#179

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Mit vor Schreck geweiteten Augen sah ich hinunter auf den großen, kreisrunden Platz vor dem Märchenschloss. Breite Risse zogen sich kreuz und quer durch den Boden und hier und da stürzten große Brocken hinab in die Tiefe. Die Sparten stellten sich meinen Freunden entgegen, bildeten einen Schildwall, um sie daran zu hindern in die Nähe des Höllentores zu gelangen. Der Boden brach immer weiter auf, bis schließlich ein riesiges Loch mit einem Durchmesser von fünfzig Metern im Boden klaffte. Die ersten fünfzehn Meter waren schwarz wie Vulkangestein und zerklüftet wie eine Klippe. Und darunter war nichts als undurchdringliche Finsternis, aus der lautes Brüllen, aggressives Knurren und eine Vielzahl anderer, animalischer Laute ertönten. Ich spürte wie der Höllenschlund nach mir rief, an jeder Zelle meines Körpers zerrte und mich in die Hölle ziehen wollte. Ich war wie gelähmt, völlig gefesselt von diesem Anblick und schlug nur noch schwach mit den Flügeln. "Nicht jetzt...", knurrte ich und kämpfte gegen die Anziehungskraft an. "Bald, aber noch nicht jetzt." "Bastard!", erklang Raguels Stimme. "Zieh dich zurück! Es ist zu spät, Leviathan sammelt bereits ihre Kräfte." Die Worte des Engels waren wie ein Schwall kalten Wassers, meine Flügelschläge wurden kräftiger und ich richtete meinen Blick auf die Generalin der Hölle. Ein völlig irrer Ausdruck war in Leviathans Augen getreten und sie hängte sich den Schlüssel zur Hölle an einer filigranen Kette um den Hals. Hinter ihr explodierte eine Wasserleitung und eine Fontäne schoss aus dem Boden. Ich wappnete mich, doch statt das Wasser zum Angriff zu nutzen, ging Leviathan in die Knie, legte die Hände auf ihre Oberschenkel und schloss die Augen. Eine Eisschicht überzog ihren Körper, wurde dicker und dichter. Erst dachte ich, die Dämonin würde eine Rüstung erschaffen, doch nur wenige Sekunden später war das glasklare Eis mehr als drei Meter dick. Ungläubig starrte ich auf den Eisberg, gleichzeitig spürte ich etwas unter mir, eine unglaubliche Macht, ursprünglich und roh, eine wahre Naturgewalt. Mein Speer erschien wieder in meiner Hand und ich bündelte goldenen Flammen auf der Spperspitze. Doch als ich die Waffe auf Leviathan richtete, tauchte Raguel neben mir auf, geheilt und in voller Rüstung, samt Helm. "Spar deine Kräfte, Nephilim.", sagte er. "Ich kenne ihre Techniken, kein Feuer der Welt kann dieses Eis schmelzen. Sie wird warten, bis sie auf dem Zenit ihrer Kräfte ist, um dann mit aller Kraft anzugreifen." Ich war für einen Moment verwirrt, dann sah ich das grünblaue Leuchten weit unter mir. Dünne, tentakelartige Fäden schossen aus dem Loch unter uns, schlangen sich um den Eisberg. "Wir können im Moment nichts gegen Leviathan ausrichten!", rief der Erzengel. "Wir müssen abwarten, die Dämonen abwehren, bis Leviathan im Vollbesitz ihrer Kräfte ist, uns angreift und ihr dann den Schlüssel abnehmen. Es wird nicht lange dauern, vielleicht fünf Minuten, höchstens zehn." Raguel packte sein Schwert mit beiden Händen. "Und jetzt geh zu deinen Freunden, sie brauchen deine Hilfe. Ich kümmere mich um den Abschaum, der an die Oberfläche will!" Ich drehte den Kopf und sah, was Raguel meinte. Zwei Gestalten, eine große und eine kleinere, hatten den Aufstieg hinter sich gebracht und bahnten sich einen Weg durch die Sparten, auf Emilia und Jack zu, die Rücken an Rücken kämpften. Ich nickte Raguel knapp zu, verkürzte meinen Speer und sagte: "Konzentrier dich auf die großen Viecher, meine Leute haben sich bereits verteilt um die Massen abzufangen." Ohne eine Antwort abzuwarten legte ich meine Flügel an und schoss auf meine Freunde zu, die vor den Neuankömmlingen zurückwichen, um sich neu zu formieren. Ich landete hart, wirbelte jede Menge Asche auf und legte meine Flügel an. Aufmunternd lächelte ich meine Freunde an. "Beschäftigt die Sparten, ich kümmere mich um unsere neuen Freunde." Als Jack breit grinste und mir mit seiner Axt zuwinkte, drehte ich mich um und hob mein Schwert, nur um es gleich darauf erstaunt sinken zu lassen. Die linke Gestalt war vom Aussehen her menschlich, aber gut zwei Köpfe größer als ich, war muskelbepackt und hatte einen dichten, schwarzen Bart und eine Glatze. Die andere Gestalt war mehr als doppelt so groß wie ich, sah aus wie ein aufrecht gehender, bulliger Elefant mit Klauen und rasiermesserscharfen Stoßzähnen und war bewaffnet mit einer Axt, die so groß war wie er selbst. Der Aura nach handelte es sich bei den beiden um gefallene Götter, doch ich erkannte nur einen von ihnen auf Anhieb. "Ganesha, nicht wahr?", fragte ich. "Hindu-Gott, Beseitiger der Hindernisse und laut den Mythen ein begnadeter Tänzer und Liebhaber." Der Gott brüllte zustimmend und stieß ein paar Sparten aus dem Weg. Gesprächig schien er ja nicht sonderlich zu sein. "Dann musst du der Intelligente von euch beiden sein.", wandte ich mich an den anderen Gott. "Entweder das, oder du bist sein Lustknabe. Der Hinduismus toleriert schließlich alle Sexualitäten." Der Kraftprotz lachte auf und erwiderte: "Glaubst du wirklich, du könntest mich provozieren, Sterblicher?" "Ich bin zwar erst seit ein paar Tagen sterblich, aber irgendwie habe ich gehofft das es klappt, ja." Langsam zog der Gott einen kupfernen Säbel und schlug sich mit der Faust auf den ebenfalls aus Kupfer geschmiedeten Brustpanzer. "Mein Name ist Hadúr.", rief er herausfordernd. "Ich bin der Sohn des goldenen Vaters und der Mutter der Abenddämmerung. Mit meinen bloßen Händen schmiedete ich die Klinge, die als Schwert Gottes bekannt wurde und zahlreiche Leben forderte. Ich bin ein Gott der Ungar, der Gott des Krieges, des Schmiedens und des Feuers. Und auch in dir sehe ich das lodernde Feuer eines Gottes, also lass uns kämpfen und sehen, wessen Flamme heißer brennt." Ich schüttelte seufzend den Kopf und ließ mein Schwert kreisen. "Ernsthaft?", fragte ich. "'Lass uns sehen, wessen Flamme heißer brennt?' Ist das das Äquivalent eines Schwanzvergleiches unter Feuergöttern? Das ist echt traurig. Hatte Leviathan keine wichtigen Götter mehr auf Lager, oder denkt sie ernsthaft, dass ihr gegen mich eine Chance habt?" Ich sah Wut und Hass in Hadúrs Augen, doch er hielt sich zurück, im Gegensatz zu Ganesha, der mit einem wütenden Brüllen auf mich zurannten und seine Axt schwang. Elegant duckte ich mich unter der silbrigen Schneide hinweg, bohrte mein Schwert eine Handbreit in Ganeshas Bein und rollte mich sofort wieder weg. Rot-schwarzes Blut spritzte aus der Wunde, aber das schien den Gott nicht zu interessieren. Nun stürzte auch Hadúr vor und schwang seine Klinge mit tödlicher Präzision und der Kraft eines, nun ja, Gottes. Hadúr und Ganesha griffen gemeinsam an, ergänzten sich perfekt und drängten mich immer weiter zurück, während ich geschickt parierte und auswich. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie die Sparten meine Freunde umzingelten, ihre Waffen konnten nichts gegen die Kinder Leviathans ausrichten. Jack und Taio bluteten aus tiefen Schnitten und auch Asami hatte einige oberflächliche Verletzungen. "Emilia!", schrie ich, als die Cambion den Schwerthieb eines Kriegers abwehrte und fast stolperte. "Benutz den Obsidian-Dolch! Vielleicht wirkt er auch gegen die Sparten!" Ich sah nicht mehr, ob Emilia tatsächlich ihren Dolch benutzte, denn in diesem Moment traf mich Ganesha mit einem Rückhandschlag. Die stumpfe Seite der Axt trag mich an der Brust und ich flog in einem hohen Bogen durch die Luft. Der Elefanten-Gott grunzte siegessicher und Hadúr sprang vor und feuerte einen gewaltigen Feuerstrahl ab. Kurz vor dem Aufprall schaffte ich es meine Flügel ein wenig auszubreiten, meinen Flug unter Kontrolle zu bringen und mich in Richtung meiner Gegner zu drehen. Mit den Füßen voran landete ich, ging in die Knie und rutschte einige Meter nach hinten. Ich rammte die Klauen meines Panzerhandschuhs in den Boden um zu bremsen und kam schließlich gut zwanzig Meter von Hadúr und Ganesha zum stehen. Im letzten Moment sprang ich auf, schwang mein Schwert und teilte mühelos den Feuerstrahl des Kriegsgottes. Hadúr trat vor, den Säbel auf mich gerichtet und ein verächtliches Grinsen auf den Lippen. "Ich habe mehr erwartet von Luzifers Spross." "Das sagt gerade der Richtige.", erwiderte ich. "Eine Rüstung mit Nippeln? Wer bist Du, der 95er Batman?" Der Gott legte verwirrt den Kopf schief, dann schleuderte er blitzschnell drei Feuerbälle nach mir, aber ich lächelte nur schwach und hob meine Hand. Meine Siegel absorbierten den Angriff und ich genoss für einen Moment das verblüffte Gesicht des Gottes, ehe ich zum Angriff überging. Ein Windstoß fegte Hadúr ein gutes Stück nach hinten, doch Ganesha hob seine Axt, trötete laut und setzte sich in Bewegung. Für eine Kreatur dieser Größe bewegte er sich überraschend behände, aber aufnehmen konnte er es mit mir nicht. "Komm schon, du kinderfressender Benjamin Blümchen!", schrie ich und rannte ebenfalls los. Ich sprintete in voller Rüstung auf den Gott zu und im letzten Moment warf ich mich zu Boden, rutschte zwischen seinen Beinen hindurch und vermied um jeden Preis einen Blick nach oben, während ich mein Schwert mit dem Griff voran in den Boden rammte. Natürlich könnte ich Ganesha auf ein Dutzend anderer Arten besiegen, aber hier ging es um die Demonstrantion meiner Macht und meiner Fertigkeiten. Blitzschnell schnellte ich hoch, stellte meine Beine schulterbreit auseinander und hob meine Arme. Pechschwarze Ketten schossen aus dem Boden, wanden sich um meine Unterarme und schossen dann weiter auf Ganesha zu. Die massiven Kettenglieder wickelten sich um den Hals des Gottes und ehe er reagieren konnte, machte ich einen Schritt zurück und zog mit aller Kraft an den Ketten. Ganesha kämpfte eine Sekunde lang mit dem Gleichgewicht, dann fiel er mit einem verzweifelten Tröten hintenüber und mein Schwert bohrte sich durch die Wucht des Aufpralls bis zum Heft in den Nacken des Gottes. Dunkles Blut spritzte aus der Wunde, vermischte sich mit der Asche und Ganesha streckte mit letzter Kraft seinen Rüssel nach der Klinge aus, die aus seinem Hals ragte. Doch kurz bevor er sie erreicht, wich der letzte Funken Leben aus dem Gott. Als ich auf Genasha zuging um mein Schwert aus seinem Körper zu ziehen, erbebte der Boden unter weit ausholenden, donnernden Schritten. Langsam drehte ich mich um, ließ Hadúr auf mich zustürmen. Sein kupferner Säbel zielte auf meine Kehle, doch im letzten Moment drehte ich mich halb, machte einen Schritt nach hinten und packte die Klinge direkt vor der Parierstange. Gleichzeitig zertrümmerte ich dem Gott mit einem kurzen Hieb das Handgelenk und entwand ihm seine Waffe. Hadúr konnte nicht rechtzeitig bremsen, mit einer eleganten Pirouette wich ich ihm aus wie ein Stierkämpfer und mit einem blitzschnellen Hieb schlitzte ich dem Kriegsgott die Kniekehlen auf. Gequält schrie der Gott auf und fiel auf die Knie. In der selben Bewegung wirbelte ich den Säbel herum, bohrte ihn in Hadúrs Unterschenkel und nagelte ihn am Boden fest. Langsam ging ich um ihn herum, blickte in seine dunkelbraunen Augen. Ein Fingerschnippen reichte, und schwarze Ketten schlangen sich um seine Handgelenk, machten ihn bewegungsunfähig.  "Nun gut, Hadúr.", sagte ich leise und ein gefährlicher Ton schwang in meiner Stimme mit. "Du willst wissen wessen Flamme heißer brennt? Lass es uns herausfinden." Ich richtete meine Handfläche auf den Gott und spürte wie das Feuer in mir aufloderte, sah mein Spiegelbild in seinem Brustpanzer und meine Augen, die nun tiefgolden glühten. Flammen züngelten über meine Hand und bündelten sich in meiner, auf den Gott gerichteten, Handfläche. "Tu es!", knurrte Hadúr. "Zeig mir welche Macht der Wirt dieses jämmerlichen Löwens besitzt!" Ein fauchender Feuerstrahl verschlang Hadúr und der Gott begann zu lachen. Ich steigerte die Intensität, ließ so viel Kraft in den Angriff fließen wie ich es mir nur erlauben konnte, doch noch immer lachte er. "War das alles, du Sohn einer räudigen Hündin?" Die Flammen erstarben und ich trat vor, legte mein Hand auf die Stirn des Gottes und konzentriere mich. Die goldenen Adern meiner Rüstung pulsierten und ich erkannte einen Anflug von Furcht in Hadúrs Augen. Meine Lippen verzogen sich zu einem schwachen Grinsen, ehe ich flüsterte: "Burn, Motherfucker." Dann entfesselte ich meine Macht. Die darauffolgende Explosion hatte nur einen kleinen Wirkungsradius, war aber so grell, dass ich geblendet den Kopf abwenden musste.
Als die Flammen erloschen waren und die Asche sich gelegt hatte, richtete ich meinen Blick wieder auf Hadúr und wünschte sogleich, ich hätte es nicht getan. Der Anblick, der sich mir bot, war ekelhaft, sogar noch schlimmer als der Geruch nach verbranntem Fleisch und Haaren. Hadúr war zur Seite weggekippt und lag mit verdrehtem Bein auf dem Rücken. Seine Rüstung war an einigen Stellen vollständig verdampft, nur vereinzelt fraßen sich noch glühende Metallsplitter ins Fleisch des Gottes. Die Haut, sofern sie noch vorhanden war, warf Blasen, sein Schädel war komplett schwarz gebrannt, die Augenhöhlen leer. Seine Bauchdecke stand offen, einige Organe waren vollständig weggebrannt, andere dampften noch leicht. "Überheblicher Wichser.", murmelte ich und spuckte aus, dann ging ich zu Ganesha, wuchtete den Elefanten auf den Rücken und zog mit einem schmatzenden Geräusch mein Schwert aus seinem Fleisch. Ich atmete tief durch und spürte wie meine Augen wieder ihre normale Farbe annahmen, ließ meine Rüstung verschwinden und drehte mich um. Emilia leistete ganze Arbeit mit ihrem Dolch, während Asami, Jack und Taio die Sparten und Abstand hielten und sie entwaffneten, schoss die Cambion immer wieder vor und vernichtete die Krieger mit gezielten Stichen in Herz und Kopf. Dahinter sah ich Raguel der soeben eine Art riesigen Krabbendämon getötet hatte und sich im nächsten Augenblick auf ein gigantisches Vieh stürzte, das augenscheinlich zum größten Teil aus Schuppen und Klauen zu bestehen schien. Da erklang ein berstendes Geräusch und obwohl die schuppige Bestie im Weg war, wusste ich genau, was auf der anderen Seite des Höllentores passierte. Der Eisberg war zerbrochen und Leviathan war wieder frei. Eine Welle purer Energie rollte über den Freizeitpark hinweg, die Kreatur im Höllenschlund war zwar groß genug um meine Freunde und mich zu decken, aber das Biest schirmte auch die Sparten ab und die Energiewelle erwischte Raguel, der gerade hatte angreifen wollen und fegte ihn vom Himmel. Der Erzengel stützte auf mich zu, konnte sich aber recht schnell fangen. "Raguel!", rief ich. "Du musst mir einen Augeblick Zeit verschaffen! Höchstens zwei Minuten." Der Engel nickte mir knapp zu, schlug mit den Flügeln und erhob sich hoch in die Lüfte, wo er sein Schwert auf die Bühne vor dem Schloss richtete. Ein gewaltiger Strahl aus reinem, heiligen Licht schoss aus der Spitze seiner Waffe. "Was auch immer du vorhast", schrie Raguel. "Beeil dich!" Ich warf mich in einen tiefen Schatten zu meiner Linken und tauchte wenige Meter von meinen Freunden entfernt wieder auf. Mit einem kurzen Schrei schwang ich mein Schwert und ein heftiger Windstoß schleuderte die Sparten nach hinten. Ich stürmte auf Emilia zu, zog sie an mich und küsste sie leidenschaftlich, während ich meine Hand in meine Umhängetasche gleiten ließ. Das hier würde schwer werden und unglaublich weh tun. Emilia und ich lösten uns voneinander und ein letztes Mal erlaubte ich es mir, in dem intensiven Grün ihrer Augen zu versinken, genoss ein letztes Mal den zarten Blumenduft, der stets von ihr ausging und spürte den Geschmack ihrer Lippen auf den meinen. "Ich liebe dich, Feuerlöckchen.", flüsterte ich und schloss meine Hand um den kugelförmigen Gegenstand. "Ich dich auch.", antwortete Emilia mit einem Lächeln und hob ihren Dolch und das Bokken. "Aber wir haben später noch alle Zeit der Welt." "Wir nicht.", erwiderte ich leise und machte einen Schritt zurück. "Es tut mir leid, aber ich könnte nicht damit leben, dich ein zweites Mal zu verlieren. Ich liebe dich, mehr als alles andere auf dieser Welt. Ich hoffe du wirst es irgendwann verstehen." Ein fragender und angsterfüllter Audruck trat in Emilias Gesicht. "Nath, was meinst du damit?" Ich machte einen weiteren Schritt zurück, zog meine Hand aus der Tasche und hielt den faustgroßen Rubin auf Augenhöhe. "Es tut mir leid.", flüsterte ich und Emilia schien zu ahnen, was ich vorhatte. Doch bevor sie sich in Bewegung setzen konnte, tastete ich mit meinem Geist nach dem Edelstein, konzentriere mich auf den Zauber den ich wirken wollte und sprach ein einziges Wort auf henochisch. Das war ein Geheimnis, in das ich nur Jack und Nero eingeweiht hatte. Die eigentliche Macht ging vom Zepter selbst aus, doch mit der Macht eines Engels und den richtigen Worten reichte auch der Rubin, um die Kuppel zu kontrollieren. Ein goldenes Licht umtanzte Emilia, Asami und Taio, so wie jeden anderen meiner Verbündeten, außer Jack und Nero. Das Licht wurde immer intensiver, bis es schlagartig verschwand, ebenso wie jene, die es umhüllt hatte. Sie waren fort, außerhalb der Kuppel, niemand konnte hinein und niemand hinaus. Emilia war in Sicherheit, gemeinsam mit meinen Freunden. Ich atmete tief durch und kämpfte meine Emotionen zurück. "Es war die richtige Entscheidung.", sagte Jack und klopfte mir auf die Schulter. "Es ist der Weg, den du gewählt hast.", meinte Nero. "Es war bestimmt eine schwere Entscheidung, aber es ist der einzige Weg um die Verluste zu minimieren. Und jetzt lasst uns einen Zahn zulegen, ich glaube nicht, dass dieser Engel noch lange durchhält." Ich nickte entschlossen. "Jack, versuch die Dämonen zu dir zu locken und so nah wie möglich am Tor zu halten. Nero, hilf ihm dabei. Ich werde mich um Leviathan kümmern, wir brauchen so schnell wie möglich diesen Schlüssel." Jack steckte seine Axt weg und hob seinen Granatwerfer. "Viel Glück. Und pass auf dich auf, Leviathan ist eine hinterhältige Schlampe."
Der Dämon grinste breit, dann setzte er sich Nero auf die Schulter, der seine Krallen in die Kevlar-Panzerung bohrte, und schlug mit den Flügel. Kaum waren die beiden verschwunden, hüllte ich mich wieder in meine Rüstung, streckte den Arm aus und steckte ihn bis zum Ellenbogen in die Schatten. Entschlossen packte ich den Griff der Waffe, konzentrierte mich auf die Magie, mit der ich das Schwert geschützt hatte und sagte laut und deutlich: "Heilige Klinge des Longinus, leih mir deine Kraft. Geschmiedet in göttlichen Flammen, geweiht mit dem Blut des Erlösers und versiegelt mit der Macht des Gefallenen. Gehorche meiner Stimme, meiner Hand, wer auch immer mein Feind ist, das Licht wird ihn verschlingen!" Schwungvoll riss ich das Schwert aus den Schatten, die Gravuren auf Klinge und Parierstange glühten hell. Kaum hatte ich das Schwert mit beiden Händen gepackt, bröckelten die Schatten, die meine Rüstung verstärkten und wichen dem Licht, das den Stahl überzog wie frisch gefallener Schnee. Flammen von der selben Farbe wie die Adern meiner Rüstung züngelten über meinen Körper und das Schwert, ich spürte wie meine Augen wieder golden wurden und breitete meine pechschwarzen Schwingen aus. Ich spürte, dass auch meine Flügel in Flammen standen und einem Phönix gleich erhob ich mich in die Lüfte. Dies war die Stunde der Wahrheit, es war an der Zeit mich Leviathan zu stellen und diesen Kampf endgültig zu entscheiden. Und diesmal gab es einen bedeutenden Unterschied zu den vorherigen Kämpfen. Ich war bereit.

Rogue HeroWo Geschichten leben. Entdecke jetzt