Kapitel 6

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PoV Anna

Ich betrat das Zimmer und war erstaunt, als ich Fenja vor dem Fenster stehen sah. Sie trug immer noch den schwarzen Hoodie und die Kapuze. Sie schien einfach nur aus dem Fenster zu sehen. In die Ferne. In die Freiheit.
Dann drehte sie sich um und zum ersten mal sah ich ihr Gesicht. Die matten Augen schienen so noch viel farbloser und die Narben erschienen mir viel mehr. Sogar über die Augen zogen sich lange Narben.
Ihr gesamtes Gesicht sah traurig aus,aber so sahen Depressive nun mal aus,oder?

Ohne etwas zu sagen setzte sie sich wieder auf ihr Bett und zog die Beine an den Körper. Doch dieses mal sah ich auch die vernarbten Hände. Lange und tiefe Narben. Sie starrte wieder auf den Boden;die grauen Fliesen. Was sah sie dort?

Ich setzte mich ebenfalls auf mein Bett und beschloss schließlich ein Gespräch zu erschaffen. Doch mir viel einfach nichts ein.
Wie redet man mit jemandem, der sich jede Sekunde das Leben nehmen will?
Wie redet man mit jemandem, der schon zwei Jahre an diesem Ort ist?
Wie redet man mit jemandem, dessen Gedanken dunkler als die schwäezeste Nacht sind?
Wie redet man mit jemandem, dessen Herz schon lange zerschnitten ist?
Wie redet man mit jemamdem, dessen Haut von Narben überseht ist?
Gar nicht?

,,Hey",sagte ich schließlich, ,,Wie geht es dir?" Am liebsten hätte ich mich dafür selbst geschlagen. Wie ging es wohl einem Depressiven Mädchen in einer Psychatrie?
,,Kannst du auch reden?", fragte ich etwas genervt und legte mich auf den Rücken auf mein Bett. Immer noch schwieg Fenja und am liebsten wäre ich jetzt einfach nur eingeschlafen. ,,Hast du-?", began ich,doch in diesem Moment ergriff sie zum ersten mal das Wort:,,Weißt du eigentlich,wie es einem geht,wenn man jede Sekunde nur einen Wunsch hat? Eine Klinge und dann nur ein Schnitt. Aber dieser eine Wunsch ist nunmal unmöglich! Ich geb dir nur einen Tipp: Diese Psychatrie verlässt man nie, außer du schaffst das unmögliche!" Ich erschrak ein wenig über die gebrochene Stimme. Gebrochen und kraftlos.
Dann setzte ich noch einmal an:,,Wie meinst du das?" Ich sah zu ihr und jetzt sah sie mich auch an:,,Diese Psychatrie verlässt man nur durch Suizid und wenn ohne,dann hast du sie nicht verlassen." Ich zuckte zusammen.

Rabenschwarze Gedanken. Wie musste sie denken um soetwas zu sagen. Doch ich schwieg und dachte darüber nach. Eigentlich hatte sie ja Recht. Und wieder auch nicht. Plötzlich tat sie mir so sehr Leid, das ich am liebsten zu ihr gegangen wäre und sie in den Arm genommen hätte. Aber ich ließ es.
Das letzte,woran ich dachte bevor ich einschlief war nur eines: Rabenschwarze Gedanken...

Psychiatrie - Lasst uns zusammen sterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt