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"Du bist Luzifer?", flüsterte ich fast. "Der König der Hölle?" Er nickte, faltete seine Flügel wieder zusammen. "Ja. Und irgendwie ist es schade, dass deine Mutter dich Nathaniel genannt hat. Sonst hätte mein nächster Satz mehr Witz: Ich bin dein Vater." Ich ballte die Fäuste. "Das wusste ich schon." Fragend zog Luzifer eine Augenbrauen nach oben. "Die Vampire in Guatemala haben es mir verraten." Der gefallene Engel fluchte. "Diese verdammten Blutsauger! Naja, wenigstens weiß Balthasar nicht wer du bist. Er ist… kompliziert. Sowas passiert, wenn man ein Kind mit einer Succubus zeugt. Er ist mächtig, aber viel zu überheblich, es ist ein Wunder, dass er dich noch nicht zum Duell herausgefordert hat." Wut kochte in mir hoch. "Du weißt von seinem Angriff auf mich?", knurrte ich. "Natürlich. Du entziehst dich zwar oft meinem Blick, aber Balthasar behalte ich im Auge." Abwehrend hob er die Hand. "Ich weiß was du sagen willst. Nein, ich hätte ihn nicht aufhalten können. Erstens war es nötig, damit Aurus geweckt wird. Mein Sohn, ein Nephilim, als Wirt der goldenen Flammenkaisers? Du hast keine Ahnung wie unwahrscheinlich das ist. Du dürftest der mächtigste Wirt der Vergangenheit und der Zukunft sein. Das macht dich so gefährlich. Zweitens habe ich weniger Einfluss auf ihn als Du glaubst. So ziemlich alles was ich tun könnte würde von Michael als kriegerische Handlung ausgelegt. Schon die vermehrte Dämonenaktivität reizt unseren Friedensvertrag. Emilias Heilung ist das Maximum, was ich an Magie auf der Erde wirken darf, sonst tauchen sofort die Seraphim, die Kettenhunde des Himmels, auf." Ich musste das alles erstmal verarbeiten, kurzerhand zündete ich mir eine Zigarette an. "Ich habe irgendwo gelesen, dass Du in der Hölle gefangen bist. Dass Du sie nicht verlassen kannst.", sagte ich um die Stille zu überbrücken. Luzifer lachte laut auf. "Natürlich erzählen sie das den Menschen. Nein, ich kann mich frei auf der Erde bewegen, aber ich darf meine Kräfte nicht einsetzen. Es kommt nur ab und zu vor, dass jemand einen Pakt mit mir persönlich schließen möchte. Aber das war's eigentlich auch. Weißt du wie froh ich war, als die Menschen das Fernsehen erfunden haben? Auf Dauer wird es langweilig ihnen beim gegenseitigen Abschlachten zuzugucken." Er seufzte, dann sah er rüber zu der Stelle an der Alessia lag. "Was willst Du mit ihr machen?", fragte er. Knapp antwortete ich: "Sie töten. Sie für jedes Leben leiden lassen." Luzifer schüttelte den Kopf. "Natürlich musstest du ausgerechnet meinen Stolz erben. Denk doch mal nach. Du hast zwei Optionen. Du schnappst dir deine kleine dämonische Freundin und fliegst weg. Schattenreisen würden ihr übrigens nicht gut bekommen, solange sie schläft. Nur so am Rande. Ihr fliegt weg, Alessia kehrt zurück ins Hauptquartier von SOL und richtet sich die Federn. Ihr ewiger Hass wäre dir sicher, anderseits ist das auch jetzt so. Die zweite Option ist einfach. Du tötest sie. Aber Alessia hat einen hohen Rang zwischen den Engeln, ist Raguel direkt unterstellt. Und mein Bruder hasst wenige Wesen so sehr wie die Nephilim. Würdest Du Alessia töten, würde Raguel innerhalb von wenigen Minuten hier auftauchen, eine Armee von Engeln im Schlepptau. Und gegen das Schwert Gottes willst Du nicht kämpfen." Der König der Hölle legte den Kopf in den Nacken und seufzte. "Verzeih mir, ich muss einige Dinge in der Hölle regeln. Da unten geht es drunter und drüber. Wir sehen uns hoffentlich bald wieder." Er drehte sich um, dann sagte er: "Ach ja: Der Jäger mit dem heiligen Schwert ist der Mann der deinen Freund, den Typhokinetiker getötet hat. Ja, ich weiß von ihm, ich kenne schließlich alle Deals, die meine Untertanen abschließen. Viel Glück. Du wirst es brauchen." Mit diesen Worten verschwand er einfach, als wäre er nie hier gewesen, zurück blieb nur ein leichter Geruch nach Schwefel. Nachdenklich ging ich zu Alessia, zog den Speer aus ihrem Körper und richtete ihn auf ihre Kehle. "Ich nehme an du hast zugehört.", sagte ich. Alessias Augen sprühten vor Hass, also hatte ich Recht. "Tja. Du weißt jetzt wer ich bin. Und du hast auch gehört welche Optionen ich habe. Am wichtigsten ist jetzt Emilia, da kann ich keine Armee von geflügelten Verrückten gebrauchen, die versucht uns zu töten." Ich ließ den Speer verschwinden, ging zu Emilia und hob sie vorsichtig hoch. Dann breitete ich meine Flügel aus und drehte mich zu Alessia um. "Ich hätte dich am liebsten getötet. Also denk dran: Du verdankst dein Leben Luzifer." Mit einigigen kräftigen Flügelschlägen erhob ich mich in die Lüfte und flog gen Osten. Die Ketten würde ich lösen, sobald wir in sicherer Entfernung waren.

Rogue HeroWo Geschichten leben. Entdecke jetzt