"You ready?" "No. You?" "Absolutely not."

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„Funerals, I had decided, are for the living.” (John Green in ‘The Fault In Our Stars’)

Im Fußraum des Beifahrersitzes wartete eine Papiertüte auf sie. „Was ist denn da drin?“, fragte Louna Charles als er einstieg. „Schau halt rein“ Neugierig öffnete das Mädchen die Tüte. „Du hast Käsebrötchen besorgt??“ „Damit du auf dem Flug etwas zu essen hast“ Louna schlang ihre Arme um seinen Hals und drückte ihm einen langen Kuss auf die Wange. „Danke“ Charles grinste breit. „Ich kriege aber auch eins davon“ „Klar“ Der Monegasse steuerte den Wagen aus der Stadt heraus zum Flughafen. Louna spielte mal wieder am Radio herum. Sie entschied sich schließlich für einen Sender und ließ sich von der Musik treiben. Jedenfalls für eine Weile. „Und jetzt Lewis Capaldi mit ‚Someone You Loved‘“ Lounas Hand schnellte zum Radio und schaltete es aus. Charles sah sie kurz verwirrt an. „Hattest du nicht mal gesagt, du magst den Song?“ „Tue ich, aber weißt du, wie traurig der Song ist? Ich wollte bis Morgen eigentlich nicht mehr weinen“ „Wir schaffen das Morgen schon“, versuchte Charles sie zu beruhigen. „Haben wir eine andere Wahl?“ „Wir müssen nicht hingehen“ „Natürlich müssen wir. Es ist für Anthoine“ „Ist es nicht. Beerdigungen sind für die Lebenden, nicht für die Toten. Glaub mir, ich habe ein paar hinter mir“ „Dann ist es für Nathalie… und mich“ „Du schaffst das schon“ „Du bist ja bei mir“ Charles legte seine Hand sanft auf ihr Bein und lächelte sie kurz an. „Die ganze Zeit“

Louna zog die Beine an die Brust und mapfte ihr Käsebrötchen. Sie saßen im Flugzeug und Charles hatte die Armlehne zwischen ihnen hochgeklappt, sodass Louna sich an ihn lehnen konnte. Ein paar ruhige Stunden noch, bevor Morgen der Horror wieder über sie hereinbrach. „Wollen wir ein bisschen Musik hören?“, fragte Louna und bot Charles einen ihrer Kopfhörer an. Mit einem Lächeln nahm Charles den Kopfhörer an. Es war ein bunter Mix aus ruhigen Songs, Partysongs, traurigen Songs und Liebessongs. Louna kuschelte sich eng an ihn. Charles hielt sie im Arm, küsste ihren Kopf immer mal wieder. Die Landung in Paris war ganz sanft. Hand in Hand stiegen sie aus dem Flugzeug. Sie hatten nur Handgepäck und liefen deshalb an der Gepäckausgabe vorbei und direkt zum Ausgang. Charles hatte durch seine Beziehungen natürlich einen Wagen gestellt bekommen, mit dem sie von Paris nach Chartres fahren konnten. Der Eiffelturm thronte über der Stadt. Charles wollte sich schon auf den Fahrersitz fallen lassen, aber Louna stoppte ihn. „Sicher, dass du noch fahren möchtest? Du siehst ziemlich müde aus“ „Du bist auch nicht wirklich wacher“, stellte Charles schmunzelnd fest. „Aber ein bisschen“ „Ich melde mich, wenn ich merke, dass ich zu müde werde, okay?“ Louna nickte. „Aber sag wirklich Bescheid. Ich weiß, du bist Rennfahrer und alles, aber trotzdem“ Charles küsste ihre Wange liebevoll, nickte brav und drückte Louna sanft auf den Beifahrersitz. Um Mautstraßen zu vermeiden, fuhren die beiden ein Stück durch Paris hindurch. „Hier würde ich gerne mal Urlaub machen“, seufzte Louna als die beiden relativ nah am Eiffelturm vorbeifuhren. „Du warst noch nie hier?“ „Das hab ich nicht gesagt. Ich war mal hier zu einem Seminar und auf Klassenfahrt waren wir auch hier, aber ich würde gerne mal richtig Urlaub in Paris machen. Ohne die Arbeit oder den strikten Zeitplan meiner Klassenlehrer. Einfach Urlaub halt“ „Das lässt sich sicher irgendwann mal machen“, schmunzelte Charles. Pärchenurlaub in der Stadt der Liebe war doch gar keine so schlechte Idee für den Valentinstag, oder? Sobald sie in Chartres waren, musste er sich das irgendwo aufschreiben.

Es dauerte etwa eine Stunde, bis die Müdigkeit Charles wirklich traf. Louna korrigierte gerade einen Artikel auf ihrem Handy, sie war also durchaus noch wach und konzentrationsfähig. An der nächsten Möglichkeit fuhr er von der Straße ab und stoppte das Auto auf einem Parkplatz. Louna sah von ihre Handy hoch und traf auf Charles‘ müdes Gesicht. „Soll ich übernehmen?“ „Ja, bitte“ Sie tauschten also Plätze und Louna war noch keine fünf Minuten auf der Autobahn als sie ein leises Schnarchen von rechts vernahm. ‚Wenn er schläft, kann er wenigstens keine dummen Kommentare abgeben‘, dachte Louna und drückte ein wenig aufs Gas. Der Parkplatz des Hotels war schon ziemlich voll. Es gab nur ein paar kleinere Hotels im direkten Umkreis der Kirche, in der die Beerdigung morgen stattfinden würde, und diese waren alle besetzt von Anthoines Freunden und Verwandten. Dementsprechend hatte sich auch die Presse dort versammelt. Louna seufzte leise. Wenigstens machte es Sinn, dass sie eine Jeans anhatte. Charles schlief immer noch. Er hatte sich in seinen Pullover gekuschelt und die letzten 30 Minuten immer mal leise geschnarcht. Louna parkte zwischen zwei anderen Wagen, ohne einen Fotografen zu überfahren. Vorsichtig griff sie über die Mittelkonsole hinweg und strich sanft über Charles‘ Wange. „Hey Großer, wir sind da. Du musst aufwachen“ Der Monegasse blinzelte ein paar Mal. „Schon?“ Louna gab ein bestätigendes Geräusch von sich und deutete nach draußen. „Die Presse ist auch schon da.“ Charles verdrehte genervt die Augen. Er versuchte sich zu strecken, aber das Auto war nicht wirklich dafür ausgelegt, weshalb er es relativ schnell aufgab. „Dann mal los“, seufzte er und stieg schließlich aus. Er streckte sich kurz und nahm dann das Gepäck aus dem Kofferraum, ignorierte dabei die Fotografen und das Blitzlicht. Louna war mittlerweile auch ausgestiegen und nahm ihm ihre Handtasche ab. Den kleinen Koffer hätte er eh nicht hergegeben. Beschützend legte er einen Arm um sie, während sie sich durch die Reporter kämpften. Gemeinsam betraten sie das Hotel. Die Reporter folgten ihnen nicht, hatten wahrscheinlich schon lange Hausverbot oder würden welches kriegen, wenn sie durch die Tür kamen. Aus dem großen Essenssaal kam angeregtes Reden und diverse andere Geräusche. Um 19 Uhr waren die meisten wohl gerade beim Abendessen. „Wir gehen auch gleich noch was essen“, murmelte Charles und küsste Lounas Kopf kurz, bevor er sich der Rezeptionistin zuwandte. Sie hatten ein gemeinsames Zimmer gebucht, weil… naja warum nicht? Außerdem mussten sie ja keine zwei Zimmer belegen, wenn sie ja eh nur in einem schliefen. Sie bekamen beide je einen Zimmerschlüssel ausgehändigt, bevor sie dann auf ihr Zimmer gehen konnten. Sie stellten nur schnell ihre Koffer ab, Charles wechselte doch noch in eine Jeans, und liefen dann runter zum Essen. Vielleicht trafen sie ja jemanden, den sie kannten. Louna ließ ihren Blick über die Menge schweifen, erkannte zwar ein paar Gesichter, aber Pierre oder Giuliano waren nicht dabei. Sie setzten sich schließlich zu Mick Schumacher und ein paar anderen Formel 2 Fahrern. Sie unterhielten sich ein wenig, aber die Stimmung war gedrückt. Das Thema des morgigen Tages wurde vermieden, keiner wollte darüber reden, dass am nächsten Tag wieder alles auf sie hereinbrechen würde. Nach und nach gingen alle auf ihre Zimmer, bis nur noch Charles und Louna dort saßen. Beide hatten zwar noch Tiramisu auf ihrem Teller, aber Hunger hatten sie keinen mehr. Nach einem kurzen Blickwechsel entschieden sie sich dafür ins Bett zu gehen. Es war ein langer und anstrengender Tag gewesen und der morgige würde nicht besser werden.

When Your Past Becomes Your Future (Charles Leclerc FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt