gut gelaufen, der Hexer hatte uns seine Unterstützung zugesagt, zumindest würde er dafür sorgen, dass die Frewilligen aufs Festland kämen und zwar unter dem Radar. Leviathan und ihre Verbündeten würden nichts mitbekommen. Und Perry war zuversichtlich gewesen, mindestens fünfzig Leute aufzutreiben, Magier, Therianthropen und Vampire, außerdem noch ein paar andere Gestalten. Auch Taio, der Erdmagier würde dabei sein, was uns ziemlich viele taktische Schachzüge erlauben würde. Aber kaum jemand besaß eine Waffe, in der Arena wurde meistens mit den Fäusten, beziehungsweise Klauen und Zähnen gekämpft, oder eben mit Magie. Also brauchten wir, wie Perry es ausgedrückt hatte, einen "ganzen Arsch voll Knarren". Und deshalb waren wir hier, in Santiago de Cuba, der zweitgrößten Stadt des Landes. Oder besser gesagt ein wenig außerhalb, bei einem mittelgroßen Flugplatz, der in den Händen der 'Ángeles Rebeldes', der abtrünnigen Engel, einem knallharten Drogenkartell das zum Großteil aus Ex-Soldaten aus aller Welt bestand. Bekannt waren sie besonders für Menschenhandel und das Schmuggeln von Waffen. Und natürlich für die obligatorischen Drogen. Diese Typen hatten vermutlich das beste Waffenarsenal, dass wir plündern konnten, ohne der Armee eines größeren Landes ans Bein zu pissen. Und nebenbei wollte ich auch meinen Bargeldbetrand aufbessern. Ich überprüfte noch ein letztes Mal den Sitz der Messer in meinen Stiefeln und in der Scheide an meinem Rücken und zurrte das Schulterholster ein wenig fester. "Bereit?", fragte ich Emilia und schob ein Magazin in die 1911er. "Natürlich.", erwiderte die Cambion mit einem Grinsen und lud ihre Flinte durch. "Aber vergiss nicht, erst versuchen wir sie einzuschüchtern. Vielleicht ergeben sie sich ja, das würde Zeit und Munition sparen." Sie beugte sich zu mir rüber und küsste mich, dann stiegen wir aus. Die Sonne war fast untergegangen und Emilia legte eine Hand auf eine Tasche ihrer Cargohose, in der sich ein Nachtsichtgerät befand. Geduckt rannten wir auf den Flugplatz zu, wo ein Dutzend Männer damit beschäftigt Kisten aus einen Flugzeug auszuladen. Wir rannten von Deckung zu Deckung, bis wir hinter einem Humvee kauerten, gut zwanzig Meter von den Männern entfernt. Ich zog meine Pistole und fragte: "Wie viele sind es insgesamt?" Die Cambion legte eine Hand auf den Boden und schloss die Augen. "Vierunddreißig.", antwortete sie nach einigen Sekunden. "Dann gebe ich erst mal einen Warnschuss ab." Ich stand auf, die Pistole im Anschlag und zielte kurz, dann drückte ich ab. Einer der Männer fiel zu Boden, auf seiner Stirn klaffte nun ein Loch und seine Freunde hinter ihm waren voller Blut und kleiner, grauer Hirnbröckchen. "Ein Warnschuss?", flüsterte Emilia, während die Männer anfingen zu brüllen, in Deckung gingen und ihre Waffen entsicherten. "Ich habe die anderen gewarnt, dass ich ein guter Schütze bin.", erwiderte ich mit einem Schulterzucken. Die Cambion schüttelte den Kopf. "Soviel zum Munition sparen.", murmelte sie, dann lehnte sie sich am Wagen vorbei und gab zwei schnelle Schüsse ab. Sie ging wieder in Deckung und kurz darauf sah ich, wie das Flugzeug von gewaltigen Wurzeln zerquetscht wurde. "Was war das denn?", fragte ich, während ich drei weitere Schüsse abgab. Emilia grinste breit. "Kleine Erfindung von mir. Zwischen den Schrotkugeln sind ein paar Pflanzensamen, durch Magie schwerer und stabiler gemacht. Dachte, das könnte ganz lustig werden." Nun grinste ich auch. "Es sind noch sechsundzwanzig übrig.", merkte die Cambion an und zog mich wieder hinter den Humvee. "Neun hier draußen, fünfzehn in einem Hangar. Und im Kontrollturm sitzt ein Scharfschütze." Langsam wurde die Kommunikation deutlich schwerer, da unsere Stimmen von peitschenden Gewehschüssen übertönt wurden. Die Idioten hatten ja lange gebraucht um uns zu entdecken. Ich warf einen Blick zum Hangar, vor dem ein paar Transporter standen. Die Ángeles waren vermutlich damit beschäftigt Drogen, Geld und Waffen zu verstecken, also hatten wir noch schätzungsweise fünf Minuten Zeit. "Übernimm den Scharfschützen, ich erledige die hier draußen. Dann kümmern wir uns um den Hangar.", sagte ich und zog eins meiner Messer. Emilia packte mich am Arm und fragte: "Moment. Hast du einen Plan?" Ich küsste sie leidenschaftlich, dann grinste ich breit. "Man braucht nicht immer einen Plan, Feuerlöckchen. Manchmal muss man einfach durchatmen, loslassen und sehen was passiert.", erwiderte ich, ehe ich aufsprang und über die Motorhaube rutschte. Emilia rief etwas, dass verdächtig nach 'Idiot' klang, aber da flogen mir schon Geschosse um die Ohren. Ich sprintete weiter, hechtete über Autos und Fässer und feuerte zurück. Mit Befriedigung sah ich, wie nach jedem Schuss ein weiteres Kartellmitglied tödlich getroffen zu Boden stürzte. Schließlich warf ich mich hinter einen Lieferwagen uns atmete tief durch. Ich hatte elf Kugeln gehabt und acht abgefeuert. Jeder Schuss hatte gesessen, also waren jetzt noch sechs Mann übrig, ich hatte aber nur noch drei Kugeln. Klar, ich hätte nachladen können, aber wo blieb da der Spaß? Ich lugte kurz hinter meiner Deckung hervor, prägte mir die Position meiner Gegner ein und rannte los. Ich spürte wie eine Kugel meine Hüfte streifte und zuckte kurz zusammen, wurde aber nicht langsamer.  Fast schon elegant hechtete ich über das Wrack einer ausgebrannte Limousine, hinter der zwei Männer hockten und volle Magazine in Maschinenpistolen schoben. "Kuckuck", rief ich ehe die beiden mich überhaupt entdeckt hatten, zog den einen zu mir und rammte ihm mein Messer in den Hals, während ich den anderen mit einem Kopfschuss erledigte. Blieben noch vier. Plötzlich würde die Leiche, die ich immer noch festhielt, von einigen Schüssen getroffen. Die restlichen vier Kerle kamen auf mich zu, hatten Maschinengewehre im Anschlag und feuerten eine Salve nach der anderen ab. Kurz überlegte ich, ob ich auf sie zurennen oder lieber die Limousine nach ihnen werfen sollte, als ob sah, wie einer von ihnen eine Handgranate aus der Tasche zog und im Begriff war den Sicherungsstift zu ziehen. Im selben Moment explodierte der Kontrollturm geradezu, wurde von dicken Wurzeln gesprengt, wodurch Trümmerstücke in alle Himmelsrichtungen flogen. Diese Ablenkung nutzte ich, zielte sorgfältig und schoss. Die Hand in der er die Granate hielt wurde regelrecht zerfetzt und mit dumpfer Befriedigung hörte den Schmerzenschrei des Mannes, der die Granate fallen ließ, wodurch er den Sicherheitsstift zog. Ich blieb noch ziemlich genau drei Sekunden stehen um die dämlich-entsetzen Gesichter seiner Kameraden zu genießen, ehe ich mich hinter das Wrack duckte. Im nächsten Moment regnete es Blut und Leichenteile, eine ziemlich lädierte rechten Hand landete nur ein paar Meter von mir entfernt. *Anmerkung der Lektorin: da er nie meine Korrekturen liest, liebe Grüsse von Damantia. P.S. ich liebe dich, Schnuppelchen* Ich wartete ein paar Sekunden, dann stand ich auf, zielte grob in Richtung Hangar und drückte ab. Keine Reaktion, so wie es aussah hatte ich alle erwischt, also konnten wir uns jetzt den Rest vornehmen, uns die Waffen schnappen und abhauen. Emilia tauchte neben mir auf, die Schrotflinte im Anschlag und sah aus als wolle sie mir um den Hals fallen oder mir eine reinhauen, vermutlich beides. "Sie haben die Tore verschlossen.", stellte sie mit einem Blick auf den Hangar fest. Ich musterte das flache Gebäude ebenfalls und wechselte das Magazin in meiner Pistole, ehe ich sie wegsteckte. Dann fragte ich: "Hast du dein Messer dabei?" Die Cambion nickte, griff hinter ihren Rücken und zog den langen Dolch, mit dem sie den Rabisu auf dem Empire State Building erledigt hatte. Ihr Geschenk von Azazel. In der Hütte in den Rocky Mountains hatte sie mir davon erzählt. Diese Waffen bestanden aus einer Art Obsidian, dass so hart war wie Stahl. Azazel persönlich hatte sie angefertigt, für Luzifers Rebellion. Ein gefallener Engel dürfte zwar seine Flügel behalten, aber das Flammenschwert wurde ihnen genommen, also hatte der Schmied für jeden Soldat Satans eine dieser Waffe gemacht, getränkt mit Wut und Hass, den Klingen der Engel ebenbürtig und in der Lage Engel und andere übernatürliche Wesen zu verwunden und töten.
Ich erklärte Emilia meinen Plan und während sie sich die Schrotflinte über die Schulter warf um beide Hände zum Kämpfen frei zu haben, durchsuchte ich die Kisten, die die Männer aus dem Flugzeug geholt hatten. In den meisten befanden sich Schusswaffen oder Drogen, eine war sogar bis zum Rand mit billigen Pornos gefüllt, aber nach einigen Minuten würde ich fündig. Handgranaten, und zwar jede Menge. Rasch wischte ich mein blutverschmiertes Messer an meinem Mantel ab, schnappte mir eine Handgrante und machte mich an die Arbeit. Ich brauchte nicht lange, dann hatte die Abdeckung mit der Messerspitze aufgehebelt und vorsichtig Schlagachse und Feder entfernt. "Kann losgehen.", sagte ich zu Emilia. Als wir neben dem Hangar standen, verschränkte ich die Hände, machte eine Räuberleiter und half ihr aufs Dach. Anschließend nahm ich zwei Schritte Anlauf und folgte ihr. Suchend blickte ich mich um, bis ich schließlich eine kleine Luke entdeckte, die einen Spalt offen stand. Durch den schmalen Spalt drang das Licht eines halben Dutzends Neonröhren. Emilia sah mich an, das Nachtsichtgerät in der einen, den Obsidian-Dolch in der anderen Hand. Ich lächelte sie an, dann warf ich die Granate mit aller Kraft durch den Spalt. Schreie erklangen unter uns und ich hörte wie Tische umgeworfen wurden. Vermutlich waren jetzt alle in Deckung gegangen, also war es an der Zeit für Schritt zwei. Reingehen und alle töten. Während ich die Schatten nutzte um die Lampen zu verdunkeln, setzte Emilia das Nachtsichtgerät auf und stieß die Luke auf. Lächelnd zückte ich mein Messer und küsste Emilia. "Ich liebe dich.", flüsterte ich, dann ließ ich mich fallen.

Rogue HeroWo Geschichten leben. Entdecke jetzt