Fear, childhood and success

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"Courage is the resistance of fear, mastey of fear, not absence of fear." - Mark Twain

Mit etwas mehr Schwung als nötig klappte sie ihren Laptop schließlich zu und warf mit einem Laut der Erschöpfung ihren Kopf in den Nacken. Nach einem kurzen Moment des Durchatmens packte sie all ihr Zeug zusammen. Der Van zurück zum Hotel wartete schon, ihre Kollegen saßen auch schon darin. Sie behielt ihr Handy immer im Auge, sie freute sich wirklich auf seinen Anruf. Die beiden hatten sich immer unglaublich viel zu erzählen, machte ja auch Sinn nach sieben Jahren. Das Briefing war schnell abgehalten. Die drei waren, obwohl sie erst so kurz zusammen arbeiteten, ein sehr gut eingespieltes Team. Sie harmonierten einfach gut miteinander. "Habt ihr noch irgendwas? Sonst sind wir fertig für heute", sagte Louna gerade, als ihr Handy begann das Formel 1 Thema von Brian Tyler zu spielen. Sofort nahmen ihre Wangen eine dunkelrote Farbe an. Der Song spielte immer noch. "Na komm, wer ist so besonders, dass du rot wirst, wenn er anruft?" Sie nahm ihr Handy raus und schaute auf das Display, obwohl sie genau wusste, wer es war. Diesen Klingelton hatte sie extra für ihn (und nur für ihn) eingestellt. "Es ist Charles. Er hatte gesagt, dass er anruft" Beide Kollegen grinsten sich an. "Was ist das zwischen euch? Nur aus privatem Interesse, nichts journalistisches" "Er hat eine Freundin. Wir sind nur alte Freunde aus Kindheits- und Jugendtagen" Die beiden anderen grinsten schon wieder nur. Ihr Handy klingelte immer noch. Jeder andere hätte schon aufgelegt. "Na komm, wir sind fertig, geh ran, lass den armen Kerl nicht noch länger warten" Louna verdrehte grinsend die Augen, während sie den grünen Button drückte. "Na du", begrüßte sie den Monegassen. "Stör ich?" "Du störst nie. Wir sind grade fertig mit dem Briefing, ich hab Zeit", antwortete Louna und packte nebenbei ihre Notizen und alles andere ein. "Bist du allein?" Das Handy zwischen Schulter und Ohr geklemmt, gab sie einen zustimmenden Laut von sich: "Hmm, gleich. Ich geh grade aus dem Konferenzraum, ich bin in einer Minute in meinem Zimmer" "Gut, dann kriegt keiner mit, was wir reden" "Hast du peinliche Sachen zu erzählen?" Charles lachte und sagte: "Ich bin eine einzige peinliche Sache" "Bist du gar nicht", schmunzelte die junge Französin als sie gerade die dünne Plastikkarte in den dafür vorgesehenen Schlitz schob. Mit einem leisen Klicken öffnete sich das Schloss und sie konnte rein. "Najaaa" "So, jetzt bin ich in meinem Zimmer. Was hast du für peinliche Sachen zu verkünden?" "Ich hab Angst" Sie stockte in dem was sie tat. "Das musst du mir erklären. Wovor und warum?" "Vor dem Qualifying morgen. Nach dem Rennen vor zwei Wochen machen die Journalisten so Druck... also natürlich nicht du, aber so gefühlt alle anderen" "Ich weiß. Ich hasse solche Journalisten. Keiner von uns war je in so einer Situation, wir haben nicht das Recht euch Druck zu machen. Ihr seid die 20 schnellsten Männer der Welt, das wird zu wenig wertgeschätzt. Allein, dass ihr in der Formel 1 fahrt ist eine riesen Leistung, die manchmal viel zu wenig anerkannt wird. Außerdem finde ich es Quatsch sofort eine Krise auszurufen, nur weil ihr 'nur' vierter und fünfter geworden seid. Es war ein einziges Rennen, da kann man noch gar nichts sagen, weil es einfach nicht repräsentativ ist." "Aber warum sagen dann alle was anderes?" "Weil sie dumm sind. Hör nicht darauf. Du wärst nicht bis hierher gekommen, wenn du nicht wissen würdest was du tust. Vertrau mir, du brauchst überhaupt keine Angst wegen Morgen zu haben." Sie sollte Recht behalten, aber das wusste Charles natürlich noch nicht. Louna betete still zu jeder höheren Macht, die es gab (oder auch nicht gab), dass diese doch bitte Charles Morgen einen guten Tag bescheren möge. Sie redete noch weitere 15 Minuten auf ihn ein, dass er keine Angst haben bräuchte, weil die Trainings ja auch alle vielversprechend ausgesehen hätten und so weiter. Dann wechselte Louna so schnell das Thema und ließ ihn so sehr an andere Dinge denken, dass er gar nicht mehr die Chance hatte, Angst zu haben, weil sein Gehirn dafür zu beschäftigt war. Sie schüttete ihn mit glücklichen Kindheitserinnerungen zu und es funktionierte. Charles verlor sich so in den Erinnerungen mit ihr, dass er nicht mehr an den nächsten Tag dachte. Obwohl sie selbst todmüde war, schaffte sie es, ihn so lange abzulenken, bis er einfach einschlief. Sie quatschte ihn in den Schlaf. Als sie nur noch das leise Atmen aus dem Hörer vernahm, legte sie auf und schickte ihm eine kurze Nachricht bevor sie auch ins Bett ging. Louna war ein wenig stolz auf sich, dass sie ihm so hatte helfen können, auch wenn sie wegen des fehlenden Schlafs am nächsten Morgen zwei große Cappuccino und einen Espresso brauchte, um arbeitsfähig zu werden. Dank des Koffeins und ein wenig mehr Make-Up als sonst merkte niemand, wie müde sie war. Das dritte freie Training lief super für Charles, er fuhr die schnellste Zeit und obwohl das weder Punkte noch irgendeinen anderen Vorteil gab, dankte sie den höheren Wesen zu denen sie am Vorabend noch gebetet hatte. Charles hatte ein paar Stunden zuvor noch auf ihrer Nachricht geantwortet und sich für das gestrige Telefonat bedankt.

L: Schlaf gut, wenn du wieder Angst bekommst, ruf mich einfach wieder an ? :*
C: Guten Morgen :* Danke für deine Hilfe gestern Abend, das hat mir wirklich gut getan. Warum ist nicht jeder auf der Welt so wie du? Viel Spaß heute, ich hoffe, wir sehen uns an der ein oder anderen Stelle :)
L: Guten Morgen :* Nichts zu danken, ich bin nur froh, dass ich helfen konnte :* Ich denke, wir werden uns hier und da begegnen, bis dann, hab Spaß :)

Louna machte freiwillig den Liveticker für das dritte Training, um beim Qualifying draußen unterwegs sein zu können. Zwischen den Sessions konnte sie leider noch keine Interviews machen, das begann erst, als auch das Qualifying begann. Sie war mit ihren anderen Reporterkollegen dazu da, die ausgeschiedenen sofort auszuquetschen. Als erstes kamen Robert Kubica, George Russell, Lance Stroll, Nico Hülkenberg und Antonio Giovinazzi zu tun. Mit George unterhielt sie sich etwas länger. Sie waren als Kinder auch hin und wieder Rennen zusammen gefahren, aber wirklich nur hin und wieder. George war damals schon eher der professionelle Typ gewesen und das hatte sich nicht geändert. Er hatte immer noch auf alles eine fundierte und diplomatische Antwort, aber er sah besser aus als früher. Die nächsten fünf Ausgeschiedenen, die zur Presse traten waren Daniil Kvyat, Sergio Perez, Pierre, Alexander Albon und Daniel Ricciardo. Auch mit Alex war sie das ein oder andere Rennen gefahren. Es war toll die Jungs zu sehen, wie sie den Traum lebten, den Traum, der auch einmal ihrer gewesen war. Aber das war lange her. Sie dachte nicht gerne daran zurück, wie ihr Traum geendet war, also schob sie die Gedanken weit weit weg und sich selbst durch die Menge weiter nach vorne durch, um die Leinwand besser sehen zu können. Die Spitzenleute fuhren gerade ihre letzten Versuche, die Zeit war schon abgelaufen und jetzt wartete jeder auf die Rundenzeiten. Charles war im ersten Durchgang der Schnellste gewesen und würde in diesem Durchgang als letzter die Linie überqueren. Vor ihm waren die beiden Mercedes und sein Teamkollege. Vettels Runde war nicht optimal, er fuhr nur schnell genug für Platz 2, auch die beiden Mercedes konnten nicht mithalten. Und Charles? Er überbot in der letzten Runde noch einmal sich selbst und sicherte sich somit die erste Pole des Jahres und die erste seiner Karriere. "Danke", flüsterte Louna leise gen Himmel und sah stolz zu, wie Charles aus dem Auto stieg. Er schien nicht zu laufen, sondern zu schweben. So glücklich hatte Louna ihn fast noch nie gesehen. Sie meldete sich bei ihren magazininternen Kollegen sofort freiwillig für alle Interviews und die Post–Qualifying Pressekonferenz. Weil sie wusste, dass ihr noch ein paar wenige Momente blieben, bis die Plätze 4-10 bei ihr in der Mixed Zone aufschlagen würden, nahm sie ihr Handy heraus und schrieb noch eine schnelle Nachricht an Charles.

L: Ich bin so stolz auf dich! :*

Noch etwas besser gelaunt als sonst führte sie die Interviews mit den restlichen Fahrer, bevor sie zur Pressekonferenz hetzte.

Und damit ist die Saison 2019 vorbei... Ich fürchte bald wird die Langweile einsetzen... Ich freu mich jetzt schon auf Februar wenn die Test wieder beginnen😂 Ihr auch?
Einen schönen Abend und eine schöne Woche euch😘😘

When Your Past Becomes Your Future (Charles Leclerc FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt